Parteileben

„ ... zur Sonne, zur Gleichheit“

von Birgit Güll · 8. März 2010
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"Ich bin eine Problem-Migrantin", eröffnete Lale Akgün (SPD) den Abend. Denn: "Wo Migrantin draufsteht, ist meist Türkin oder Muslima drin", erläuterte die Politikerin und Autorin. Vehement wendet sie sich gegen das Denken, dass Herkunft in den Vordergrund stellt und ethnische Differenzen betont. Deutsche Kultur sei dabei stets der Maßstab. So werde eine ethnisch zerklüftete Gesellschaft akzeptiert und damit verfestigt. Migrantin kann für Akgün nur ein Übergangszustand sein. Die entscheidende Frage müsse lauten: "Was muss Politik leisten, damit Migrantinnen zu Bürgerinnen werden?"

Frauensolidarität
Akgün mahnte anlässlich des Frauentags zur Solidarität. Derzeit gelten deutsche Frauen als emanzipiert, muslimische Frauen als unterdrückt. Doch Frauenunterdrückung sei das Resultat patriachaler Gesellschaften - keine kulturelle Eigenart. "Das Patriachat blickt auf alle Frauen herab, nicht nur auf Muslime", so Akgün. Dieser These stimmten auch die Teilnehmerinnen der nachfolgenden Gesprächsrunde auf dem Podium zu.

"Warum werden häusliche Gewalt und Ehrenmorde stets mit Migranten in Verbindung gebracht?", fragte Eren Ünsal, die Leiterin der Landesstelle für Gleichbehandlung in der Senatsverwaltung für Integration. So werden sozial gemachte Probleme häufig ethnisiert. Schließlich ist Gewalt auch in deutschen Haushalten ein Thema. - In der medialen Wiedergabe spiegelt sich das allerdings kaum.

Migrantinnen-Quote?
Ein Hindernis in Sachen Gleichstellung sei die Tatsache, dass sich in der Politik stets MigrantInnen um MigrantInnen-Themen kümmern. So würden Verhältnisse zementiert, unterstrich Lale Akgün. Schließlich sei Politik ein Spiegel der Gesellschaft. Eine Migrantinnen-Quote, als Pendant zur erfolgreichen Frauen-Quote, lehnte sie ab - genau wie die Teilnehmerinnen der Diskussionsrunde. Zu sehr würde diese einen Sonderstatus festigen, lautete der Tenor. "Integration ist eine Querschnittsaufgabe, die durch alle Ministerien gehen muss", unterstrich die SPD-Abgeordnete Aydan Özoguz.

A propos Sonderstatus: Abgesehen von Maria Macher, der Projektleiterin von "Stadtteilmütter Neukölln", waren alle Diskutantinnen an diesem Abend türkischer Abstammung. Der geplante Quotenmann hatte kurzfristig abgesagt. So vertiefte sich eine Akademikerinnen-Runde in die Probleme der Migrantinnen und ihre mangelnde Integration. Doch auch wenn der Blickwinkel in der FES eingeschränkt war: Lale Akgüns Aufruf zur Frauensolidarität zum 99. Frauentag ist wohl weiterhin bitter nötig.

Autor*in
Birgit Güll

ist Redakteurin, die für den „vorwärts“ über Kultur berichtet.

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