Soziale Politik

Claudia Moll und Arne Friedrich: Was Fußball und Pflege verbindet

In einer gemeinsamen Erklärung fordern die Pflegebeauftragte des Bundes, SPD-Politikerin Claudia Moll, und der Ex-Fußballprofi Arne Friedrich mehr Teamgeist im Gesundheitswesen. Vor allem Hierarchie und Ärztevorbehalt stehen dabei in der Kritik.
von Vera Rosigkeit · 9. Oktober 2023
Erfolge erzielt man nur gemeinsam, im Sport wie im Gesundheitswesen: Pflegebnauftragte Claudia Moll und Ex-Fußballprofi Arne Friedrich
Erfolge erzielt man nur gemeinsam, im Sport wie im Gesundheitswesen: Pflegebnauftragte Claudia Moll und Ex-Fußballprofi Arne Friedrich

„Pflegekräfte können unglaublich viel, dürfen aber vieles davon nicht machen.“ Die Pflegebeauftragte des Bundes, Claudia Moll, weiß dies aus ihrer eigenen Erfahrung als langjährige Pflegekraft. Vor allem den Arztvorbehalt hält sie für überholt, erklärt sie am Montag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Gemeinsam mit Vertreter*innen aus verschiedenen Gesundheitsberufen sowie dem ehemaligen Fußballnationalspieler Arne Friedrich fordert sie mehr Teamarbeit im Gesundheitswesen.

Arbeit nur unter ärztlicher Aufsicht

Denn das steht vor riesigen Herausforderungen. Die Generation der „Baby­Boomer“ wird in Rente gehen. Deren Arbeitskraft fehlt überall, auch in der Pflege. Und viele von ihnen werden selbst pflegebedürftig. Für Moll bedeutet dies: „Wir werden nie wieder so viele Fachkräfte im Gesundheitswesen haben wie jetzt, aber der Bedarf wird steigen“, betont die SPD-Politikerin.

Doch veralterte Strukturen wie hierarchisches Denken und Arztvorbehalt, wonach in Deutschland laut Gesetz viele Tätigkeiten nur auf Anordnung beziehungsweise unter Aufsicht einer Ärztin oder eines Arztes durchgeführt werden dürfen, verhindern eine gute Zusammenarbeit der unterschiedlichen beruflichen Kompetenzen. „Warum können Pflegefachkräfte nicht selbstständig impfen, Wunden versorgen oder Verbandsmaterialien und bestimmte Medikamente verordnen? Ist es noch zeitgemäß, dass Physiotherapeuten nur nach ärztlicher Verordnung behandeln dürfen?“, fragt Moll und richtet ihren Appell an die Ärztefunktionär*innen in Deutschland, pragmatische Wege einzuschlagen, damit die Versorgung weiterhin klappen kann.

Um optimale Versorgungsqualität sicherzustellen und einer Überlastung der Mitarbeiter*innen entgegenzuwirken, brauche es neue Strukturen mit einer effizienten Aufgabenverteilung, heißt es dazu in einer gemeinsamen Erklärung für mehr interprofessionelle Teamarbeit im Gesundheitswesen, die Moll am Montag mit Arne Friedrich, dem Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin in Eschweiler, Uwe Janssens, der Pflegefachkraft und Geschäftsführerin des Bundesverbandes Pflegemanagement e.V., Sabrina Roßius und der leitenden Physiotherapeutin Heidi Hohner präsentiert.

Mehr Teamgeist und Eigenständigkeit gefordert

Gefordert wird u.a. eigenständiges Arbeiten auf Augenhöhe, unter Anerkennung der jeweiligen fachlichen Kompetenzen. Das sei wichtiger denn je, um Pflegeberufe attraktiver zu machen, aber auch mit Blick auf die steigenden Herausforderungen in der gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung, auf dem Land und in den Städteregionen, heißt es dort. Gemeinsam wolle man auch veraltete Strukturen überwinden, denn jede und jeder könne in der täglichen Arbeit einen wichtigen Beitrag leisten und interprofessionelles Denken und Handeln fördern.

„Unser Ziel ist es, den Teamgedanken im Gesundheitswesen fest zu implementieren – über die verschiedenen Berufsgruppen hinweg. Dazu müssen wir mutig neue Wege gehen und uns auch ein Stück weit von der Ärztezentrierung lösen.“ Ex-Fußballprofi Arne Friedrich weiß, welch große Rolle Zusammenarbeit im Sport spielt: Im Fußball sei es wichtig, dass alle Spieler und Akteure der Mannschaft sich als ein Team sehen, erklärt er. Ein Star allein reiche nicht, um zu gewinnen. Vielmehr erreiche man Erfolge nur gemeinsam, als Mannschaft. Für Friedrich gelten diese Qualitäten auch im Gesundheitswesen. Dafür steht er als Anstifter selbst ein. Seine Arne-Friedrich-Stiftung will Inklusion so unterstützen, dass die Gesundheit und Lebensqualität des Einzelnen und damit in der Gemeinschaft dauerhaft verbessert wird. „Kinder und Jugendliche verdienen eine Gesellschaft, die mit progressivem Geist und größtmöglicher Transparenz eine nachhaltige Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit fördert und fordert“, so das Selbstverständnis.

Voraussichtlich im kommenden Jahr soll ein Gesetzentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium Kompetenzen und Zurodnungen im Gesundheitsbereich neu ordnen. Dabei würden die Inhalte ihrer am Montag vorgestellten gemeinsamen Erklärung für Claudia Moll als verbindlich gelten, verspricht sie.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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