Soziale Politik

Warum die SPD Tampons und Binden kostenlos machen will

Menstruationsartikel sollen in allen öffentlichen Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen kostenfrei angeboten werden. Das fordert die SPD. Ein anderes Land zeigt, dass das auch in ganz Deutschland möglich wäre.
von Kai Doering · 26. August 2022
Geht es nach der SPD, sollen Menstruationsartikel künftig in öffentlichen Einrichtungen kostenlos angeboten werden.
Geht es nach der SPD, sollen Menstruationsartikel künftig in öffentlichen Einrichtungen kostenlos angeboten werden.

Man stelle sich folgende Situation vor: Ein Mann geht auf eine öffentliche Toilette. Als er fertig ist, findet er dort kein Klopapier. Das nämlich hätte er selbst mitbringen müssen. Ganz ähnlich geht es jeden Monat Millionen von Frauen in Deutschland, immer dann, wenn sie ihre Menstruation haben.

Tampons so selbstverständlich wie Toilettenpapier

Die SPD-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen möchte deshalb, „dass Menstruationsartikel in öffentlichen Gebäuden bald so selbstverständlich sind wie Toilettenpapier“. So drückt es die frauenpolitische Sprecherin der Fraktion Anja Butschkau aus. In der kommenden Woche wird die Fraktion einen Antrag in den Landtag einbringen, der dafür sorgen soll, dass Tampons und Binden künftig in allen öffentlichen Gebäuden Nordrhein-Westfalens kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

„Die Menstruation ist ein natürlicher Prozess, der nicht selten zu strukturellen Benachteiligungen führt“, sagt Butschkau. „Vor allem, wenn Menstruationsartikel wie Tampons und Binden nicht zur Verfügung stehen, sind damit oft Stresssituationen und Mehraufwand für die Betroffenen verbunden, die den Arbeits-, Studien- und Schulablauf negativ beeinflussen.“

Reduzierte Mehrwertsteuer seit 2020

Hinzu kommen die Kosten. Berechnungen zeigen, dass Frauen im Laufe ihres Lebens etwa 20.000 Euro für Menstruationsartikel ausgeben. 2019 starteten zwei Frauen deshalb eine Online-Petition, in der sie forderten, dass auf Tampons und Binden nur noch der reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben werden soll, wie für andere Dinge des täglichen Bedarfs auch. Fast 190.000 Menschen unterschrieben. Auch der Petitionsausschuss des Bundestags befasste sich mit dem Thema und kam zu dem Schluss: „Die Periode ist unausweichlich und deshalb sollten nach Ansicht des Petitionsausschusses die dazugehörigen Produkte als Grundbedarf eingestuft werden.“ Seit 2020 gilt für Menstruationsartikel der reduzierte Mehrwertsteuersatz.

Dass es auch ganz kostenlos geht, zeigt seit kurzem Schottland. Seit Mitte August müssen hier städtische und Bildungsreinrichtungen Periodenprodukte kostenfrei zur Verfügung stellen. Der „Period Products Act“ macht es möglich. In Schulen ist das Gratis-Angebot bereits seit dem vergangenen Jahr Pflicht. Nun wird sie ausgeweitet. Nach Angaben der Regierung ist Schottland das erste Land weltweit, das die kostenlose Ausgabe von Menstruationsartikeln per Gesetz vorschreibt.

Gibt es bald ein bundesweites Angebot?

Dasselbe könnte sich Leni Breymaier auch für Deutschland vorstellen. „Menstruation gehört raus aus der Scham-Ecke“, sagt die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. Das Thema betreffe „zwar nicht alle, aber es geht uns alle etwas an. Vor allem in Bildungseinrichtungen sollten daher Hygieneartikel kostenlos zur Verfügung stehen“.

Nordrhein-Westfalen könnte also möglicherweise zum Vorreiter für die gesamte Bundesrepublik werden – wenn sich die SPD mit ihrem Antrag gegen die schwarz-grüne Landesregierung durchsetzt. Wie das Ganze funktionieren kann, zeigen bereits Städte wie Düsseldorf, Essen oder Hamm. „Von der Landesregierung sind bisher keinerlei Maßnahmen bekannt, wie sie den Kommunen bei der Umsetzung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe helfen will“, kritisiert SPD-Politikerin Butschkau. „Mit unserem Antrag fordern wir sie daher dazu auf, hier endlich tätig zu werden und den guten Vorbildern auf lokaler Ebene zu folgen.“

Auch wenn im Text nur von Frauen die Rede ist, sind wir uns bewusst, dass Menstruation auch Menschen mit anderem Geschlecht betrifft.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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