Soziale Politik

Betriebsräte-Gesetz: „Das gibt Sicherheit und stärkt Arbeitnehmer*innen.“

Mit dem Betriebsräte-Modernisierunggesetz werden die Rechte von Arbeitnehmer*innen gestärkt und Betriebsrät*innen fit für die Arbeitswelt der Zukunft gemacht, sagt Kerstin Tack. „So werden Neugründungen und Wahlen vereinfacht“, ist die SPD-Arbeitspolitikerin überzeugt.
von Kai Doering · 31. März 2021
Die Schwellen werden niedriger. SPD-Arbeitspolitikerin Kerstin Tack lobt das Betriebsräte-Modernisierungsgesetz der Bundesregierung.
Die Schwellen werden niedriger. SPD-Arbeitspolitikerin Kerstin Tack lobt das Betriebsräte-Modernisierungsgesetz der Bundesregierung.

Lediglich 36 Prozent der Arbeitnehmer*innen in Ost- und 41 Prozent in Westdeutschland werden von einem Betriebsrat vertreten. Woran liegt das?

Die Entwicklung ist wirklich erschreckend. Die Gründe sind vielfältig. Zum einen liegt es sicher daran, dass die Arbeitswelt immer stärker fragmentiert wird. Die Digitalisierung verstärkt diese Entwicklung. Zum anderen kommen Arbeitnehmer*innen, die einen Betriebsrat gründen wollen, immer öfter in Konflikt mit dem Arbeitgeber. Dieser verhindert oder erschwert Betriebsratsgründungen, indem er beispielsweise Kündigungen androht oder gar ausspricht.

Das Betriebsräte-Modernisierungsgesetz soll u.a. die Gründung und Wahl von Betriebsräten erleichtern. Warum sind die Hürden bisher so hoch?

Bisher gab es das vereinfachte Wahlverfahren für Betriebsratswahlen nur für kleine Betriebe. Ab 101 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen musste das normale Wahlverfahren angewandt werden. Nun erweitern wir das erleichterte Verfahren, damit auch Betriebe mit bis zu 201 wahlberechtigten Arbeitnehmer*innen dieses Wahlverfahren anwenden können. So werden Neugründungen und Wahlen vereinfacht. Die Schwellen werden niedriger.

Wie schon angedeutet werden Arbeitnehmer*innen, die sich für einen Betriebsrat engagieren wollen, oft von Arbeitgeber*innen davon abgehalten, weil vermehrt mit Kündigungen gedroht wird. Deswegen ist ganz klar, wir müssen Initiator*innen von Betriebsratswahlen besser schützen. Bisher waren nur die ersten drei Personen, die zu einer Betriebsratswahl aufrufen, vor Kündigung geschützt. Im Betriebsrätemodernisierungsgesetz weiten wir das nun aus. Künftig werden sechs Initiator*innen geschützt. Das gibt Sicherheit und stärkt Arbeitnehmer*innen, die sich für ihre Kolleg*innen einsetzen wollen.

CDU und CSU haben sich lange gegen Erleichterungen gesperrt. Wie haben sie das begründet?

Die Ausweitung des Kündigungsschutzes steht so nicht im Koalitionsvertrag. Für die Union war es zunächst nicht tragbar, dass die Mitbestimmung der Betriebsräte beim mobilen Arbeiten ausweiten wird. Auch dass der Kündigungsschutz schon während der Vorbereitung einer Betriebsratswahl gelten soll, lehnte die Union zunächst ab.

Auch die Mitbestimmung bestehender Betriebsräte soll mit dem neuen Gesetz ausgeweitet werden, vor allem wenn es um Weiterbildung und den Einsatz künstlicher Intelligenz geht. Warum sind hier Veränderungen notwendig?

Die Arbeitswelt verändert sich ständig. Betriebsrät*innen sind nah an den Beschäftigten und wissen, was die Kolleg*innen brauchen, um das Unternehmen nach vorn zu bringen. Betriebliche Weiterbildung wird weiterhin an Bedeutung gewinnen. Deshalb wollen wir die Rechte der Betriebsräte bei der Weiterbildung stärken und das allgemeine Initiativrecht der Betriebsräte für Weiterbildung verbessern: Bei Fragen der Berufsbildung soll nicht nur mit dem Arbeitgeber beraten werden können, sondern es müssen sich beide Seiten auch auf konkrete Weiterbildungsmaßnahmen einigen.

Künstliche Intelligenz kann bei der Personalauswahl aber auch bei Arbeitsverfahren und -abläufen eingesetzt werden. Es soll daher klargestellt werden, dass der Betriebsrat bei Auswahlrichtlinien für Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen und bei der Planung von Arbeitsverfahren und -abläufen unverändert mitzubestimmen hat, auch wenn KI genutzt wird.

Betriebsräte können ihrer Aufgabe aber nur gerecht werden, wenn sie auch über das notwendige Know-how verfügen. Gerade wenn es um den Bereich der IT geht, sind meist schnelle Entscheidungen zu komplexen technischen Themen gefragt. Deshalb sollen Arbeitgeber*innen die Hinzuziehung eines externen IT-Sachverständigen durch den Betriebsrat künftig nicht mit dem Einwand, dieser sei nicht erforderlich, ablehnen können. So wird sichergestellt, dass Betriebsrät*innen ihre Mitbestimmungsrechte wirksam ausüben können.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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