Soziale Politik

Wer am meisten von zwölf Euro Mindestlohn profitieren wird

Die Bundesregierung will den Mindestlohn auf zwölf Euro anheben. Eine Studie hat ermittelt, wer davon am meisten profitieren würde – und kommt zusätzlich zu dem Ergebnis: Es gibt große Unterschiede zwischen Berufsgruppen und Regionen.
von Kai Doering · 17. September 2021
Ein guter Schnitt: Friseur*innen würden von einem Mindestlohn von zwölf Euro profitieren.
Ein guter Schnitt: Friseur*innen würden von einem Mindestlohn von zwölf Euro profitieren.

Zurzeit liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro. Die Bundesregierung will ihn noch in diesem Jahrl auf zwölf Euro erhöhen. Scholz spricht von einer „Gehaltserhöhung für zehn Millionen Menschen“. Wer ganz konkret von einem höheren Mindestlohn profitieren würde, hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ermittelt.

Frauen und Menschen in Nord- und Ostdeutschland profitieren

Nach Auswertung der Gehaltsangaben von rund 200.000 Beschäftigten aus dem Gehaltsportal lohnspiegel.de kommen die Wissenschaftler*innen des WSI zu dem Ergebnis, dass vor allem Beschäftigte in kleineren Betrieben ohne Tarifbindung von einer Erhöhung des Mindestlohns profitieren würden, etwa Büroangestellte sowie Beschäftigte in Arztpraxen und Anwaltskanzleien. Regional würden vor allem Beschäftigte in Nord- und Ostdeutschland profitieren, heißt es in der Studie.

Auch Frauen hätten „überdurchschnittlich“ mehr Verdienst, würde der Mindestlohn erhöht, vor allem, wenn sie befristet oder in Teilzeit arbeiteten. Bereits Ende August hatte eine Antwort des Bundesarbeitsministerium auf eine Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion ergeben, dass „ etwa ein Drittel der beschäftigten Frauen und auch gut ein Drittel der Beschäftigten in den neuen Ländern“ von einer Anhebung des Mindestlohns positiv betroffen wären.

Auch Wirtschaftswissenschaftler sind für Erhöhung

Einen Grund dafür sieht das WSI in der abnehmenden Tarifbindung in Deutschland. So habe diese innerhalb von 20 Jahren um 17 Punkte von 68 Prozent zum Beginn des Jahrtausends auf aktuell 51 Prozent abgenommen. In Ostdeutschland liegt die Tarifbindung nochmal deutlich niedriger. Nach Angaben des WSI sind unter den 50 Berufen, in denen am häufigsten Stundenlöhne von weniger als zwölf Euro gezahlt werden, viele Ausbildungsberufe wie Verkäufer*in, Florist*in oder Friseur*in.

Auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hatte sich für eine Erhöhung des Mindestlohns ausgesprochen. „Ein Mindestlohn von zwölf Euro wäre aus jeglicher Perspektive sinnvoll“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler. So würde dieser zum einen „größte soziale Verbesserungen“ für einen großen Teil der Bevölkerung bedeuten und zum anderen dem Staat zusätzliche Steuereinnahmen von „umgerechnet 17 bis 20 Milliarden Euro“ einbringen. Einen Verlust von Arbeitsplätzen durch eine Erhöhung des Mindestlohns fürchtet Fratzscher nicht.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare