Wahlprogramm: Fünf Dinge, die die SPD für Europa plant
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Das vergangene Jahr hat die Europäische Union verändert. Die Corona-Pandemie hat das Verhältnis der Mitgliedsstaaten untereinander auf eine harte Probe gestellt. Eine Probe, die sie am Ende bravourös bestanden haben. „Auf diese große Krise haben die Mitgliedstaaten anders reagiert als in der Vergangenheit, nämlich gemeinsam“, sagt SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. „Für mich war es wichtig, eine Reaktion auf die Corona-Krise herbeizuführen, die solidarisch ist und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie in allen EU-Staaten begrenzt.“ Das sei mit dem milliardenschweren Wiederaufbaufonds gelungen.
Auf diese Erfahrungen will die SPD aufbauen. In ihrem „Zukunftsprogramm“ für die Bundestagswahl nimmt Europa daher ein ganzes Kapitel ein.
Nachhaltigkeitspakt für Investitionen
„Wir werden den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu einem Nachhaltigkeitspakt weiterentwickeln“, verspricht die SPD in ihrem Wahlprogramm. Statt wie in der Vergangenheit zu sparen und zu kürzen, soll die EU künftig weiter gemeinsam investieren. Mit dem Wiederaufbaufonds sei ein sehr guter Anfang gemacht. „Eine krisenfeste EU muss fiskalpolitisch handlungsfähig sein und sich zu einer echten Fiskal-, Wirtschafts- und Sozialunion weiterentwickeln“, heißt es im Zukunftsprogramm. Nur so könnten Investitionen nachhaltig sein.
Abschaffung des Einstimmigkeitsprinzips in Steuerfragen
Es ist ein ewiger Streitpunkt: Wollen die Mitgliedsstaaten der EU etwas entscheiden, müssen sie dies meist einstimmig tun. Zieht ein Land nicht mit, kann es damit die Entscheidung aller blockieren. „Wirtschaftliches Zusammenwachsen und die Herstellung von Steuergerechtigkeit sind für uns zwei Seiten einer Medaille. Deshalb treten wir ein für die Überwindung des Einstimmigkeitsprinzips in Steuerfragen und die Beendigung des Steuerdumpings zwischen den Mitgliedstaaten, insbesondere im Bereich der Unternehmensbesteuerung“, schreibt die SPD deshalb in ihrem Wahlprogramm.
Europa als erster treibhausgasneutraler Kontinent 2050
Der „Green Deal“ ist eines der größten und wichtigsten Projekte in der Geschichte der Europäischen Union: Die Industriegesellschaft soll einem sozial-ökologischen Wandel unterzogen werden. „Um Klimawandel, Artensterben und übermäßigem Rohstoffverbrauch entgegenzuwirken, muss sich die Art und Weise, wie wir in Europa leben, konsumieren und produzieren grundlegend ändern“, schreibt daher auch die SPD in ihrem Wahlprogramm. Ihr Ziel: „Wir werden Europa bis spätestens 2050 zum ersten nachhaltigen und treibhaus- gasneutralen Kontinent machen und eine Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels einnehmen.“ Dafür sollen u.a. die Landwirtschaft reformiert und die Handelspolitik sozial-ökologischen Vorgaben folgen. „Der Handel mit nachhaltigen Gütern (soll) besonders gefördert werden“.
Funktionsfähiges europäisches Asylsystem
Die Flüchtlings- und Migrationspolitik ist seit Jahren ein Zankapfel innerhalb der Europäischen Union. Staaten mit einer liberalen Flüchtlingspolitik stehen Länder gegenüber, die überhaupt keine Zuwanderung wollen. Eine gemeinsame Linie ist schwierig. In ihrem Zukunftsprogramm stellt die SPD deshalb klar: „Wir stehen für eine humanitäre und solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union.“ Deshalb wollen die Sozialdemokrat*innen ein „funktionsfähiges Europäisches Asylsystem mit dem notwendigen Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität voranbringen, das eine Reform des Dublin- Systems hin zu einem solidarischen Verteilungsmechanismus beinhaltet und das Recht auf Asyl vollumfänglich wahrt und gewährt“. Das Asylsystem soll weiter europäisiert und das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen zu einer vollwertigen europäischen Asylagentur ausgebaut werden. Die Seenotrettung auf dem Mittelmeer soll entkriminalisiert werden. „Pushbacks“, also das Zurückdrängen von Booten mit Geflüchteten, werden als „eklatante Verletzung des Völkerrechts“ bezeichnet.
Europa als Vorreiter beim Schutz von Menschenrechten
Auch in der Außenpolitik will die SPD das Einheitsprinzip unter den EU-Staaten durch das Mehrheitsprinzip ersetzen. So soll Europa handlungsfähiger werden. Zudem will die SPD mehr Geld für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung stellen. „Wir setzen uns dafür ein, dass Europa eine Vorreiterrolle bei internationaler Krisenprävention, Friedens- und Demokratieförderung sowie zum Schutz von Menschenrechten einnimmt“, schreib die SPD in ihrem Wahlprogramm.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.