Soziale Politik

Wahlarena mit Olaf Scholz: Klare Kante bei Mindestlohn, Rente und Nato

Ein Grinsen, Kopfnicken nach links und rechts, dann geht‘s los: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz stellt sich in der ARD-Wahlarena den Fragen der Gäste. Ein Ritt quer durch Themen von Rente bis Bildung, Klima bis Fluthilfe, Coronakrise bis Mindestlohn.
von Benedikt Dittrich · 7. September 2021
Wurde in der Wahlarena mit Fragen gelöchert: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.
Wurde in der Wahlarena mit Fragen gelöchert: SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz.

Egal ob es um Geld und Hilfe für die Unterstützung bei der Flutkatastrophe oder die Mehrwertsteuersätze für die Gastronomie ging – aus der Ruhe lässt sich Olaf Scholz am Dienstagabend nicht bringen. Der SPD-Kanzlerkandidat antwortet stets souverän auf die Fragen der Gäste, die im Lübecker Hafen vor Ort oder digital zugeschaltet waren. Am Montag hatte sich dort seine Konkurrentin Annalena Baerbock in die Arena begeben.

Bekenntnis zu Mindestlohn und Mehrwertsteuer

Von Olaf Scholz will Gastronom Dietmar Engel aus Hannover wissen, wie er künftig Nachwuchs ausbilden soll bei steigenden Kosten wie zum Beispiel durch den geplanten Mindestlohn von 12 Euro. Er befürchtet, dass der Kaffee dann womöglich vier Euro bei ihm kosten müsse: „Anders ist das dann nicht darstellbar.“ Scholz hält dagegen, beharrt auf eine Anhebung des Mindestlohns, allerdings hofft er so auch auf mehr sozialversicherungspflichtige Jobs. Das sei so auch bei der Einführung des Mindestlohns passiert, erklärt er weiter, die Befürchtungen hätten sich damals auch nicht erfüllt.

Auf eine andere Frage eines Gastronomen spricht er sich außerdem dafür aus, den in der Coronakrise gesenkten Mehrwertsteuersatz auf Speisen und Getränke in Restaurants bei sieben Prozent zu belassen: „Ich habe der Verlängerung in dem Bewusstsein zugestimmt, das schaffen wir nie wieder ab“, sagt Scholz dazu. Da ist kurz ein Klatschen und ein Jubel von der anderen Seite zu hören und zu sehen – es ist Gastwirt Engel aus Hannover. „Die Gastronomie, die Hotellerie hatte sehr zu leiden unter der Krise, weil sie oft geschlossen war", zeigt Scholz Verständnis für die Sorgen der Branche.

Außenpolitik nicht ohne Bündnissse und Bundeswehr

Der Ex-Soldat Ralf Held zeigt sich indes schockiert über die Bilder aus Afghanistan. „Da fehlen mir die Worte“, sagt er. „Das macht mir wirklich Sorgen“, sagt der Mann aus Bonn und ringt dabei um Worte: Man müsse doch eine Bundeswehr haben, die auch ohne die USA in der Lage sei, einen Flughafen abzusichern.

Das bejaht Scholz – und verweist auf den massiv gesunkenen Verteidigungsetat unter der Schwarz-Gelben Koalition in der Vergangenheit. „Den haben wir wieder angehoben“, sagt er mit Blick auf die vergangenen Jahre und verspricht: Er werde auch in Zukunft für eine ausreichende Finanzierung der Bundeswehr sorgen. Auch ohne die USA müsse man in der Lage sein, die Soldat*innen eigenständig sicher rein und raus zu bringen, versichert er. „Das müssen wir können.“ Allerdings in Kooperation mit den europäischen Nachbar*innen, ergänzt Scholz. Zu der Nato und den USA als Bündnispartner bekennt er sich dabei ebenso.

Diese Versprechen wiederholt Scholz später auch mit einer Nachfrage zu einer möglichen Koalition mit der Linken: „Für mich kann es nur eine Regierung geben, die dazu völlig klar eingestellt ist.“ Das Bekenntnis zur Nato, zur Verteidigungspolitik, zu den USA – all diese Punkte gelten für Scholz als unverhandelbar, das hatte er in den vergangenen Tagen immer wieder klar gemacht.

Folgen von Coronakrise und Flutkatastrophe

Weiter geht es mit Fragen zur Fluthilfe und den Folgen der Coronakrise für den Nachwuchs. Bei zwei Fragen nimmt sich Olaf Scholz die Zeit raus, zunächst das Engagement der Gäste in Lübeck zu loben. So hilft Michael Genn nach eigenen Angaben im Katastrophengebiet an der Ahr nach der Flut, Alice Thoma ist ehrenamtlich als Trainerin im Turnverein aktiv. So ein Engagement sei bemerkenswert, bedankt sich Scholz, und nicht selbstverständlich. „Als Jugendlicher war ich leider auch sehr unsportlich“, merkt er mit einem Grinsen an. Die Anliegen der beiden nimmt er aber ernst. Genn beklagt fehlende Verantwortung und schleppende Hilfen der Behörden vor Ort. Das Geld zum Aufbau, zur Hilfe, stehe von Seiten des Bundes zur Verfügung, versichert Scholz, aber: „Wenn sie das Gefühl haben, dass es irgendwo nicht läuft, dann kontaktieren sie mich. Sie können sich auf mich berufen.“

Thoma sorgt sich darum, dass sich der Nachwuchs zu wenig bewegt, erst recht während der Coronakrise. Das Aufholpaket der Bundesregierung ist für gute Sportförderung ebenso da, erwähnt Scholz – und sagt auch konkret: „Ich bin jedenfalls bereit dafür zu sorgen, dass wir eine gute Sport-Infrastruktur haben.“ Scholz sieht da auch eine konkrete Gefahr, weil in der Coronakrise viele nicht Schwimmen gelernt hatten. Solche Rückstände müssten aufgeholt werden, das Aufholpaket werde jetzt umgesetzt.

Rentenreform am Horizont

Über eine Stunde wird Olaf Scholz so von Frage zu Frage geschickt, muss sich beständig auf neue Themen einstellen. Und so geht es zwischen Fragen zur Schulbildung, dem Klimaschutz oder die internationale Impfkampagne auch um die Rente: „Eine Anhebung des Renteneintrittsalter findet nicht statt, das werden wir nicht machen. Ich stehe jedenfalls dafür“, sagt er einem Gast, der befürchtet, dass gerade für jüngere Menschen nach einem Arbeitsleben nicht mehr viel bleibt. Für diese klare Aussage bekommt Scholz Applaus.

„Wie kriegen wir da wieder mehr raus?“, fragt er Scholz. Der antwortet mit Zuversicht: „Wir werden das hinkriegen“, verspricht er, bringt die Idee eines Staatsfonds zur Altersvorsorge wie in Schweden ins Spiel, kündigt an, dass die Riester-Rente erneuert werden müsse. „Die Rendite ist zu gering und die Kosten sind zu hoch.“ Das ringt dem Mann aus Dithmarschen ein Lächeln ab: „Das würde ich super finden, wenn sie das in Angriff nehmen. Dass man eine Säule baut, dass die jungen Leute versorgt sind.“

Die ganze ARD-Wahlarena zum nachschauen bei Youtube:

Autor*in
Benedikt Dittrich

war von 2019 bis Oktober 2022 Redakteur des „vorwärts“.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare