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Plattform Oy Vey!: Aktiver Widerstand gegen Antisemitismus im Internet

Nicht erst seit den israelischen Angriffen auf den Gaza-Streifen nimmt Antisemitismus in Deutschland zu, auch im Internet. Die Online- Plattform „Oy Vey!“ bietet nun Argumentationshilfen gegen Verschwörungserzählungen.

von Jonas Jordan · 29. Dezember 2023
Die Online-Plattform "OY VEY!" bietet Argumentationshilfen gegen rechte Hetze

Rechte Hetze im Netz: Die Online-Plattform "OY VEY!" bietet Argumentationshilfen gegen Verschwörungserzählungen und mehr.

Es sind erschreckende Zahlen. Rund 1.000 antisemitische Vorfälle hat der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (RIAS) seit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober dokumentiert. Es hätte also wohl kaum einen sinnvolleren Zeitpunkt für den Start der Online-Plattform „OY VeY!“ geben können.

„Kleiner Beitrag“ im Kampf gegen Antisemitismus

Zentrales Ziel der Plattform ist es, Gegenrede zu verschwörungsideologischen Inhalten online zu erleichtern. Dadurch sollen von Verschwörungserzählungen Betroffene sowie eine kritische Öffentlichkeit gestärkt werden. Der Name der Plattform geht auf einen jiddischen Ausruf der Wehklage zurück. Initiiert hat sie der Verein „Werteinitiative jüdisch-deutsche Positionen“.

Es ist „unser kleiner Beitrag“ im Kampf gegen Terror, Gewalt und Antisemitismus, sagt Ronja Schonscheck, wissenschaftliche Referentin des Vereins. „Der Plan ist, mit unserer Arbeit langfristig über Antisemitismus aufzuklären und ein Bewusstsein zu schaffen, dass man etwas dagegen tun muss.“

Argumente gegen „Klassiker“ der Verschwörungserzählungen

Auf der Plattform finden sich zum einen „Klassiker“ antisemitischer Verschwörungserzählungen wie die Ritualmordlegende. Ihr Ursprung geht ins 12. Jahrhundert zurück, hat aber auch ganz aktuelle Bezüge, wenn man beispielsweise auf die verschwörungsideologische QAnon-Bewegung blickt, die vor allem in den USA sehr viele An-hängerinnen und Anhänger hat. 

Zum anderen bietet „OY VeY!“ aber auch ganz praktische Handreichungen, um Verschwörungserzählungen im Netz zu widersprechen. Zum Beispiel, wenn es um die Terroranschläge vom 11. September, die Corona-Pandemie oder den Mythos der BRD GmbH geht.

Die Idee zur Gründung der Plattform entstand als Reaktion auf Wünsche aus der jüdischen Community, erzählt Schonscheck. Ausschlaggebend dafür war, dass Verschwörungserzählungen vor allem in den Sozialen Medien inzwischen omnipräsent seien, was bei Betroffenen häufig eine gewisse Ohnmacht erzeuge.

Antisemitische Vorurteile

„Es es ist noch mal etwas anderes, weil Jüdinnen und Juden merken, dass sie selbst gemeint sind. Denn im Endeffekt bauen die meisten Verschwörungserzählungen auf antisemitischen Stereotypen auf“, sagt sie.

Menschen mit einem geschlossenen verschwörungstheoretischen Weltbild seien allerdings nur noch „ganz ganz schwer“ erreichbar für Fakten. Das berge eine große Gefahr, da sie sich sozial auch immer weiter abgrenzten. Einen Beitrag gegen diese gesellschaftliche Spaltung will die Plattform leisten.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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