Blick in die Wahlkreise: SPD sorgt für Überraschungen von Nord bis Süd
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Nach aktuellen Hochrechnungen geht die SPD als Wahlsieger aus der Bundestagswahl hervor. Ein Ergebnis, das auch die Resultate in vielen Wahlkreisen beflügelt, sowohl bei Erst- als auch bei Zweitstimmen. Wir werfen einen Blick in die Wahlkreise.
Als die Mehrheit der Stimmen in Pinneberg ausgezählt ist, kann Ralf Stegner bereits breit lächeln: Er liegt bei rund 30 Prozent bei der Erststimme und damit rund vier Prozent vor seinem CDU-Konkurrenten. „Das ist natürlich richtig klasse", sagt Stegner – und es ist auch ein Wink für das Bundesergebnis: Wer im Wahlkreis Pinneberg siegte, stellte als Partei zuvor auch immer den oder die Bundeskanzler*in. Auch für Stegner ist es ein Erfolg, der erstmals für den Bundestag kandidierte. „Der Wahlkampf hat sich gelohnt“, meint er, im Vergleich zu 2017 hatte die SPD rund 10 Prozent aufgeholt.
Währenddesssen hat es für Robin Mesarosch in Baden-Württemberg nicht über die Erststimme, aber über die Landesliste geklappt: Der 30-Jährige wird neben dem Direktkandidaten den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen im Bundestag vertreten. Aus seinem Wahlkampf habe er riesige Rückmeldungen erhalten. „Ich war im Wahlkampf der jüngste, aber auch der ernsthafteste", meint er rückblickend – gegen den Platzhirsch der CDU, Thomas Bareiß, habe er in dem konservativ geprägtem Baden-Württemberg aber keine wirkliche Chance gehabt.
Dass trotz des SPD-Wahlerfolgs Baden-Württemberg ein schwieriges Pflaster bleibt, das wusste auch Elisabeth Krämer schon vorher. Trotzdem stellte sie sich im Wahlkreis Heidelberg als junge Sozialdemokratin zur Wahl. „Der Wahlkreis wird an die Grünen gehen“, sagt sie nun kurz vor Ende der Auszählung, im direkten liegt sie einige Prozentpunkte hinter den Grünen. Trotzdem: Für die SPD hat sie auch einige Zweitstimmen geholt, das Ergebnis bezeichnet sie als „richtig gut“, in dem konservativ-grünen Heidelberg. Zumal Krämer mit dem Wahlkampf erst vor einem Jahr begonnen hatte und vorher auch nicht in der kommunalpolitisch aktiv war wie die Konkurrenz. „Wir feiern trotzdem!“, sagt sie.
„Zittern“ in Bayern – Jubel in Südthüringen
Auch einen riesigen Erfolg kann die SPD in Passau feiern, dem Wahlkreis von CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer. Der schafft es zwar aller Voraussicht nach wieder in den Bundestag, SPD-Konkurrent Johannes Schätzl liegt aber deutlich vor dem AfD-Konkurrenten. „Wir sind mit Abstand zweite Kraft geworden“, freut sich Schätzl - und zittert gleichermaßen: „Wir wissen noch nicht sicher, ob der Platz 17 auf der Liste zieht“, sagt Schätzl auf Nachfrage des „vorwärts“. Unabhängig davon: Scheuer habe deutlich verloren in seinem Heimatwahlkreis, kann sich Schätzl einen Seitenhieb auf den CSU-Mann nicht verkneifen.
Mit Spannung wurden allerdings auch Ergebnisse aus Schmalkalden-Meiningen erwartet in Südthüringen: Der Wahlkreis, in dem Frank Ullrich (SPD) gegen den umstrittenen CDU-Kandidaten Hans-Georg Maaßen antritt. Und der Sieg fiel nach ersten Ergebnissen deutlich aus: Ullrich liegt kurz vor Ende der Auszählung rund 11 Prozent vor Maaßen, kommt auf rund 33 Prozent. Damit fällt der umkämpfte Wahlkreis deutlich an den Sozialdemokraten und nicht an Maaßen, für den zuletzt sogar die AfD geworben hatte.
Wie unterschiedlich die Wahl ausfallen kann in Thüringen zeigt indes das Ergebnis im Eichsfeld-Kyffhäuserkreis-Nordhausen: Ein konservativer Wahlkreis, in dem auch viele dem AfD-Konkurrenten die Stimme gaben. Dennoch kann SPD-Kandidatin Anne Bressem das Zweitstimmen-Ergebnis als Erfolg verbuchen: „Wie es aussieht, liegen wir bei den Zweistimmen vorn“, sagt sie. Für sie als Direktkandidatin hat das allerdings nicht gereicht: Sie landete nur auf Platz drei. „Trotzdem: Auf dem Zweitstimmenergebnis können wir die kommenden vier Jahre aufbauen“, gibt sie sich zuversichtlich.
Viel Grund zur Freude in Hessen
Für Bettina Müller hat es dagegen in einem konservativ geprägten Wahlkreis in Südosthessen für das Direktmandat gereicht. Die Gesundheitsexpertin sitzt seit 2013 für die SPD im Bundestag. Zweimal zog sie über die Landesliste der hessischen SPD ein, diesmal lag sie im Duell mit ihrem CDU-Kontrahenten Johannes Wiegelmann vorne. „Das ist natürlich sehr cool und keine Selbsverständlichkeit in einem konservativ geprägten Wahlkreis“, kommentiert sie ihr Wahlergebnis. Für die SPD im Main-Kinzig-Kreis ist es ein Sieg auf ganzer Linie. Denn auch Lennard Oehl, der im westlichen Teil des bevölkerungsreichsten Landkreises Hessens die Nachfolge des entwicklungspolitischen Sprechers der SPD-Fraktion Sascha Raabe antrat, gewann seinen Wahlkreis direkt.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo