Soziale Politik

Wahlprogramm: Sechs Dinge, die die SPD für eine gute Pflege plant

Weniger Stress, aber mehr Gehalt: Die SPD will die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern. Das soll jedoch nicht zu Lasten des Eigenanteils der Pflegebedürftigen gehen. Ziel ist eine Pflegebürgerversicherung.
von Vera Rosigkeit · 10. Mai 2021

Pflege braucht Zeit, um Würde, Selbstbestimmung und qualitätsvolle Versorgung gewährleisten zu können, heißt es im Pflegebeschluss, den der SPD-Parteivorstand in seiner Sitzung am 8. Mai angenommen hat. Es geht um „eine solidarische Pflegeversicherung, bessere Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und eine Entlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen“. Was die SPD erreichen will:

Tariflöhne

„Wir wollen, dass alle Berufe in der Pflege so bezahlt werden, dass man davon leben, eine Familie ernähren und fürs Alter vorsorgen kann.“ Das  soll für alle Pflegekräfte gelten, ob sie nun bei einem privaten, einem öffentlichen oder einem freigemeinnützigen Anbieter arbeiten. Ziel der SPD sind Tarifverträge, die mit Gewerkschaften ausgehandelt sind. Durchsetzen will sie das, indem die Refinanzierung der Pflege direkt an das Bestehen eines Tarifvertrages bzw. eine tarifliche Entlohnung der Beschäftigten gekoppelt wird. „Wenn künftig alle Pflegeanbieter Tariflöhne zahlen müssen, um von der Pflegekasse die Leistungen erstattet zu bekommen, kommt dies weit mehr als einer halben Million Pflegekräften zugute.“

Bessere Arbeitsbedingungen

Es geht aber auch um mehr Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Einsatzfeldern der Pflegekräfte, zum Beispiel im Krankenhaus oder in der häuslichen Pflege, und mehr Aufstiegsmöglichkeiten, von den Hilfs- und Assistenzkräften bis zu den spezialisierten Pflegefachkräften. Die SPD will einzelne Berufsfelder weiterentwickeln und Kompetenzen bis hin zur Heilkundeübertragung stärken, Fortbildungen und Pflegestudiengänge fördern sowie Bürokratie auf das Notwendige reduzieren. Pflegebeschäftigte brauchen jedoch auch mehr Mitbestimmung und eine bessere Vertretung, heißt es im Pflegebeschluss. Und für ausländische Pflege- und Betreuungskräfte soll es Unterstützung für eine bessere Integration geben.

Mehr Personal

Pflege braucht Zeit, um Würde, Selbstbestimmung und qualitätsvolle Versorgung gewährleisten zu können. Dieser Aufgabe kann man aber nur mit genügend Kolleg*innen gerecht werden Deshalb lautet eine Forderung: „Wir brauchen mehr Personal pro pflegebedürftigem Menschen!“ Die SPD will den Flickenteppich unterschiedlicher Personalschlüssel und -kennzahlen bei der Bemessung der Personaldecke verbindlich durch eine einheitliche, wissenschaftlich basierte, bedarfsorientierte Personalbemessung in allen Pflegebereichen ersetzen.

Begrenzter Eigenanteil

Mehr Personal, bessere Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen sind jedoch nicht umsonst zu haben. Doch die Kosten sollen nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen. Im Gegenteil will die SPD den Eigenanteil für die Pflegekosten von Personen mit niedrigen und mittleren Einkommen deckeln und einen grundlegenden Wechsel in der Pflegeversicherung einleiten: Nicht die Leistungen der Pflegeversicherung sollen begrenzt werden, sondern die Eigenanteile der Pflegebedürftigen.  Denn: „Pflegebedürftigkeit darf nicht Armut und Abhängigkeit von der Sozialhilfe bedeuten.“

Pflegebürgerversicherung

Perspektivisch ist für die SPD die Weiterentwicklung der „sozialen Pflegeversicherung zu einer Pflegebürgerversicherung“ der nächste notwendige Schritt. Dazu heißt es im Beschluss: „Wenn alle Einkommensgruppen, auch Beamt*innen und Selbstständige, in die gesetzliche Pflegeversicherung einzahlen, verbreitern wir ihre Einnahmeseite erheblich.“ Damit würde für die SPD auch die unsolidarische Risikostruktur beseitigt: Denn weil die private Pflegeversicherung Versicherte mit wesentlich höheren Einkommen und geringerem Krankheits- und Pflegerisiko versorgt, habe sie pro Versichertem deutlich geringere Ausgaben als die soziale Pflegeversicherung. „So hat die private Pflegeversicherung mittlerweile über 39 Milliarden Euro Rücklagen angesammelt – Geld, das nicht für die Verbesserung der Pflege eingesetzt wird. Die Pflegebürgerversicherung ermöglicht es, eine solidarische Vollversicherung einzuführen und den Eigenanteil für Pflegeleistungen abzuschaffen.“

Entlastung von Angehörigen

Da der Großteil pflegebedürftiger Menschen zuhause gepflegt wird, will die SPD Angehörige entlasten. Die Beratung über vorhandene Angebote soll verbessert, bestehende Entlastungsmöglichkeiten ausgeweitet werden. Das reicht vom Freistellungsanspruch von bis zu 24 Monaten bis hin zum Anspruch auf Pflegezeit mit Lohnersatzleistung, einer besseren Absicherung von Sorgearbeit in der Rente, einem Ausbau der Kurzzeitpflegeplätze und nicht zuletzt einem Schutz der Angehörigen vor den Kosten nach dem Tod der Pflegebedürftigen. Gleichzeitig sollen pflegebedürftige Menschen besser dabei unterstützt werden, möglichst selbstbestimmt zu leben und an der Gesellschaft teilzuhaben.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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