Entlastung für Kund*innen: So funktionieren Strom- und Gaspreisbremse
IMAGO/Gottfried Czepluch
Die Preise für Strom und Gas müssen runter. Da sind sich Verbraucher*innen und Politik einig. Doch das ist gar nicht so einfach. Die von der Bundesregierung eingesetzte Expert*innenkommission hat bereits im Oktober Vorschläge für Energiepreisbremsen vorgelegt, die die Bundesregierung nun in einen Gesetzentwurf gegossen hat.
Auf welche Höhe sollen Strom- und Gaspreis begrenzt werden?
Das Gesetz sieht vor, dass der Gaspreis für private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen von März 2023 bis April 2024 auf 12 Cent brutto pro Kilowattstunde begrenzt wird. Für Wärme sollen maximal 9,5 Cent brutto pro Kilowattstunde fällig werden. Der Strompreis wird bei 40 Cent pro Kilowattstunde brutto, also inklusive aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. „Durch die Bremsen garantieren wir, dass sich Strom- und Gaspreise in der Regel maximal verdoppeln, obwohl einige aktuell Forderungen von fünf- oder achtfachen Werten haben“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Matthias Miersch.
Gelten die Bremsen für den gesamten Strom- und Gasverbrauch?
Nein. Sie gelten lediglich für 80 Prozent des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs. Für den Verbrauch, der dieses Kontingent übersteigt, muss der vertraglich vereinbarte Preis gezahlt werden. Das soll auch einen Anreiz setzen, Energie zu sparen.
Wie wirken die Strom- und die Gaspreisbremse?
Die Energiepreisbremsen senken direkt die monatliche Gas- und Stromrechnung. Der zu zahlende Abschlag berechnet sich normalerweise auf Grundlage des bisherigen Energieverbrauchs. Jeden Monat muss so ein Zwölftel des vorhergesagten Jahresverbrauchs bezahlt werden. Mit der Gaspreisbremse müssen für 80 Prozent dieses Verbrauchs 80 Prozent des Verbrauchs mit lediglich 12 Cent pro Kilowattstunde bezahlt werden. Die Differenz bezahlt der Staat. Für jede weitere Kilowattstunde muss der neue Gaspreis gezahlt werden. Beim Strompreis gilt das mit 40 Cent pro Kilowattstunde analog.
Was bedeutet das in Euro und Cent?
Das ist pauschal schwer zu sagen, weil es sowohl vom Verbrauch als auch dem vertraglich vereinbarten Strom- bzw. Gaspreis abhängig ist. Hat eine Familie aber z.B. einen Gasverbrauch von 15.000 Kilowattstunden im Jahr und ist ihr Gaspreis von 8 auf 22 Cent pro Kilowattstunde gestiegen, müsste sie eigentlich einen Abschlag von 275 Euro im Monat zahlen (statt bisher 100 Euro). Die Gaspreisbremse begrenzt den Kostenzuwachs auf 175 Euro im Monat. Die Familie bezahlt damit zwar 75 Euro pro Monat mehr, aber 100 Euro weniger als sie ohne Gaspreisbremse müsste. Spart sie zusätzlich Gas ein, kann sie die Summe weiter reduzieren.
Ist es nicht ungerecht, wenn Menschen mit hohen Einkommen genauso entlastet werden wie Menschen, die wenig haben?
„Leider haben die Versorgungsunternehmen bislang keine Daten, wer oder was sich hinter einem Anschluss befindet. Das betrifft unter anderem die Personenanzahl oder auch das Einkommen“, sagt SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Es könne also durchaus vorkommen, dass der Staat dem Millionär die beheizte Oldtimer-Garage finanziert oder die Beheizung des privaten Pools. Schnelligkeit bei der Entlastung sei vorgegangen, sagt Miersch. Allerdings: „Durch die Besteuerung analog zum Solidaritätszuschlag werden hohe Einkommen auf die Hilfen Steuern zahlen.“ Für die nächste Heizperiode stellt Miersch zudem Änderungen in Aussicht. „Dann sollten wir noch einmal darüber reden, wie wir zielgenauer werden können, indem wir zum Beispiel weitere Daten für die Energieversorger erheben.“
Ab wann greifen die Bremsen?
Strom- und Gaspreisbremse treten am 1. März 2023 in Kraft. Anders war es mit den Energieversorgungsunternehmen nicht zu organisieren. Allerdings gelten sie rückwirkend zum 1. Januar 2023. Es wird also Rückzahlungen geben. Im Dezember hat der Staat einmalig die Abschlagszahlung für Gas- und Fernwärme-Kund*inne übernommen. „Die nun gefundene Rückwirkung zum 1. Januar 2023 war eine wichtige Forderung der SPD und schließt die Lücke im Januar und Februar“, sagt SPD-Fraktionsvize Miersch. Die Energiepreisbremsen werden bis April 2024 begrenzt sein.
Und wenn ich trotzdem nicht bezahlen kann? Werden mir dann Strom und Gas abgedreht?
Die Bundesregierung will alles tun, damit das nicht passiert. Das haben verschiedene Minster*innen mehrfach betont. Im Gesetz sind deshalb auch Härtefallregelungen enthalten, die es Verbraucher*innen u.a. ermöglichen, ihre Strom- und Gasrechnungen in Raten zu zahlen. Zudem wurden in den Entlastungspaketen bereits Heizkostenzuschüsse und ein Energiegeld für Geringverdiener*innen beschlossen.
Wie werden Besitzer*innen von Öl- oder Pellet-Heizungen enlastet?
Sie erhalten Gelder aus dem „Härtefallfonds alternative nicht leitungsgebundene Brennstoffe“, die rückwirkend für den Zeitraum zwischen dem 1. Januar und 1. Dezember 2022 ausgezahlt werden. Im Gegensatz zu Gaskund*innen füllen Menschen, die mit Öl oder Pellets heizen ihre Lager auf Vorrat. Daher ist ein anderer Ausgleichsmechanismus als bei der Gaspreisbremse notwendig. Das genaue Verfahren erklären wir hier.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.