Parteileben

Wurzel und Quelle der Kraft

von Nils Hilbert · 28. Juni 2013

In Städten und Gemeinden wird über die Lebenswirklichkeit der Menschen entschieden. Der 8. DEMO-Kommunalkongress widmete sich am Donnerstag und Freitag in Berlin den Themen Wohnen, Arbeit und Familie. Kein Wunder, dass auch die SPD-Spitze den Kommunalen ihre Aufwartung machte.

Kein Zögern, Peer Steinbrücks Antwort kommt prompt: „Lauft, lauft, lauft!“ Vielen seiner Zuhörer steht das Fragezeichen förmlich ins Gesicht geschrieben, war dies doch Steinbrücks Antwort auf ihre Frage, wie sie als „Kommunale“ zum erfolgreichen Wahlkampf des SPD-Kanzlerkandidaten beitragen können. „Schon Johannes Rau hat gewusst“, klärt Steinbrück auf, „Was zählt sind Mundfunk und Laufwerk!“ Applaus ist die Antwort, die ihm von den Teilnehmern des 8. Kommunalkongresses der Demokratischen Gemeinde entgegen gebracht wird.

Über 300 Vertreter aus der kommunalen Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft sind nach Berlin gereist, um in Vorträgen und Workshops zum Kongress-Thema „Kommunale Lebenswelten gestalten“  zu diskutieren.

Manch einer der Teilnehmer mag bei Steinbrücks Zuruf Peter Feldmann vor Augen haben. Auch sein Wahlsieg wurde lange bezweifelt. Aber er hat sich das Oberbürgermeisteramt in Frankfurt am Main tatsächlich „erlaufen“: auf die Menschen zugehen, an Türen klopfen, hinter denen die Menschen leben, denen Politik nicht mehr wichtig zu sein scheint – das war Feldmanns Konzept.

Er hat dabei Menschen getroffen, die zu der immer größeren Gruppe der Nichtwähler zählen und die sich nicht mehr vertreten fühlen – auch nicht von der SPD. Sie anzusprechen, wachzurütteln und ihnen bewusst zu machen, dass es einen Unterschied macht, ob und wen sie wähle, das ist das, worum es Feldmann geht. Es ist auch das Anliegen von Peer Steinbrück.

Den Fliehkräften trotzen

Das Leben der vielen zehntausend, überwiegend ehrenamtlichen Kommunalpolitiker ist schwierig – auch wenn kein Wahlkampf ist. Auch das spricht Peer Steinbrück in seiner Rede an: Kommunalpolitik, das ist die harte Arbeit vor Ort. Dort, wo man seine Wähler morgens beim Bäcker trifft. Dort, wo „die Fliehkräfte der Gesellschaft wirken, und den sozialen Zusammenhalt bedrohen“. Steinbrücks Empörung über die Kürzungen der Städtebauförderung und vor allem des Programms „Soziale Stadt“ ist echt. Echt sind auch die Folgen dieser drastischen Einschnitte, die die schwarz-gelbe Bundesregierung vorgenommen hat: viele Quartier-Projekte, Initiativen und soziale Vorhaben wurden gleichsam mit dem Rotstift ausgelöscht.

Doch nicht nur das soziale Miteinander in den Städten und Gemeinde ist gefährdet. Auch der privateste aller Räume, die eigene Wohnung, wird für viele Menschen zur Belastung. Dann nämlich, wenn die rasanten Mieterhöhungen dazu führen, dass sie ihren Stadtteil verlassen müssen. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und Peer Steinbrück skizzieren beim Kommunalkongress beide die Kernelemente des jüngst in Hamburg vorgestellten Aktionsprogramms für eine solidarische Stadt und bezahlbares Wohnen. „Wir müssen verhindern, dass die Zwangslage auf dem Wohnungsmarkt dazu genutzt wird, Wucher zu treiben“, mahnt Scholz.

Das Beste in 150 Jahren SPD

Es ist der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (Bundes-SGK) und Oberbürgermeister von Mönchengladbach Norbert Bude, der den Kommunalen schließlich vor Augen führt: „Das aktuelle Wahlprogramm der SPD ist das kommunal-freundlichste, das wir in unserer 150-jährigen Geschichte je hatten.“ Nahezu alle Forderungen, die die SGK aus Sicht der Kommunen an die SPD herangetragen hat, hätten Eingang ins Regierungsprogramm gefunden. Neben der Miet- und Wohnungsproblematik sind es vor allem die aberwitzige Schuldenlast von Städten und Gemeinden, die immer neuen Anforderungen, die Bund und Länder zur Erfüllung an die Kommunen delegieren, und der gewaltige Investitionenstau bei der Infrastruktur.

Kernanliegen der SPD ist es, und damit trifft Generalsekretärin Andrea Nahles in ihrer Rede den Nerv der sozialdemokratischen Kommunalpolitiker, die Lebensverhältnisse vor Ort zu verbessern. Nahles sagt, dass die deutsche Sozialdemokratie dieser Herausforderung am besten gewachsen sei, weil sie als erste politische Kraft seit 150 Jahren kommunale Lebenswelten gestaltet. Die in den letzten Jahren so deutlichen Wahlsiege in vielen Städten nennt Nahles den „Nukleus unserer Erneuerung“ nach der niederschmetternden Bundestagswahl 2009. Die Botschaft ist klar: Die Wurzeln der SPD liegen in den Kommunen. Sie hat bei der Arbeit in den Städten neues Selbstbewusstsein getankt. Und stimmt Nahles’ Metapher, wonach die Kommunen das „Barometer unserer Demokratie“ sind, geht vom DEMO-Kommunalkongress ein deutliches Signal aus: Mit und für Kommunen – der Wahlsieg kann kommen.

Autor*in
Nils Hilbert

war Redakteur der DEMO – Demokratische Gemeinde.

 

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