Warum die SPD Nürnberg ihren ersten Mitmach-Parteitag veranstaltet
Mitreden statt Frontaldiskurs – das steht bei der Nürnberger SPD am Samstag im Vordergrund. Die Mittelfranken veranstalten ihren ersten Mitmach-Parteitag. Was sie sich davon erhoffen und wer mit einem ähnlichen Format schon positive Erfahrungen gesammelt hat.
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Nasser Ahmed ist Vorsitzender der Nürnberger SPD.
„Aufbruch'24" lautet das Motto, wenn sich am Samstag ab 11 Uhr in der Nürnberger Meistersingerhalle die dortige Sozialdemokratie versammelt. Der Vorsitzende Nasser Ahmed spricht von einem „absoluten Novum“ in 158 Jahren Nürnberger Parteigeschichte.
Doch worum geht es? Zum ersten Mal veranstaltet die SPD in der mittelfränkischen Großstadt einen sogenannten Mitmachparteitag. Das bedeutet, dass nicht nur 180 bis 200 Delegierte aus den 36 Nürnberger SPD-Ortsvereinen eingeladen sind, sondern im Prinzip alle Nürnberger*innen, die via Social Media und Zeitungsbeilage im Vorfeld eingeladen wurden.
Wieder mehr Menschen aktiv ansprechen
Nasser Ahmed erklärt das im Gespräch mit dem „vorwärts“ so: „Man muss nicht Mitglied sein. Es reicht auch einfach, SPD-nah zu sein oder auch etwas kritisch anmerken zu wollen. Man muss sich nur anmelden.“
Mehr als 70 Anmeldungen von Nicht-Mitgliedern lägen bereits vor, verkündet er wenige Tage, bevor es losgeht, stolz. Und warum das Ganze? Das hat offensichtlich mit der kommenden Kommunalwahl zu tun, die in zwei Jahren ansteht, aber auch mit dem Ergebnis der Wahl vor vier Jahren.
Diese war für die lange Zeit erfolgsverwöhnte Nürnberger SPD eine Zäsur. Ulrich Maly gab nach 18 Jahren seinen Posten als Oberbürgermeister auf, sein Nachfolger wurde ein CSUler. Zugleich brach die SPD bei der Stadtratswahl ein, verlor 18,4 Prozentpunkte und 14 Sitze im Stadtrat.
„Wir merken gerade, dass es uns schwerfällt, in alle gesellschaftlichen Bereiche durchzudringen. Da waren wir früher schon mal besser“, merkt Ahmed selbstkritisch an. Aus der Analyse des Vorsitzenden folgt der Schluss: „Deswegen müssen wir viel mehr Menschen aktiv ansprechen, bei uns mitzumachen und ihre Ideen einzubringen, vom Ortsverein bis zum Unterbezirk.“
Eine offene Einladung an alle Nürnberger*innen
Der Mitmachparteitag solle daher eine offene Einladung an alle Nürnberger*innen sein. „Wir machen das modern und passen uns an die die Gesellschaft an. Die besten Ideen sollen sich durchsetzen, mit flachen Hierarchien und ohne große Barrieren.“
Bei der Anmeldung konnten die Teilnehmer*innen zwischen vier inhaltlichen Foren wählen: Solidarische Stadtgesellschaft, Gute Arbeit, Stadt der Zukunft und Demokratie verteidigen. Geleitet werden diese von Funktionär*innen aus Stadtverband und Stadtratsfraktion, flankiert von externen Impulsgeber*innen wie dem aus Nürnberg stammenden ver.di-Chefökonom Dierk Hirschel.
Für die Diskussion in den Foren sind insgesamt drei Stunden vorgesehen. Doch damit soll die Debatte noch nicht beendet sein, wenn es nach Ahmed geht. „Wir wollen in jedem Forum eine Hand voll Impulse für unser Wahlprogramm 2026 sammeln. Die Foren sollen über das nächste Jahr hinweg weiter arbeiten. Denn das Schönste wäre, wenn diejenigen, die mitdiskutieren, merken, dass es weitergeht und ihre Themen Einzug in unser Wahlprogramm finden.“
SPD München will es wieder machen
Wie das gehen kann, weiß Christian Köning zu berichten. Er ist Vorsitzender der SPD in München, die mit ihrem Fortschrittsparteitag im März 2023 bereits Erfahrungen mit einem ähnlichen Format gesammelt hat.
Sein Fazit fällt äußerst positiv aus: „Wir wollen das wieder machen“, sagt er im Gespräch mit dem „vorwärts“. Die Arbeit in unterschiedlichen inhaltlichen Panels habe die Logik und die Routine des Parteitags aufgebrochen, berichtet er.
„Es war zugleich die Möglichkeit, mit externen Playern aus der Stadtgesellschaft in Kontakt zu kommen und ein Signal des Aufbruchs zu senden.“ Neben Parteimitgliedern diskutierten auch Gewerkschafter*innen, Vertreter*innen der Stadtgesellschaft oder der Chef der Münchner Stadtwerke an diesem Tag mit.
Aus den Debatten der drei Panels gingen bei den Münchner Sozialdemokrat*innen direkt Parteitagsbeschlüsse hervor, die wiederum in Form von Anträgen in den Stadtrat der bayerischen Landeshauptstadt eingingen. Das Ergebnis: beispielsweise ein Antrag für eine Münchner Transformationsstrategie oder die Forderung, eine Kommission zum Thema Smart City einzurichten.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo
Nürnberg und Parteitag in einer Zeile-
muss das sein? Ich denke, hier wäre ein wenig Sensibilität angezeigt gewesen, um nicht Assoziationen zur braunen Vergangenheit von Parteitagen zu erwecken