Der Klimawandel zeigt: Willy Brandts Warnungen waren nur zu berechtigt
imago/Eibner
Als am 12. Februar 1980 die Nord-Süd-Kommission unter Vorsitz von Willy Brandt dem UNO-Generalsekretär ihren Bericht „Das Überleben sichern. Gemeinsame Interessen der Industrie- und Entwicklungsländer“ vorlegte, wurde dies von zwei anderen Ereignissen überschattet: dem Einmarsch sowjetischer Truppen in Afghanistan kurz vorher sowie der Geiselnahme amerikanischer Diplomaten im Iran überschattet. Daher hatte der so genannte Brandt-Bericht seinerzeit kaum nachhaltige Folgen.
Der Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972 rüttelte vor allem die Wissenschaftler auf. Ansonsten wurde ihm Schwarzmalerei vorgeworfen, wegen seiner Klimawarnungen und den Hinweisen auf die rücksichtlose Ausbeutung unseres Planeten. Der „Brandt Bericht“ dagegen bereitete den Boden, auf der politischen Ebene das Bewusstsein über die bevorstehenden und schwerwiegenden Klimaveränderungen zu schärfen.
Willy Brandts Bericht trägt heute Früchte
Alles in allem lässt sich eine gewisse „Arbeitsteilung“ erkennen: Der Bericht des Club of Rome im Sinne eines internationalen Interessenausgleichs mit seinen wissenschaftlichen Voraussagen als „erste Stufe“ und der „Brandt Bericht“ von 1980 in seiner politischen Bedeutung als eine „zweite Stufe“ mit demselben Ziel: umfassende Reformen im Sinne eines internationalen Interessenausgleichs.
Seit dem Erscheinen der beiden Berichte ist in den letzten Jahren einiges geschehen, was die Bedeutung dieser Veröffentlichungen mit ihren Warnungen bestätigt und sich im allgemeinen Bewusstsein in weiten Teilen der Bevölkerung ganz in deren Sinn entwickelt hat. So hat auch Willy Brandts Aufruf an die Jugend und die Frauen ermutigende Früchte getragen. Es genügt in dem ersten Fall nur an die sehr junge Greta Thunberg und ihre „Fridays for Future“-Bewegung zu erinnern, während im zweiten Fall die weiblichen Demonstrationen im Iran an die Rolle der Frauen erinnern und auch in vielen anderen Ländern verstärkten Zulauf zu verzeichnen haben.
Klimawandel in Deutschland angekommen
Beide Entwicklungen der jüngsten Zeit unterstreichen auch die große Bedeutung der Medien für die von Willy Brandt angemahnte Entwicklung zu einer „Weltinnenpolitik“. Während sich bislang im Bewusstsein der Bevölkerung in den Industrieländern die Darstellung von Monsunregen weitgehend auf Asien beschränkte oder Dürren vorwiegend in Afrika gezeigt wurden, waren wir z.B. im Ahrtal mit einem mal mit unvorstellbaren Überschwemmungen und zahlreichen Opfern im eigenen Land oder mit grünen Wiesen anstatt Schnee in unseren Alpen konfrontiert und ungewohnten Dürren auf vielen Äckern.
So verstärkte auch die fast tägliche Berichterstattung über Waldbrände ungeahnten Ausmaßes in Australien oder den USA, extremen Wassermangel in amerikanischen Flüssen oder die Erwärmung am Südpol bei uns in allen Bevölkerungsschichten das Gefühl, dass es sich bei den vielen Beispielen tatsächlich, wie seit langem vorausgesagt, um weltweite Klimaveränderungen handelt, die uns genauso treffen wie andere Teile der Welt, so dass nun auch bei uns sofortige Gegenmaßnahmen für nötig gehalten werden. Deshalb lernten wir, dass künftig vermehrt Autos mit Batterieantrieb gebaut werden müssen, als Reaktion auf die schadstoffreichen Verbrennungsmotoren, die sodann mittelfristig nicht mehr gebaut würden.
Bereitschaft zur Veränderung wächst
Hinzu kommt, dass nach der weltweiten Corona-Epidemie und aufkommenden Zweifeln an der eigenen Zukunft vor allem in den Industrieländern auch Überlegungen zur Änderung unseres bisherigen, auf Wachstum ausgerichteten Lebensstils an Raum gewannen und die eigensüchtige Ausbeutung der Rohstoffe zunehmend deutlicher wurde. Kurzum, all das hatten die beiden Berichte von 1972 und 1980 vorhergesagt und zum alsbaldigen Handeln aufgefordert.
Auf diese Weise und täglich durch die weltweite Berichterstattung angereichert, wird nun zugleich auch unsere Bereitschaft im Norden gefordert, mehr auf den Süden zuzugehen und überall mehr Gerechtigkeit auf den Weg zu bringen. Einige internationale Vereinbarungen, wie z.B. die Weltklima-Konferenz in Paris und die kürzliche weltweite Einigung auf bestimmte Schutzabkommen auf allen Weltmeeren, scheinen in diese Richtung zu gehen.
Große Dankbarkeit und berechtigter Stolz
Bei allem ist es jedoch auch notwendig, die internationalen Organisationen zu stärken, dabei die Finanzmärkte zu kontrollieren, die im weitesten Sinne „grenzenlose“ Macht internationaler Konzerne zu begrenzen sowie die innerstaatlichen Veränderungen durchzusetzen, um auch bei uns mehr Gerechtigkeit zugunsten der ärmeren und oft unterbezahlten Bevölkerungsschichten zu ermöglichen.
Dabei ist festzuhalten, dass neben dem Club of Rome auch Willy Brandt mit seiner Nord-Süd-Kommission zu den vielfältigen Veränderungen, denen sich die gesamte Welt nun verstärkt gegenüber sieht, einen bis heute gültigen und prophetischen Beitrag geleistet hat. Deshalb ist es richtig, auch weiterhin große Dankbarkeit und berechtigten Stolz zu empfinden auf seinen vorbildlichen und weltweit anerkannten Kommissionsvorsitz, den Weltbankpräsident McNamara ihm angetragen hatte.
war während der dreijährigen Arbeit für die Nord-Süd-Kommission der UNO der persönliche Mitarbeiter Willy Brandts.