Soziale Politik

Warum die Renten im Osten stärker steigen als im Westen

Zum 1. Juli steigen die Renten – in Ostdeutschland stärker als im Westen. Damit sind sie schneller als geplant bundesweit gleich. Warum das so ist und was die Rentenangleichung konkret bedeutet: Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
von Kai Doering · 30. Juni 2023
Endlich auf demselben Niveau: Am 1. Juli wird die Rentenangleichung zwischen Ost- und Westdeutschland abgeschlossen.
Endlich auf demselben Niveau: Am 1. Juli wird die Rentenangleichung zwischen Ost- und Westdeutschland abgeschlossen.

Knapp 33 Jahre hat es gedauert. Am 1. Juli ist es endlich soweit: Mehr als drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung werden die Renten in Ostdeutschland denen in Westdeutschland angeglichen. Warum gibt es jetzt die Rentenanpassung? Und was bedeutet sie für Rentner*innen?

Wie wird die Rente berechnet?

Die Rente errechnet sich aus vier Teilen: den Entgeltpunkten, dem Zugangsfaktor, dem Rentenwert und dem Rentenfaktor. Alle vier werden miteinander multipliziert. Das ergibt die individuelle Höhe der Rente. Entgeltpunkte sammelt man, indem man einen Teil seines Gehalts in die Rentenkasse einbezahlt. Auch Kindererziehungszeiten werden hier angerechnet. Der Zugangsfaktor beträgt eins, wenn die/der Arbeitnehmer*in bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter gearbeitet hat; er reduziert sich bei einem frühen Renteneintritt. Der Rentenfaktor gibt an, ob die/der Arbeitnehmer*in in Altersrente geht oder Erwerbsminderungsrente bezieht (im ersten Fall beträgt er 1, im zweiten 0,5). Der Rentenwert schließlich wird jährlich neu berechnet und gibt an, wieviel Geld ein Rentenpunkt entspricht. (Ihre Rente können Sie sich hier auf der Seite der Deutschen Renteversicherung berechnen lassen.)

Was passiert bei einer Rentenerhöhung?

Renten erhöhen sich im Regelfall nur, weil sich der Rentenwert erhöht. Das geschieht jedes Jahr zum Juli. Der Rentenwert gibt den Wert eines Rentenpunktes an und errechnet sich aus der Entwicklung der Bruttolöhne. Steigen die Löhne, steigt also auch die Rente. Sinken dürfen die Renten allerdings nicht, selbst wenn die Löhne sinken. Das verhindert die sogenannte Rentengarantie. Zuletzt gab es im Jahr 2010 keine Rentenerhöhung, eine sogenannte Nullrunde.

Warum steigt die Rente jetzt im Osten höher als im Westen?

Das liegt vor allem daran, dass die Löhne in Ostdeutschland im vergangenen Jahr stärker gestiegen sind als in Westdeutschland. Hauptursache ist die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro im vergangenen Jahr, von der mehr als sechs Millionen Arbeitnehmer*innen in Ostdeutschland profitieren. Zurzeit beträgt der Rentenwert im Westen 36,02 Euro, im Osten 35,52 Euro. Mit den Erhöhungen ab 1. Juli (in Westdeutschland um 4,39 Prozent, in Ostdeutschland um 5,86 Prozent) beträgt er dann erstmals einheitlich für Ost- und Westdeutschland 37,60 Euro.

Welchen Einfluss hat die Politik auf die Angleichung der Ostrenten?

Die Angleichung der Renten zwischen Ost und West ist schon lange erklärter Wille der Politik. Bereits 2017 hat die damalige Bundesregierung deshalb per Gesetz den „Abschluss der Rentenüberleitung“ beschlossen. Seitdem wird der aktuelle Rentenwert im Osten im Vergleich zum Westen jeweils zum 1. Juli eines Jahres mindestens um 0,7 Prozentpunkte angehoben. Nach der ursprünglichen Planung sollte die Angleichung damit zum 1. Juli 2024 abgeschlossen sein. Durch den stärkeren Anstieg der Gehälter in Ostdeutschland konnte dieser Prozess nun früher abgeschlossen werden.

Sind die Renten in Ostdeutschland damit jetzt genauso hoch wie im Westen?

Rein rechnerisch ja, in der Summe nicht. Zwar werden die Renten nun nach denselben Parametern berechnet, doch die Löhne liegen in Ostdeutschland noch immer deutlich unter dem Westniveau. Laut Statistischem Bundesamt ist die Kluft zuletzt sogar wieder größer geworden. Westdeutsche verdienten im vergangenen Jahr 55.797 Euro. Ostdeutsche bekamen im Schnitt lediglich 43.624 Euro. Das entspricht einem Gehaltsunterschied von 12.173 Euro im Jahr. Das macht sich auch bei den Renten bemerkbar – bei den aktuellen wie bei den künftigen. Die Durchschnittsrente betrug zuletzt laut Deutscher Rentenversicherung im Westen 1620,90 Euro brutto. In Ostdeutschland waren es 1598,40 Euro.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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