Bundesrat stimmt gegen Bürgergeld: Wie es jetzt weitergeht
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Am Ende kam es wie von den meisten Beobachter*innen erwartet. Nachdem am Donnerstag der Bundestag das Gesetz zur Einführung des Bürgergelds noch mit den Stimmen der Ampel beschlossen hatte, hat es in einer Sondersitzung des Bundesrates am Montag nicht die erforderliche Mehrheit von 35 Stimmen erhalten. Für einen solchen Fall hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bereits angekündigt, „noch heute“ den Vermittlungsausschuss anzurufen. Das Gremium, besetzt aus Vertreter*innen von Bundestag und Bundesrat, soll nun zügig einen Kompromiss finden. „Meine Hand ist zur Lösung ausgestreckt“, kündigte Hubertus Heil an.
Heil: „Es geht um Schutz und um Chancen.“
In der Debatte vor der Abstimmung hatte der Arbeitsminister noch einmal die Ziele des Bürgergelds betont. „Es geht um Schutz und um Chancen“, sagte Heil. „Wir wollen Menschen in Not absichern und Menschen aus der Bedürftigkeit herausführen.“ In seiner Rede ging Heil auch auf die Argumente ein, die vor allem von Vertreter*innen von CDU und CSU gegen die Sozialstaatsreform ins Feld geführt wurden. „Wir haben nicht mehr die Situation von 2003 mit Massenarbeitslosigkeit“, betonte Heil. Heute stehe Deutschland stattdessen vor dem Problem, dass Fachkräfte fehlten. „Wenn zwei Drittel der Arbeitslosen ohne Ausbildung sind, hilft ihnen Qualifikation und nicht die Vermittlung in Hilfstätigkeit“, so Heil. Genau hier setze das Bürgergeld an.
Zuvor hatte bereits Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig für das Bürgergeld geworben. „Dieses Gesetz schafft Anreize für die Übernahme von Weiterqualifizierten“, sagte Schwesig. Das sei für die Menschen gut, die wieder in Arbeit kämen, „und für das ganze Thema Fachkräfte“. Auch die Ausweitung der Hinzuverdienstmöglichkeiten lobte Schwesig. Sie seien gerade für junge Menschen ein wichtiger Anreiz, eine Arbeit aufzunehmen.
Die Zeit drängt
Gleichzeitig warnte die Ministerpräsidentin davor, in der Debatte Personengruppen gegeneinander auszuspielen. „Da ist in den letzten Tagen einiges durcheinandergeraten“, kritisierte Schwesig und rief dazu auf, „zu einer sachbezogenen Diskussion“ zurückzukehren. Das müsse umso mehr im bevorstehenden Vermittlungsausschuss gelten. „Über die einzelnen Punkte sollten wir sachlich und fair miteinander sprechen.“
Dass dabei die Zeit drängt, betonte schließlich Hubertus Heil. „Wir dürfen das nicht zu einem endlos langen Verfahren machen“, appellierte der Bundesarbeitsminister an die Länder. Der Vermittlungsausschuss könnte noch in der kommenden Woche tagen. Heil strebt eine Einigung spätestens in der kommenden Woche an. Soll das Gesetz wie geplant am 1. Januar 2023 in Kraft treten, müsste der Bundesrat dem ausgehandelten Kompromiss in seiner Sitzung am 25. November zustimmen. „Kompromiss ist in der Demokratie kein Schimpfwort“, betonte Heil.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.