Soziale Politik

Warum die SPD beim Wandel der Arbeit auf die Beschäftigten setzt

Der Wandel der Arbeitswelt hat durch Corona einen zusätzlichen Schub bekommen. Warum es wichtig ist, die Beschäftigten zu beteiligen, und welche Rolle die SPD spielen muss, sagt die Vorsitzende der AG für Arbeit, Cansel Kiziltepe.
von Kai Doering · 29. April 2022
Wandel der Arbeit
Wandel der Arbeit

Welche Bedeutung hat der „Tag der Arbeit“ in Zeiten, in denen so viele Beschäftigte wie nie im Homeoffice arbeiten?

Eine riesengroße! Die Belastungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind im Homeoffice ja nicht geringer, im Gegenteil. Natürlich hat das Homeoffice auch viele Vorteile und hilft uns in der Pandemie sehr, aber wir dürfen die Nachteile nicht verschweigen. Ständige Erreichbarkeit darf zum Beispiel nicht dazu führen, dass Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer in ihrer Freizeit beschränkt werden. Um genau diese Rechte geht es am Tag der Arbeit. Es geht um gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne. Dafür gehen wir auf die Straße.

Die SPD versteht sich seit fast 160 Jahren als Partei der Arbeit. Was bedeutet das im 21. Jahrhundert?

Wie haben große Umbrüche in der Arbeitswelt, Stichwort Transformation, Stichwort Digitalisierung. Durch den schrecklichen Angriffskrieg auf die Ukraine kommt nun noch die Herausforderung hinzu, möglichst schnell unabhängig von russischen Energieimporten zu werden, was die Wirtschaft und die Arbeitswelt zusätzlich verändern wird. Diesen Wandel müssen wir zum Fortschritt machen, gemeinsam mit den Beschäftigten. Das ist die Aufgabe der SPD.

Der Krieg in der Ukraine verändert vieles. Die Bundesregierung plant, 100 Milliarden Euro zusätzlich in die Bundeswehr zu stecken. Drohen dadurch Kürzungen im Arbeits- und Sozialbereich?

Putins Krieg in der Ukraine ist eine Zeitenwende, wie Bundeskanzler Olaf Scholz zu Recht gesagt hat. Der Zustand der Bundeswehr ist nach 16 Jahren eines CDU-geführten Verteidigungsministeriums mehr als dürftig. Deshalb ist es richtig, dass wir mit dem Sondervermögen aushelfen. Das darf und wird aber nicht zu Lasten unserer anderen Vorhaben gehen. Dafür werden wir sorgen und genau deshalb ist das Sondervermögen auch nicht Teil des Kern-Haushalts. Der Vorgang zeigt aber einmal mehr, wie sehr uns die Schuldenbremse in unserer politischen Handlungsfähigkeit einschränkt.

Beim Bundeskongress der AfA haben Sie Herbert Wehner zitiert, die AfA sei „die Herzkammer der SPD“. Wo wollen Sie Einfluss auf die Politik der SPD nehmen?

Die AfA – die ja seit wenigen Wochen Arbeitsgemeinschaft für Arbeit heißt – ist die größte Arbeitsgemeinschaft der SPD. Daraus leitet sich auch eine gewisse Verpflichtung ab. Wir sind die Verbindung zwischen Partei und den Beschäftigten in den Betrieben. Wir tragen die Positionen und Forderungen der SPD in die Belegschaften hinein – und nehmen umgekehrt die Wünsche und Anforderungen aus den Betrieben mit. In der anstehenden Transformation mit alle ihren Umbrüchen ist das wichtiger denn je. Wir sehen uns als Anwältin der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Wo sehen Sie aktuell besondere Herausforderungen?

Da könnte ich viele Beispiele nennen. Ein ganz konkretes ist der Missstand, dass Betriebsratsgründungen in der Plattformökonomie aktiv verhindert werden. Auch die sinkende Tarifbindung ist ein riesiges Problem. Die Bundesregierung mit Arbeitsminister Hubertus Heil hat da schon einiges auf den Weg gebracht und weiteres in Planung, aber wir müssen dranbleiben, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht die Leidtragenden der Veränderungen werden.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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