„Wohngeld Plus“ beschlossen: Wer davon wie profitiert – und ab wann
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Reform des Wohlgelds: Worum geht’s?
Wohngeld können Menschen beantragen, die zwar eine Arbeit haben, deren Gehalt aber trotzdem nicht ausreicht, um Miete, Strom und Heizung aus eigener Tasche zu zahlen. „Das Ziel des Wohngeldes ist die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens“, heißt es dazu etwas sperrig in dem Entwurf zur Wohngeldreform, die auch als „Wohngeld Plus“ bezeichnet wird. „Wohnen ist keine Leistung, kein Gut“, betonte Bauministerin Klara Geywitz im Oktober auf dem Gewerkschaftstag der IG BAU, auf das man einfach verzichten könne. „Mit dieser historischen Reform holen wir das Wohngeld aus seinem Nischen-Dasein und machen es zu einer wirksamen Unterstützung für die Menschen, die bei allen Mehrbelastungen das Wohnen kaum noch bezahlen können“, sagte die Ministerin nun nach der Kabinettssitzung im Oktober.
Was ändert sich?
Grundsätzlich die Bemessungsgrenzen – also ab welchem Gehalt und unter welchen Bedingungen Menschen Wohngeld beziehen wird. Klingt unspektakulär, ist aber weitreichend: Am Ende sollen dadurch etwa dreimal so viele Haushalte in Deutschland einen Anspruch auf Wohngeld haben wie bisher und so gezielt bei ihren monatlichen Ausgaben entlastet werden. Je nach Haushalt und Lebenssituationen geht es um Entlastungen in dreistelliger Höhe pro Monat, die Rede ist von rund 190 Euro pro Monat. Bei dem aktuellen Höchstsatz von 180 Euro entspricht das einer Verdopplung. Die Bundesregierung plant dafür laut dem Bauministerium übrigens Mehrausgaben von beinahe zwei Milliarden Euro pro Jahr ein – vom Bund und in gleicher Höhe von den Ländern.
Vor allem aus Sicht der SPD liegt das Wohngeld-Limit grundsätzlich zu niedrig. Konkret sind Details wie die Heizkosten bisher gar nicht Teil der Berechnung. Dabei bedrohen nicht nur die seit Jahren steigenden Mieten die Lebensgrundlage vieler Menschen, sondern inzwischen auch die extrem hohen Nebenkosten für Warmwasser, Heizung oder Strom. Ob und wie viel Wohngeld bezahlt wird, soll künftig deswegen nicht nur von der Haushaltsgröße, der Kaltmiete und dem Einkommen abhängen, sondern eben auch von diesen Nebenkosten, die monatlich gezahlt werden müssen.
Auch eine „Klimakomponente“ ist Teil der Reform, da die Bundesregierung davon ausgeht, dass für die energetische Sanierung und andere Maßnahmen für den Klimaschutz die Kosten für ein Dach über dem Kopf weiter ansteigen werden. Wer einer Eigentumswohnung lebt, ist übrigens nicht automatisch vom Wohngeld ausgenommen – die Person kann dennoch einen Zuschuss erhalten.
Wer kann überhaupt Wohngeld beantragen?
Ob man selbst Anrecht auf Wohngeld hat, lässt sich übrigens auch abschätzen, ohne einen Antrag zu stellen: Das Ministerium stellt auf seiner Internetseite einen Wohngeldrechner zur Verfügung. Der rechnet aber natürlich noch mit den alten Zahlen und Eckpunkten. Wer über andere Sozialleistungen schon einen Zuschuss für die Wohnkosten bekommt – also beispielsweise Arbeitslosengeld zwei oder Sozialhilfe – kann jedoch kein Wohngeld beantragen.
Wie setzt sich das neue Wohngeld zusammen?
Zum einen sollen die Heizkosten künftig in die Berechnung des Wohngelds einfließen, zusätzlich zur Kaltmiete. Auch die Höchstbeträge werden angehoben. Damit sollen viele Haushalte in den Bereich rutschen, in dem sie einen Anspruch auf Wohngeld haben. Das hatte die Ampel auch bei ihren vergangenen Verhandlungen zum dritten Entlastungspaket betont: Bis zu zwei Millionen Menschen, so der Plan, könnten vom „Wohngeld Plus“ profitieren. Im Jahr 2020 erhielten rund 600.000 Haushalte Wohngeld – die Zahl der Anspruchsberechtigten könnte sich also verdreifachen – wobei die Höhe der Dunkelziffer unklar ist, also der Haushalte, die vielleicht Anspruch auf Wohngeld hätten, aber es bisher nicht beantragt haben.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP will mit der Reform ihr Versprechen einlösen, vor allem besonders bedürftige Menschen, darunter Familien, Rentner*innen und Geringverdiener*innen, stärker zu entlasten. Gruppen, die von Steuererleichterungen beispielsweise bisher nur geringfügig profitieren. Denn wo wenig verdient wird, werden nur wenig oder gar keine Steuern gezahlt – Steuersenkungen auf das Bruttogehalt kommen bei diesen Menschen deswegen praktisch nicht an.
Ab wann soll das „Wohngeld plus“ gelten?
Nach dem Beschluss im Bundestag sollen die Änderungen zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. „Die Leute haben jetzt Sorge, die Leute haben jetzt Angst vor den Nebenkosten“, erklärt Bundesbauministerin Klara Geywitz das notwendige Tempo.
Unabhängig davon warnen Kommunen und Länder allerdings schon, dass es mit der Auszahlung des Wohngelds noch etwas länger dauern könnte. Berlins Sozialsenator Andreas Geisel (SPD) beispielsweise warnte vor dem engen Personalstand der Wohngeldstellen, wo die Anträge gestellt und bearbeitet werden. Auch müsse es Veränderungen bei der Verwaltungssoftware geben. Geisel wies gleichzeitig auf die Möglichkeit vorläufiger Abschlagszahlungen hin, die auch Gesetz explizit vorgesehen sind.