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Wirtschaftsforum der SPD: Offener Dialog statt Lobbyismus

Im Februar hat sich das neue Forum „Wirtschaftsforum der SPD“ gegründet. Michael Frenzel, der Präsident, erklärt die Ziele des Vereins.
von Susanne Dohrn · 6. Juli 2015
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Die SPD gründet ein Wirtschaftsforum und eine der ersten Reaktionen in den Medien war Spott: „Genosse sucht Bosse“. Hat Sie das geärgert?

Nein, denn die überwiegende Reaktion der Wirtschaft war: Es ist Zeit, dass die SPD eine solche Plattform bildet. Wir spüren viel Interesse und Neugier für das, was in der SPD passiert.

Wozu braucht eine Arbeitnehmerpartei wie die SPD ein solches Forum? 

Arbeitnehmer sind Teil der Wirtschaft. Mit der Mitbestimmung haben sie eine Mitverantwortung, die in den Betrieben sehr aktiv in Anspruch genommen wird. Ich war Juso, Kommunalpolitiker, bin seit 46 Jahren in der SPD und war rund 20 Jahre Vorstandsvorsitzender eines DAX-Unternehmens. Ich habe nie einen Gegensatz gesehen zwischen wirtschaftlicher Tätigkeit und Bekenntnis zur SPD. Eine prosperierende Wirtschaft ist die Grundlage für eine vernünftige soziale Entwicklung.

Was unterscheidet das Wirtschaftsforum der SPD von der Arbeitsgemeinschaft der Selbstständigen in der SPD?

Wir sind unabhängig und finanzieren uns mit Mitgliedsbeiträgen. SPD-Mitgliedschaft ist keine Voraussetzung. Unsere Mitglieder sind Unternehmer, Selbstständige und leitende Angestellte. Wir sind SPD-nah aber inhaltlich nicht an Koalitionsverträge und Parteitagsbeschlüsse gebunden. Bei uns soll ein offener Dialog geführt werden. Das ist unsere Vereinbarung mit Sigmar Gabriel und dem Parteivorstand.

Um welche Themen geht es?

Die ersten Themen sind Digitalisierung, Industrie und Service 4.0, denn wir haben hohen Zulauf von Startups, die den Dialog suchen. Und wir haben uns vorgenommen, über die Zukunft der Wirtschaft zu reden. Wir glauben, es ist an der Zeit zu skizzieren, welche Herausforderungen und Lösungsansätze wir für 2030 haben.

Dabei hat ein Teil der SPD noch nicht einmal die Agenda 2010 verdaut...

... ich glaube, dass mit der Agenda 2010 insgesamt die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg geschaffen wurde, den wir heute haben. Agenda ist kein Unwort mehr. Sigmar Gabriel und Andrea Nahles bekennen sich öffentlich dazu.

Wie will das Wirtschaftsforum in die SPD hineinwirken?

Wir wollen regelmäßige Dialoge mit den Abgeordneten und den Vorsitzenden der Arbeitskreise im Bundestag führen und Unternehmern in den Bundesländern ein Forum bieten, mit uns und den regional Verantwortlichen in der Politik ins Gespräch zu kommen.

Das klingt nach Lobbyismus.

Wir verstehen uns nicht als Lobbyveranstaltung sondern als Dialogplattform. Lobbyismus setzt sich für punktuelle Interessen einer Branche ein, um ein bestimmtes Gesetzesvorhaben zu verhindern oder einzubringen. Wir haben den Ansatz, generelle Themen zu diskutieren, die alle angehen: den Mittelstand, die Industrie, die Startups: Infrastruktur, Verkehr, Energieversorgung, das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP, die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt.

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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