Debatte

Haushalt: Worauf es für sozial gerechten Klimaschutz ankommt

Deutschland will sparen, dabei ist klar: Die Folgen des Klimawandels treffen die Schwächsten der Gesellschaft am meisten. Ein Bündnis macht Vorschläge für eine sozial gerechte Klimapolitik.

von Lea Hensen · 3. Juni 2024
Ein Aktivist der Letzten Generation fordert höhere Steuern für Reiche.

Ein Aktivist der Letzten Generation fordert höhere Steuern für Reiche.

Die Folgen der Klimakrise tragen die Armen. Ein paar Beispiele: Wenn Energie- und Lebensmittelpreise steigen, trifft das Menschen mit geringem Einkommen besonders hart. Kinder und Ältere, Wohnungslose und Arme leiden auch am stärksten unter extremem Wetter wie Hitze oder Flut. Menschen mit weniger Einkommen können ihr Zuhause schlecht auf den Klimawandel einstellen. Wenn ihr Gebäude dann in schlechtem energetischen Zustand ist, zahlen sie höhere Heizkosten, als Menschen mit höherem Einkommen, die ihre Gebäude sanieren können.

Doch auch die Mittelschicht spürt den Druck. Der Wechsel vom Benziner zum Elektroauto kostet. Klimaneutrale Technologien wie eine Solaranlage sparen zwar langfristig Geld, aber drücken am Anfang den Geldbeutel. Unterm Strich tragen also diejenigen die Folgen der Klimakrise, die sie am wenigsten zu verantworten haben. Denn den höheren CO2-Ausstoß verursachen Menschen mit mehr Geld.

Schlechter Klimaschutz verschärft soziale Probleme

So geht es nicht weiter, sagt ein Bündnis von Vertreter*innen von Menschen in Armut und weiteren Verbänden. Die Klima-Allianz, die Diakonie Deutschland und die Nationale Armutskonferenz fordern eine Klimapolitik, die Klimakrise und Armut gemeinsam bekämpft. „Wenn die Bundesregierung jetzt Klimaschutzmaßnahmen aufschiebt oder nicht ausreichend finanziert, werden sich die sozialen Probleme vervielfachen“, sagt Jürgen Schneider vom Koordinationskreis der Nationalen Armutskonferenz. 

Maria Loheide, 

Diakonie Deutschland

Das wird der Herausforderung der Klimakrise nicht gerecht und gefährdet den sozialen Zusammenhalt

Nach dem Karlsruher Haushalts-Urteil im November des vergangenen Jahres steht die Schuldenbremse im Mittelpunkt der Debatte um besseren Klimaschutz. Die Haushaltsregel in ihrer aktuellen Fassung verhindert nämlich umfangreiche Investitionen in eine klimagerechte Zukunft. „Das wird der Herausforderung der Klimakrise nicht gerecht und gefährdet den sozialen Zusammenhalt“, sagt Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.  

Gericht verurteilt Klimapolitik der Bundesregierung

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte zuletzt geurteilt, dass das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung unzureichend ist. „Sie muss nun dringend wirksame Maßnahmen nachlegen und zusätzliche Gelder für Klimaschutzinvestitionen bereitstellen“, sagt Stefanie Langkamp, Politische Geschäftsführerin der Klima-Allianz. Das Bündnis will die Schuldenbremse reformieren, um Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen. Außerdem soll ein Sondervermögen für Klimaschutz eingerichtet werden, das den Klima-Umbau der Gesellschaft finanziert. Dabei sei es nur fair, wenn Reiche höhere Steuern auf Einkommen, Vermögen und Erbschaften zahlen, und mehr zu den Kosten der Klimapolitik beitragen. 

In einem gemeinsamen Papier fordert das Bündnis ein Grundeinkommen, das sich am ökologischen Bedarf orientiert, also die Kosten für einen klimafreundlichen Lebensstandard mit einrechnet. Es soll Menschen in Deutschland ein Existenzminimum nach ökologischen Standards sichern. Für eine klimafreundliche Mobilität soll auch die Schiene ausgebaut werden. Menschen mit geringerem Einkommen sollen den Nahverkehr deutschlandweit für 29 Euro nutzen können. Sharing-Modelle mit Elektroautos sollen auch die ländlichen Regionen erreichen und für Menschen, die sich weniger leisten können, erschwinglicher sein. 

Klima-Umbau soll Ärmere nicht belasten

Die EU hatte zuletzt beschlossen, dass Gebäude bis 2050 emissionsfrei sein sollen. Deutschland hat nun zwei Jahre Zeit, um die neue Richtlinie umzusetzen. Doch das Bündnis befürchtet, dass die Maßnahmen ärmere Menschen zusätzlich belasten. Klima-Allianz, Diakonie und Armutskonferenz fordern deswegen höhere Finanzspritzen bei Gebäudesanierungen sowie stabile Warmmieten. 

Eigentlich sollte das Klimageld höhere CO2-Preise beim Tanken oder Heizen ausgleichen. Doch derzeit ist unklar, ob die Bundesregierung es überhaupt umsetzt. Greenpeace zufolge müssen Menschen mit mittlerem Einkommen im Jahr 2025 mit durchschnittlich 700 Euro zusätzlich pro Jahr rechnen, im Jahr 2027 könnten es sogar mehr als 1000 Euro sein. Das Bündnis fordert deswegen ein Klimageld, das sozial gestaffelt ist, sowie gezielte Klimaschutzprogramme für Menschen mit geringem Einkommen.

Hitzeaktionsplan für alle Kommunen

Köln oder Mannheim haben bereits einen sogenannten Hitzeaktionsplan, der vorgibt, wie öffentliche Einrichtungen wohnungslose oder kranke Menschen vor starker Hitze schützen können. Das Bündnis fordert einen solchen Plan für alle Kommunen. Zudem sollen Kantinen in öffentlich finanzierten Einrichtungen wie Schulen oder Behörden allen nachhaltig erzeugtes und gesundes Essen anbieten können.

Autor*in
Lea Hensen

ist Redakteurin des „vorwärts“.

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