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Immer häufiger werden Bedenken über mutmaßliche Verstrickungen zwischen AfD-Politiker*innen und dem Kreml geäußert.
„Putin hat ein Drehbuch für die Zersetzung liberaler Demokratien“, schrieb der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese Anfang dieser Woche auf X, vormals Twitter. Die AfD entpuppe sich als Putins „gewissenlose Vollstrecker“ und kassiere dafür „mutmaßlich hohe Summen aus dem Kreml“, schrieb er weiter.
Klare Worte für eine brisante Entwicklung, die mit den Enthüllungen über mutmaßliche russische Zahlungen an AfD-Politiker ins öffentliche Blickfeld gerückt sind: die Verbindungen zwischen der AfD und der russischen Regierung.
Die programmatische Nähe der in Teilen rechtsextremen Partei zu Russland wird seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine immer deutlicher. Verteidigungsminister Boris Pistorius nannte die AfD in einer Bundestagsdebatte im Februar die „fünfte Kolonne Moskaus“. Die aktuellen Berichte rund um Verbindungen der AfD-Abgeordneten Petr Bystron und Maximilian Krah nach Russland und mutmaßliche Geldzahlunge des Kreml lassen Befürchtungen einer Einflussnahme Russlands in der deutschen Politik reeller als bisher erscheinen.
Bereits seit 2016 Kontakt zwischen AfDlern und Kreml
Bereits 2016, nur zwei Jahre nach der Annexion der Krim, reisten erste AfD-Politiker nach Russland. Seitdem wurden von verschiedenen Medien Hunderte solcher Reisen nach Russland recherchiert – ob als Parteivorsitzende wie Frauke Petry im Jahr 2017 oder als eingeladene Wahlbeobachter wie der Bundestagsabgeordnete Stefan Keuter im Jahr 2018. Auch der derzeitige Co-Parteivorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, reiste 2020 zweimal nach Russland.
Bedenken und Mutmaßungen über mögliche eine Bestechung der rechtspopulistischen Partei durch den Kreml werden etwa seit dieser Zeit geäußert. Bereits 2016 warnte der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter entsprechend: Putin unterstütze seiner Ansicht nach rechtsradikale Netzwerke mit finanziellen Mitteln.
Dazu gehöre auch die AfD, sagte Kiesewetter damals im Interview mit dem „Deutschladfunk“ – denn sie würden Putins strategisches Interesse, Europa durch Desinformation zu destabilisieren, in Deutschland voranbringen.
Damals fanden die Aussagen Kiesewetters wenig Beachtung. Doch die Entwicklung seitdem scheinen ins Bild der Aussagen des CDU-Mannes zu passen.
Ein Beispiel: Bei der Bundestagswahl 2017 wollte Moskau laut Recherchen des „Spiegel“ Einfluss auf die Erfolgsaussichten des AfD-Kandidaten Markus Frohnmaier nehmen. In einem Strategiepapier der russischen Präsidialverwaltung sollen demnach Aktivitäten, mit denen die EU-Staaten destabilisiert und Propaganda für russische Positionen verbreitet werden sollten, erörtert worden sein.
Als ein konkretes Projekt wird die geplante „Unterstützung" von Frohnmaiers Bundestagskandidatur genannt, der schon damals mit russlandfreundlichen Positionen auffiel. „Er wird ein unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter im Bundestag sein“, lautete damals die Einschätzung aus dem Kreml.
Mit den Jahren wurden die pro-russischen Äußerungen verschiedener AfD-Politiker*innen immer deutlicher, insbesondere seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Die aktuellen Anschuldigungen gegen AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron und AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah scheinen lediglich die Spitze des Eisbergs zu sein.
Europawahl im Schatten der Bestechlichkeitsvorwürfe
Besonders brisant sind die Vorwürfe gegen Krah und Bystron mit Blick auf die anstehende Europawahl im Juni: Die beiden AfD-Politiker kandidieren auf dem ersten und dem zweiten Listenplatz ihrer Partei.
Nach Recherchen von WDR, NDR und SZ wurde Krah im Dezember des vergangenen Jahres vom FBI befragt, da er unter Verdacht stand, Geld von pro-russischen Aktivisten erhalten zu haben. Bystron wiederum soll laut Recherchen der tschechischen Zeitung „Denik N“ Geld vom russisch finanzierten Propagandaportal „Voice of Europe“ erhalten haben.
Beide haben zwar öffentlich den Wahrheitsgehalt dieser Anschuldigungen bestritten, eine eidesstattliche Aussage in der Sache verweigern sie jedoch. Auch Konsequenzen innerhalb der Partei blieben bislang aus.
Die AfD-Führung stellte sich hinter Bystron und Krah. Dass somit ab der nächsten EU-Legislaturperiode zwei Abgeordnete im Europaparlament sitzen könnten, die mutmaßlich von pro-russischen Akteuren finanziert werden, bleibt wahrscheinlich, und für viele beunruhigend.
Russlandnähe im Wahlprogramm verankert
Zumal die Russlandnähe bereits Element der allgemeinen politischen Ausrichtung der AfD und entsprechend im Wahlprogramm für die diesjährige Europawahl verankert ist. So wirbt die Partei für die Aufhebung der im Rahmen des Ukraine-Kriegs verhängten Sanktionen gegen Russland und die Instandsetzung der Nord-Stream-Pipeline. Argumentiert wird, dass beides für die deutsche Wirtschaft essenziell sei.
Weiter wird im Wahlprogramm mit Bezug auf „Nord Stream“ betont, man dürfe sich nicht „durch weichenstellende Entscheidungen der USA gegenüber anderen Mächten in Konflikte hineinziehen lassen“. Das Credo der AfD vor der Europawahl: mehr Abstand zu den USA, mehr Nähe zu Russland.