Olaf Scholz: CDU ist „Vermieterpartei“ – wegen Spenden der Baulobby?
Der Vorwahlkampf in Deutschland hat begonnen. Der Koalitionsstreit um die Masken-Affäre von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn war bereits ein deutlicher Beleg dafür. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bietet am Donnerstag beim digitalen Deutschen Mietertag einen weiteren, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. In seiner Rede greift Scholz die Unionsparteien massiv an.
Er kritisiert: Obwohl man in der großen Koalition vereinbart habe, dass „der steigende CO2-Preis zunächst fifty-fifty unter Mietern und Vermietern aufgeteilt“ und somit der „Anreiz zum Sparen auf beide Seiten“ verteilt werden sollte, habe die Union einen Rückzieher gemacht. So habe sich die CDU/CSU-Fraktion „komplett auf die Seite der Vermieter geschlagen und den in der Bundesregierung bereits ausgehandelten Kompromiss wieder aufgekündigt“. Scholz fragt: „Wie kommt das?“ Und gibt dann eine Antwort, die es in sich hat.
Olaf Scholz fragt die Union: Erst Parteispenden, dann Politik?
„Federführend bei dieser Entscheidung war ein Bundestagsabgeordneter der CDU, der zudem Schatzmeister der Berliner CDU ist. Und die hat ziemlich viele Spenden von Immobilienhändlern und Bauunternehmen erhalten“, erklärt Scholz. 80 Prozent aller Spenden an die CDU seien wohl von der Immobilienwirtschaft vor Ort gekommen. Der Landesverband Berlin habe 800.000 Euro Spenden erhalten. „800.000 – ein großer Betrag für einen einzigen Landesverband!“ Es sei nicht seine Art „so parteipolitisch zu reden“, räumt Scholz ein, „aber in diesem Fall muss ich ganz klar sagen: So geht das nicht!“
Er könne noch viele weitere Themen nennen, wo eine Politik zugunsten der Mieter*innen von der CDU verhindert werde. „Die Vermieter in Deutschland haben eine wirksame Lobby in der Politik“, so der SPD-Kanzlerkandidat. Es sei „gar nicht einmal böse gemeint“, wenn man feststelle: Es seien vor allem CDU und CSU, „die sich hier als Vermieterparteien profilieren“. Das sei einfach so.
SPD-Kanzlerkandidat: „Wir verstehen uns als Mieterpartei.“
„Aber: Genau deshalb kommt es umso mehr darauf an, dass auch die Mieterinnen und Mieter in Deutschland starke Verbündete haben“, betont der SPD-Kanzlerkandidat. Das sei der Deutsche Mieterbund. Und „das will auch ich sein. Das ist meine Partei. Wir verstehen uns als Mieterpartei.“
Für Scholz ist klar: „Jeder hat den Anspruch auf eine bezahlbare Wohnung.“ Wohnen dürfe nicht arm machen. „Die wichtigste Antwort auf das Problem des Wohnungsmangels lautet: bauen. Und zwar richtig viel. Privat und öffentlich.“ Der Wohnungsbau habe mit geschätzten 300.000 Neubauwohnungen den höchsten Wert seit 2001 erreicht. Aber: „Das reicht noch nicht!“ Der SPD-Kanzlerkandidat will, dass „mindestens 400.000 neue Wohnungen pro Jahr“ geschaffen werden, „davon mindestens ein Drittel, die mit einem durchschnittlichen Einkommen bezahlbar sind und 100.000 Sozialwohnungen“.
Scholz will Mietenmoratorium
Um angesichts steigender Mieten den Mieter*innen „eine Atempause“ zu verschaffen, will Scholz „in den angespannten Wohnungsmärkten ein Mietenmoratorium“ einführen. Das bedeutet: „Wo Wohnungen knapp sind, dürfen die Mieten nicht stärker steigen als die Inflation.“ Darüber hinaus will Scholz, dass Modernisierungskosten zu einem deutlich geringeren Teil auf die Mieter*innen umgelegt werden dürfen. „Die Mietpreisbremse werde ich entfristen und Schlupflöcher schließen – etwa die Ausnahmen für möblierte Wohnungen“, kündigt Scholz an. Das sei mit der CDU nicht möglich gewesen, „deshalb werde ich das in den ersten 100 Tagen einer neuen Regierung angehen“.
Denn „Mietwucher ist kein Kavaliersdelikt“. Er sei „ein Rechtsverstoß künftig Folgen haben muss.“ Die höheren CO2-Preise sollen künftig allein die Vermieter*innen tragen, das will Scholz „als künftiger Regierungschef durchsetzen“. Die Mietspiegel sollten auf Basis der letzten acht Jahre erstellt werden, und wo noch nicht vorhanden sollten sie obligatorisch werden.
Für den SPD-Kanzlerkandidaten ist „Wohnungsbau – auch und gerade der bezahlbare Wohnungsbau – eine gemeinsame Aufgabe. Bund, Länder und Kommunen müssen dabei gut zusammenarbeiten.“ Aber neben der öffentlichen Hand müssten auch private Investoren und Vermieter*innen „Verantwortung übernehmen“. Die Bauindustrie und das Handwerk brauchten Planungssicherheit, das in den kommenden Jahren massiv gebaut werde. „Deshalb werde ich Kommunen, Wohnungsunternehmen, Bauindustrie und Mieterinnen und Mieter in einem ‚Bündnis Bezahlbarer Wohnraum für alle‘ zusammenbringen“, kündigt Scholz an. In diesem Bündnis „werden wir konkret vereinbaren, wer was zum nötigen Wohnungsbau beiträgt“.
Als Kanzler will Scholz „liefern“
Olaf Scholz macht klar: „Wohnungspolitik ist Gesellschaftspolitik. Darum dürfen Bund, Länder und Kommunen heute weniger denn je auf der Tribüne sitzen bleiben und dem Geschehen auf dem Wohnungsmarkt tatenlos zusehen.“ Genau für diese Philosophie stünden aber „andere“ – allen Fehlentwicklungen zum Trotz. Die Politik müsse „das Rückgrat haben, wichtige Entscheidungen im Gesamtinteresse der Gesellschaft vor Ort durchzusetzen“. Dazu gehöre nicht, „Wohnungsbau zwar im Grundsatz zu fordern, dann aber jeder lokalen Bürgerinitiative beizuspringen, die Neubauten verhindern will“. Der SPD-Kanzlerkandidat fordert „Entschlossenheit zum Aufbruch“. Und er verspricht: „Wir werden zuhören müssen, wir werden fordern müssen, wir werden steuern müssen und – wir werden liefern!“