Weltvegantag: Was sich Aktivist*innen von der SPD wünschen
imago images / Peter Endig
Den Weltvegantag am 1. November gibt es seit 1994. Die damalige Präsidenten der „Vegan Society“ in Großbritannien, Louise Wallis, führte ihn zum 50-jährigen Jubiläum der Organisation ein. Mit der Gründung der Vegan Society im Jahr 1944 entstand die weltweit erste vegane Gesellschaft. Das war ein wichtiger Schritt für den ethisch motivierten Vegetarismus.
Im Gegensatz zu Vegetarier*innen lehnen vegan lebende Menschen nicht nur die Tötung von Tieren, sondern auch die meisten Produktionsbedingungen tierischer Produkte sowie die Käfighaltung ab. Folglich konsumieren oder tragen sie keinerlei Tierprodukte.
Für eine Welt ohne Tierleid
Seit dem 1. November 1994 kommen an diesem Tag Veganer*innen zu Stammtischen, Infoständen, veganen Kuchenverkaufsaktionen oder Demonstrationen zusammen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Mensen oder Kantinen veranstalten zu diesem Tag häufig Aktionen mit einem vergrößerten veganen Angebot, insbesondere da die Klimakrise immer sichtbarer wird und pflanzliche Angebote in der Regel deutlich weniger Ressourcen verbrauchen. Nach dem Welttierschutztag am 1. Oktober ist der Weltvegantag der zweite bedeutende Aktionstag, an dem Tierschützer*innen für eine Welt ohne Tierleid eintreten.
Wir haben Menschen aus der Community gefragt, was sie sich zum Weltvegantag bei den Themen Tierschutz und Umweltschutz von der SPD wünschen.
Für den Kampf gegen den Klimawandel müssen wir alle Hebel in Bewegung setzen. Einer dieser Hebel ist eine pflanzlichere Ernährung. Dafür muss nicht jede*r den veganen Lebensstil perfekt umsetzen, denn die Mengen an tierischen Produkten müssen insgesamt runter. Hier muss der Staat den Rahmen setzen und dabei sowohl die Produktion als auch den Konsum im Blick haben. Wir brauchen einen breiten Instrumenten-Mix: Umsatzsteuern und Subventionen anpassen. Kostenlose, klimafreundliche Gerichte in der Gemeinschaftsverpflegung, besonders in Kitas und Schulen. Informations- und Bildungskampagnen. Ein Klimalabel.
Die nachhaltigste und gesündeste Ernährung muss immer die günstigste und einfachste sein!
Ferike Thom
ist SPD-Mitglied und Agrarökonomin
Als Partei, die voraussichtlich den nächsten Bundeskanzler stellt, muss die SPD die Rolle der Tierhaltung als eine der Hauptursachen für die Klimakrise berücksichtigen. Die neue Bundesregierung muss endlich umfassende Maßnahmen für die Reduzierung der Tierbestände und den Wandel hin zu einer pflanzlichen Ernährung einleiten. Wir fordern deshalb ein Ende der Subventionen für die Intensivtierhaltung, die Unterstützung von Tierhalter*innen beim Ausstieg und ein standardmäßiges Angebot von pflanzlichen Gerichten in der Gemeinschaftsverpflegung.
Clara Hagedorn
ist Referentin Politik bei ProVeg e.V.
Die Klimakrise zwingt uns jenseits ethischer Erwägungen zur Transformation unseres Agrar- und Ernährungssystems. Die Produktion tierischer Lebensmittel macht fast zwei Drittel der gesamten Treibhausgas-Emissionen im Nahrungsmittelsektor aus. Um die Klimaziele zu erreichen, muss der Konsum tierischer Lebensmittel reduziert und eine pflanzliche Ernährung gefördert werden. Um die Tierbestände zu reduzieren, brauchen wir ein staatliches Umbauprogramm für ausstiegswillige Landwirt*innen. Flankierend müssen Agrarsubventionen ökologisiert, Ökosysteme renaturiert und schädliche Subventionen beendet werden.
Christina Ledermann
ist Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte e.V.
Ich wünsche mir und hoffe, dass sich die SPD endlich der Tiere und ihrer Rechte annimmt, vollumfänglich und mit ganzem Herzen. Auch (nicht-menschliche) Tiere sind Teil unserer Gesellschaft, und unsere Traditionen des Tiernutzens und Aufessens sind ja tatsächlich Traditionen der Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Doch jedes empfindende Subjekt, ob klein oder groß, mächtig oder schwach, hat ein Recht auf Freiheit und sein eigenes Leben. Hier tut sich einer Partei, die schon lange den Kampf für soziale Gerechtigkeit auf ihre Fahnen geschrieben hat, ein wichtiges Thema auf.
Hilal Sezgin
ist Schriftstellerin. Von ihr erschien u.a. „Wieso? Weshalb? Vegan! Warum Tiere Rechte haben und Schnitzel schlecht für das Klima sind“ und „Artgerecht ist nur die Freiheit. Eine Ethik für Tiere oder Warum wir umdenken müssen“. Bild © Barbara Fisahn
Der Weltvegantag gedenkt Millionen Tieren, die täglich unter grausamen Bedingungen in der Massentierhaltung leiden. Für die neue Legislaturperiode stehen große politische Weichenstellungen für den Umgang mit Tieren an, welche auch für unsere Zukunft (Klima, Umwelt, One-Health) zentral sind: Die Reduzierung der Tierbestände und die Förderung pflanzlicher Alternativen. Zudem fordern wir die SPD neben einer Neuregelung der politischen Vertretung von Tieren zur Novellierung des Tierschutzgesetzes dazu auf, auf einen effektiven Vollzug hinzuwirken und wirkungsvolle Sanktionen bei Tierschutzvergehen im Tierschutzgesetz zu verankern.
Georgina Spieth
ist Kampagnenleiterin bei Animal Society e.V.
Zum Weltvegantag muss auch an die Tiere gedacht werden, die in den Laboren für eine Forschung, deren Ergebnisse sich nicht auf Menschen übertragen lassen, leiden und sterben.
Die tierfreie Forschung entwickelt sich rasant: Mini-Organe oder Multi-Organ-Chips sind humanrelevante, tierleidfreie Methoden, die enormes Potenzial bieten – trotz katastrophaler staatlicher Förderung.
Aus diesen Gründen sollte sich die SPD für einen Systemwechsel hin zu einer Forschung, die den Menschen im Fokus hat, stark machen und einen Masterplan zum Ausstieg aus dem Tierversuch mit konkreten Zielvorgaben vorantreiben.
Sophie-Madlin Langner
ist Tierärztin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Ärzte gegen Tierversuche e.V.
Das „Töten am Fließband“ in den Fleischfabriken ist eine schlecht bezahlte, emotional traumatisierende Arbeit. Auch sind billiges Fleisch und die dadurch geförderte Ernährungsgewohnheiten verantwortlich für viele „Volkskrankheiten“, die das Leben von Menschen mit finanziellem Druck messbar verkürzen.
Aus diesen (und weiteren) Gründen wünsche ich mir von der kommenden Regierung einen Aktionsplan, wie Tier und Mensch effektiver geschützt werden können. Subventionen für die Fleischproduktion müssen abgebaut und preiswerte Alternativen Menschen in unserer Gesellschaft zur Verfügung gestellt werden. Das alles muss auf großer, gesetzlicher Ebene passieren!
Patrick Gelhausen
ist Physiker und Admin der Facebook-Gruppe „SPD in Facebook“
Ich wünsche mir, dass innerhalb der SPD das Bewusstsein dafür wächst, dass Solidarität und Respekt auch für Tiere gelten muss. Das bedeutet für mich, dass wir uns als Partei trauen, mit mutigen Maßnahmen auf die Beendigung der Massentierhaltung hinzuarbeiten. Ein Schritt, den alle recht einfach gehen können und der ein wichtiges Zeichen setzt, wäre es, endlich nicht mehr mit Fleisch und Wurst Parteiwerbung zu machen oder -Veranstaltungen zu verköstigen. So würde die SPD noch mehr zu meiner Partei werden.
Nora Winter
ist seit 2016 SPD-Mitglied und Co-Vorsitzende des parteinahen Vereins Sozis für Tiere e. V.
Die Kämpfe um Klimagerechtigkeit und für die Rechte nicht-menschlicher Tiere sind miteinander verwoben. Die Brandrodungen nicht nur im brasilianischen Regenwald, mit denen Anbauflächen für Tierfutter gewonnen werden, zerstören Natur im globalen Süden für unseren ungesunden, fleischhaltigen Lebensstil.
Dabei erzeugt eine vegane Ernährung nicht nur ca. 40 Prozent weniger Treibhausgase, sondern verbraucht auch 75 Prozent weniger Land. Deswegen muss unsere neue Regierung den Mehrwertsteuersatz für vegane Ernährung ermäßigen und die Rahmenbedingungen für den Anbau und die Herstellung von veganen Produkten deutlich verbessern.
Phil Lehmann
ist Mitgründer des SPD Klimaforums