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Zum Tod von Klaus Bölling

Klaus Bölling hatte als Journalist bereits alles erreicht, als er 1974 Regierungssprecher von Bundeskanzler Helmut Schmidt wurde. Für viele in Bonn war er der beste in einer langen Reihe von Regierungssprechern. Trotz oder gerade wegen der schwierigen Zeiten im Deutschen Herbst.
von Renate Faerber-Husemann · 3. November 2014
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Klaus Bölling war ein Karrierejournalist – ARD-Korrespondent in Washington, Intendant bei Radio Bremen – als er in Bonner Kanzleramt wechselte. Mit einer kurzen Unterbrechung als Chef der Ständigen Vertretung in Ostberlin, blieb er dort bis zu Helmut Schmidts Sturz am 1. Oktober 1982, als Helmut Kohl mit den Stimmen der FDP zum Kanzler gewählt wurde. Im Parlament fand vor der Abwahl des sozialdemokratischen Kanzlers eine der emotionalsten Debatten statt, die der Bundestag je erlebt hatte.

Bölling hatte ein enges Verhältnis zu Helmut Schmidt. Er nannte die gemeinsamen Jahre auch Jahrzehnte später noch „die wichtigste Phase in meiner sogenannten Karriere“. In den letzten Monaten der sozialliberalen Koalition hat er Tagebuch geschrieben, das im Herbst 1982 als Buch herauskam. Darin ist zu lesen, wie der Streit über die Wirtschafts- und Sozialpolitik zwischen den Koalitionären eskalierte. Aber auch innerhalb der SPD gab es erbitterte Auseinandersetzungen über den Nato-Doppelbeschluss. Für Bölling war Schmidt deshalb „ein General, dem ein wichtiger Teil der Truppen tatsächlich von der Fahne gegangen war.“

Bölling, Jahrgang 1928, war bis ins hohe Alter eine elegante Erscheinung. Er war mehr weltoffener Bildungsbürger als kumpelhafter Sozialdemokrat. In dieser Manier lebte er in Berlin, seiner Heimatstadt, in einer schönen alten Villa in Zehlendorf. Bis wenige Jahre vor seinem Tod hat er als freier Publizist gearbeitet, immer nachdenklich und abgewogen in seiner Meinung. Viele haben bedauert, dass er nie bereit war, seine Biographie zu schreiben. Denn er hat Zeitgeschichte nicht nur erlebt, sondern mitgestaltet. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erinnert sich: „Präzise formulierend, intellektuell brillant und klar in der Aussage vermittelte Bölling die Politik des sozialdemokratischen Bundeskanzlers und stand ihm auch in den bewegten Zeiten des Deutschen Herbstes bei.“

Klaus Bölling ist in Berlin aufgewachsen als Sohn eines, wie er selbst sagte „typischen preußischen Beamten“ und einer jüdischen Mutter, die 1944 nach Auschwitz transportiert wurde und das Vernichtungslager überlebte. In der Terminologie der Nazis war Klaus Bölling ein Halbjude. Die Gefahr spielte er später in Gesprächen immer herunter: „Ich bin ja mit dem Leben davongekommen. Aber später habe ich dann doch erfahren, dass der Himmler-Hitler-Staat die Absicht hatte, auch uns möglichst zu eliminieren, also die Söhne von jüdischen Vätern und schlimmer noch von jüdischen Müttern.“

Bölling wurde 86 Jahre alt, er starb in Berlin nach langer schwerer Krankheit am 2. November. Seine Stimme, die Stimme eines Intellektuellen mit Haltung und Anstand, wird fehlen.

Autor*in
Renate Faerber-Husemann

(† 2023) war freie Journalistin in Bonn und Erhard-Eppler-Biografin.

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