Wirtschaftskompetenz braucht sozialen Kompass
Die Parlamentarische Linke (PL) in der SPD mahnt, die Partei müsse zwar durch wirtschaftspolitische Kompetenz punkten, dabei aber im Blick behalten, „dass Wachstum und Verteilung zusammengehören“.
Das zehnseitige Thesenpapier von Carsten Sieling, dem Vorsitzenden der PL, ist der erste programmatische Debattenbeitrag der Parteilinken zur Diskussion um mehr Wirtschaftskompetenz. Die hatten Gabriel und der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil vor einigen Wochen angestoßen. Die PL fürchtet nun, dass mit dem Fokus auf Wirtschaftsfragen die für die SPD zentralen Themen Gerechtigkeit und Chancengleichheit in den Hintergrund treten. Sieling stellt sie in seinem Papier deshalb ganz nach vorn: „Wir sind die Partei für Gerechtigkeit. Das ist die Kernkompetenz der SPD“ – gerade in Zeiten, in denen die modernen Gesellschaften „immer vormoderner werden“.
Keine politische Rendite für die SPD
Er warnt davor, Wirtschaftskompetenz an niedrigen Steuersätzen und hohen Gewinnen zu messen. Denn daraus habe die SPD keine politische Rendite gezogen, weder 2013 noch 2009 und selbst 2005 nicht. Deshalb fordert Sieling, Wirtschaftskompetenz wieder „mit unserem gesellschaftspolitischem Kompass“ zu verbinden, was ökonomisch ganz und gar kein Gegensatz sei.
Beim Thema Steuern fordert Sieling konkret, die Abgeltungssteuer abzuschaffen. Die stammt noch aus einer Zeit, als Steuerhinterziehung einfacher war und die SPD glaubte: Besser 25 Prozent von x, als 42 Prozent von nix. Sieling bevorzugt nun 42 Prozent von x, also gleiche Steuersätze für alle Einkommensarten, auch für Kapitalerträge. So könne man auch die von Gabriel vorgeschlagene Entlastung durch die kalte Progression bezahlen: „Die Entlastung unterer und mittlerer Einkommen kann und muss durch einen Beitrag der hohen Einkommensempfänger gegenfinanziert werden“, fordert Sieling.
Wachstum und Gerechtigkeit gehören zusammen
Sielings Beitrag bleibt trotzallem vermittelnd. Er will ganz klar verhindern, dass Wirtschaftswachstum über Gerechtigkeit gestellt wird, möchte aber umgekehrt auch nicht Gerechtigkeit über Wachstum stellen. Er sieht beides aufs engste miteinander verbunden: „Eine vernünftige Verteilungspolitik ist nicht Gegensatz, sondern Voraussetzung für eine vernünftige Wachstumspolitik!“