Vorstoß von Heil: Wie es mit dem Recht auf Homeoffice weitergeht
Ute Grabowsky/photothek.net
Die Vorteile des Home Office sind bekannt: Die Beschäftigten sparen sich den oft langen und anstrengenden Weg ins Büro, sie können die Arbeitszeit flexibler gestalten und oft besser mit Familienarbeit verzahnen. Auch klimapolitisch ist eine Reduzierung des Pendlerverkehrs sinnvoll. Viele Arbeitgeber*innen haben aber nach wie vor Sorgen, dass sich die Erreichbarkeit der Beschäftigen und die Kommunikation unter Kolleg*innen verschlechtert. Gewerkschaften sind zudem misstrauisch, dass sich die Unternehmen so Ausgaben für ausreichend viele und ausreichend gut ausgestattete Arbeitsplätze sparen.
40 Prozent aller Arbeitsplätze Homeoffice geeignet
In der politischen Diskussion ist inzwischen weniger vom Homeoffice, sondern vor allem von „mobiler Arbeit“ die Rede. Erfasst wird mit diesem erweiterten Begriff nicht nur das Arbeiten im eigenen Wohnzimmer oder am eigenen Küchentisch, sondern jede Arbeit, die dank IT-Anbindung außerhalb des Unternehmen geleistet wird. Mitgemeint ist so auch die Arbeit im ICE, im Hotel oder an attraktiven Urlaubsorten (die so genannte „workation“). Umgekehrt ist klar, dass viele Tätigkeiten für das Home-Office gar nicht in Frage kommen. Ein Auto kann eben nur in der Fabrik zusammengeschraubt werden.
Doch immerhin 40 Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland gelten als Homeoffice geeignet. Derzeit arbeiten aber nur zwölf Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten außerhalb der Firma. Das sind rund 3,75 Millionen Arbeitnehmer*innen. Laut Arbeitsministerium würden aber gerne weitere zwei Millionen Menschen mobil arbeiten. Bisher haben Arbeitgeber*innen das letzte Wort. Es gehört zu seinem Direktionsrecht zu entscheiden, wann wie und wo Beschäftigte ihre Leistung zu erbringen haben. Arbeitgeber*innen können dem Wunsch auf mobile Arbeit zustimmen, er kann aber auch ablehnen und muss dies derzeit nicht einmal begründen.
„Mobile-Arbeit-Gesetz“ angekündigt
In der letzten großen Koalition nahm sich die Politik erstmals vor, einen rechtlichen Rahmen für mobiles Arbeiten zu schaffen. So sollten Beschäftigte zumindest einen Anspruch bekommen, zu erfahren aus welchen Gründen ein Wunsch auf Homeoffice von Arbeitgeber*innen abgelehnt wurde. Dies war aber nur ein Kompromiss, die SPD wollte ein echtes Recht auf Homeoffice, die CDU/CSU war dagegen. Dann kam die Corona-Pandemie. Bei der ersten Welle im Frühjahr 2020 stellten viele Unternehmen auf Homeoffice um, ganz ohne gesetzliche Vorgabe. Viele Beschäftigte kamen dabei auf den Geschmack und das Ganze funktionierte auch ordentlich.
Diese Situation versuchte Arbeitsminister Hubertus Heil zu nutzen. Im Oktober 2020 kündigte Heil ein „Mobile-Arbeit-Gesetz“ an, mit einem Recht auf Homeoffice für mindestens 24 Tage im Jahr. Arbeitgeber*innen sollten den Wunsch nach mobiler Arbeit nur dann ablehnen dürfen, wenn es dafür nachvollziehbare organisatorische oder betriebliche Gründe gibt. Doch das Kanzleramt von Angela Merkel (CDU) machte schnell deutlich, dass Heil hier zu weit gegangen war. Im November 2020 legte Heil dann eine entschärfte Version des Gesetzentwurfs vor. Danach müsste Arbeitgeber*innen eine Ablehnung von Homeoffice-Wünschen (irgendwie) begründen. Doch Heils Initiative versandete.
Denn in den nächsten zwei Jahren ging es fast nur noch um Corona-Fragen. Hier machte der Gesetzgeber jetzt klare Vorgaben. Im Januar 2021 verpflichtete das Ministerium in der Corona-Arbeitsschutz-Verordnung die Arbeitgeber, ihren Mitarbeitern Homeoffice anzubieten, soweit keine betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Im April 2021 wurde dies im Infektionsschutzgesetz durch eine Pflicht der Beschäftigten ergänzt, entsprechende Angebote anzunehmen, soweit ihrerseits keine Gründe entgegenstehen. Diese gegenseitige Homeoffice-Pflicht endete Ende Juni 2021. Die exakt gleiche Regelung wurde im November 2021 erneut beschlossen. Sie galt bis zum 19. März 2022.
Was im Ampel-Koalitionsvertrag steht
Im vergangenen Winter war die Regelung dann schon deutlich zurückhaltender. Danach hatten Arbeitgeber*innen nur „zu prüfen“, ob er Beschäftigten Angebote macht, „geeignete Tätigkeiten in ihrer Wohnung auszuführen“. Diese Prüfpflicht war in der Corona-Arbeitsschutz-Verordnung geregelt und trat am 1. Oktober 2022 in Kraft. Sie sollte bis zum 7. April gelten, wurde vom Arbeitsministerium wegen des glimpflichen Pandemie-Verlaufs aber schon zum 6. Februar wieder außer Kraft gesetzt.
Seitdem geht es wieder um eine generelle Regelung für Homeoffice und mobiles Arbeiten. Im Koalitionsvertrag der Ampel vom November 2021 heißt es dazu: „Beschäftigte in geeigneten Tätigkeiten erhalten einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten und Homeoffice. Arbeitgeber können dem Wunsch der Beschäftigten nur dann widersprechen, wenn betriebliche Belange entgegenstehen. Das heißt, dass eine Ablehnung nicht sachfremd oder willkürlich sein darf.“ Derzeit führt das Arbeitministerium mit allen Beteiligten eine „virtuelle Politikwerkstatt“ durch, um das weitere Vorgehen vorzubereiten. Dieser Diskussionsprozess soll „im Sommer“ abgeschlossen sein, so das Ministerium.
Bis zu einer gesetzlichen Regelung können sich manche Beschäftigte aber bereits jetzt auf Ansprüche in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen stützen. Doch auch ein künftiges Mobile-Arbeit-Gesetz soll ausdrücklich Raum für „abweichende tarifvertragliche und betriebliche Regelungen“ bieten. So sieht es der Ampel-Koalitionsvertrag ausdrücklich vor. Schließlich sind die Bedingungen je nach Branche und Betrieb doch recht unterschiedlich.
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