Dank der SPD: Bundestags-Fahrbereitschaft wohl bald mit Tarifvertrag
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In seiner ersten Fraktionssitzung als neuer Bundestagsabgeordneter hatte Erik von Malottki gleich ein wichtiges Thema auf dem Herzen. In der Runde, in der es vor allem darum ging, dass sich die SPD-Abgeordneten untereinander kennenlernen, sei er empört aufgestanden, erinnern sich Kolleg*innen. Der Grund: Von Malottki hatte gerade erfahren, dass die Beschäftigten der Fahrbereitschaft, die die Abgeordneten kostenlos durch Berlin kutschieren, nicht nach Tarif bezahlt werden. Ein Unding, wie Malottki fand. Er fasste deshalb einen Entschluss: Er werde erst dann die Dienste der Fahrbereitschaft in Anspruch nehmen, wenn diese einen Tarifvertrag hat und kündigte eine Kampagne an.
Unionsgeführtes Verteidigungsministerium als Blockierer
Bald könnte es soweit sein. Am 16. März haben die Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft verdi und der „BWFuhrparkService GmbH“ über einen Tarifvertrag begonnen. Bei dem Unternehmen ist der Großteil der Fahrer*innen beschäftigt. Es gehört zu drei Vierteln dem Bundesverteidigungsministerium, ein Viertel hält die Deutsche Bahn, die wiederum dem Bund gehört. „Bisher sind wir im Verteidigungsministerium in Sachen Tarifvertrag nicht durchgekommen“, sagt Marianne Schieder. Sie ist Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion und drängt schon länger auf eine bessere Bezahlung der Fahrer*innen. Solange das Verteidigungsministerium von CDU oder CSU geführt worden sei, habe sie auf Granit gebissen.
Das hat sich mit dem Regierungswechsel geändert. Inzwischen ist Christine Lambrecht Verteidigungsministerin, eine Sozialdemokratin. „Es gibt keine Gegenwehr des Hauses mehr“, sagt Schieder. Im Gegenteil: Ende Februar teilte Verteidigungsstaatssekretär Thomas Hitschler in einem Brief an Schieder und von Malottki mit, er „teile die Einschätzung, dass ein Tarifvertrag (…) geschlossen werden sollte“. Schnell kam es zu einem ersten Treffen, am 16. März begannen die Verhandlungen.
In der Wahlnacht gezittert
„Bis zum Sommer wollen wir einen Abschluss haben“, sagt Nils Kammradt, Bundesbeamtensekretär von verdi. Ziel sei der Abschluss eines Haustarifvertrag in Anlehnung an den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Zurzeit verdienen die rund 250 Fahrer*innen 15 Euro in der Stunde. Erst mit den sich anbahnenden Tarifverhandlungen sei das Gehalt Anfang des Jahres von 12 Euro erhöht worden, erzählt Georg Sommerfeld, der Betriebsratsvorsitzende der BWFuhrparkService GmbH. Trotzdem läge die Bezahlung noch immer rund 20 Prozent unter dem TVöD. „Manche Kollegen haben im Jahr 2000 zu echten Dumpinglöhnen angefangen zu arbeiten“, sagt Sommerfeld. Das mache sich jetzt auch bei der Rente bemerkbar.
Auf ihre Situation hingewiesen haben die Fahrer*innen bereits im Bundestagswahlkampf. Erstmals kam es damals zu einem Streik und zu einer Demonstration vor dem Kanzleramt. Mit dabei war auch Katja Mast, damals stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, heute ihre Erste Parlamentarische Geschäftsführerin. „Die Fahrerinnen und Fahrer haben das Recht auf einen ordentlichen Tarifvertrag“, betonte Mast schon im vergangenen Jahr. Im Sommerinterview wurde auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz auf das Thema angesprochen. Er versprach, sich zu kümmern, wenn er Kanzler ist. „In der Wahlnacht haben wir ganz schön gezittert“, berichtet Betriebsrat Georg Sommerfeld.
Tarifbindung vorleben
Nun scheint die Geschichte gut auszugehen. Scholz ist Bundeskanzler, das zuständige Verteidigungsministerium wird von der SPD geführt und mehre sozialdemokratische Bundestagsabgeordnete um Schieder und von Malottki haben die Bemühungen für einen Tarifvertrag in den vergangenen Monaten vorangetrieben. „Wir nehmen unsere Zusage für mehr Tarifbindung sehr ernst“, sagt Marianne Schieder. Was die SPD in ihrem Wahlprogramm gefordert habe, werde sie nun umsetzen. „Wir wollen Tarifbindung vorleben“, sagt Erik von Malottki.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.
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