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Wiederholungswahl in Berlin: Die zweite Chance des Klaus Mindrup

Bis 2021 saß Klaus Mindrup für die SPD im Bundestag. Die Wiederholungswahl am 11. Februar ist nun die Chance zur Rückkehr. Im Kampf ums Direktmandat hat er bereits einen Vorsprung.

von Kai Doering · 24. Januar 2024
SPD-Kandidat Klaus Mindrup in seinem Wahlkreis: „Wir richten uns auf intensive Wochen bis zum 11. Februar ein.“

SPD-Kandidat Klaus Mindrup in seinem Wahlkreis: „Wir richten uns auf intensive Wochen bis zum 11. Februar ein.“

Wäre diese Wahl ein 100-Meter-Lauf, hätte Klaus Mindrup beim Startschuss schon zehn Meter Vorsprung. Am 11. Februar muss in 181 der 215 Wahllokale in Berlin-Pankow die Bundestagswahl von 2021 wiederholt werden. Mehr als 85 Prozent der Wahlberechtigten sind erneut aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die Stimmen der anderen 34 Wahllokale werden dagegen gewertet – und geben Klaus Mindrup Rückenwind. „In den für gültig erklärten Wahllokalen, also dort, wo die Wahl ordnungsgemäß gelaufen ist, liege ich deutlich vorn“, sagt der 59-Jährige.

Klaus Mindrup will einen „Neuanfang“

In Zahlen bedeutet das: Mindrup hat bereits 6.095 Stimmen sicher. Die zweitplatzierte Kandidatin von der CDU kommt auf 3.836 Stimmen. Der Kandidat der Grünen, der 2021 das Direktmandat errang, hatte damals nur etwas mehr als 7.000 Stimmen Vorsprung auf Mindrup. Er wird dem Bundestag so oder so weiter angehören, da er über die Landesliste der Berliner Grünen abgesichert ist. Trotz des Winterwetters geht Klaus Mindrup deshalb zuversichtlich in den Blitz-Wahlkampf. „Ich bin davon überzeugt, dass wir im Wahlkreis und auch im Bund einen politischen Neuanfang brauchen“, sagt Klaus Mindrup selbstbewusst.

Will einen Neuanfang: SPD-Kandat Klaus Mindrup mit Wahlplakat

Während viele andere Kandidat*innen für die teilweise Wiederholungswahl auf alte Wahlkampf-Materialien zurückgreifen, hat Klaus Mindrup neue Plakate drucken lassen. „Neuanfang wählen“ steht darauf. „Es wird auch noch eine zweite Welle geben, bei der es um bezahlbare Mieten geht“, verrät Mindrup. Die sind eines der Hauptprobleme in ganz Berlin, aber in Pankow im Besonderen. „In meiner Straße wird eine möblierte Wohnung für einen Preis von 62 Euro pro Quadratmeter angeboten. Da läuft ganz offensichtlich etwas aus dem Ruder“, erzählt Mindrup.

Eine Oase im gentrifizierten Prenzlauer Berg

Was sich dagegen tun lässt, bespricht der Kandidat an einem Abend Mitte Januar mit einem prominenten Gast. Mit Klara Geywitz, stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD und Bundesbauministerin, besucht Klaus Mindrup ein Haus in der Kastanienallee. Im ersten Innenhof begrüßen sie eine Feuerschale und ein großer schwarzer Hund. Von den Hauswänden blättert der Putz. Die Wohnungen haben Kohleöfen, die Toiletten sind im Treppenhaus.

„Während sich außen herum der Prenzlauer Berg als gentrifizierte Hauptstadtblase entfaltete, lebte in der Kastanienallee 12, auch als K12 bekannt, der brüchige Charme der Nachwendezeit ungestört weiter“, schreibt die Mietergenossenschaft „SelbstBau“, der das Haus gehört, auf ihrer Internetseite. Doch der „brüchige Charme“ wird mehr und mehr zum Problem. Das marode Gebäude muss dringend instandgesetzt und energetisch saniert werden. Die Mieter*innen sollen dadurch jedoch nicht verdrängt werden. Für die Sanierung fehlt aber das Geld, kein Förderprogramm passt so richtig.

Ein Heimspiel für Klaus Mindrup

Klara Geywitz verspricht, sich zu kümmern und Vorschläge zu machen. Dass das Haus im Besitz einer Genossenschaft ist, gefällt ihr. 2022 hat sie als Bauministerin ein Förderprogramm zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen aufgelegt. Damit sollen Wohnungsgenossenschaften besonders in der Anfangsphase sowie bei Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen unterstützt werden. „Ich hoffe, dass wir eine neue Gründungswelle kriegen“, sagt Geywitz in Pankow.

Für Klaus Mindrup ist der Termin ein Heimspiel. Seit dem vergangenen Jahr ist er im Aufsichtsrat der „SelbstBau“. Die Frauen und Männer, die ihn und Geywitz in der Kastanienallee begrüßen, duzt er alle. Seit 1995 lebt Mindrup im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. 15 Jahre saß er für die SPD im Bezirksparlament, sieben als Fraktionsvorsitzender. Von 2013 bis 2021 vertrat er schon einmal den Wahlkreis im Bundestag und verhandelte das Klimaschutzgesetz der großen Koalition 2019 sowie dessen Weiterentwicklung 2021 mit.

Ein Kurswechsel für die Ampel

Neben bezahlbaren Mieten ist Klimaschutz das zweite Steckenpferd des Diplom-Biologen. Die monatelange Debatte und die Proteste gegen das sogenannte Heizungsgesetz zeigten, dass Klimaschutz kein abstraktes Thema sei, sondern eines, das die Menschen in ihrem Alltag berühre, etwa über den Strompreis. „Die Kosten sind in den letzten Jahren deutlich gesunken, die gesunkenen Kosten kommen aber bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht an“, kritisiert Mindrup. „Das müssen wir ändern. Der Strom muss billiger werden.“

Klara
Geywitz

Es wäre schön, wenn ich ihn in Zukunft wieder öfter im Bundestag sehen würde.

Den Zustimmungsverlust in die Bundesregierung sieht Klaus Mindrup deshalb mit Sorge. „Sie hat dramatisch an Akzeptanz verloren und wird sie nur wiedergewinnen, wenn Stil, Zusammenarbeit und Schwerpunkte sich ändern“, ist er überzeugt. Mindrup schlägt deshalb vor, dass die Ampel „viel stärker mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zusammenarbeitet, denn sie sind nah dran und wissen gut, was die Menschen bewegt“.

Auch die AfD könnte das Direktmandat holen

Auch im Wahlkampf setzt Klaus Mindrup deshalb vor allem auf die direkten Gespräche wie das im Hinterhof in der Kastanienallee. „Ich bekomme sehr viel Unterstützung“, erzählt er. Doch auch wenn Mindrup an diesem Abend sehr entspannt wirkt: Ein Selbstläufer dürfte diese Wahl nicht werden. Läuft es schlecht, könnte sogar die AfD das Direktmandat erringen. Ihr Kandidat, ein Gymnasiallehrer, erhielt 2021 zwar nur 8,9 Prozent der Stimmen, aber die Stimmung hat sich seither gedreht. Zudem mobilisiere die Partei in der ganzen Stadt. „Wir richten uns auf intensive Wochen bis zum 11. Februar ein“, sagt Mindrup deshalb.

Ginge es nach den Menschen, die an diesem Abend im Hinterhof in der Kastanienallee bei Glühwein zusammenstehen, müsste sich der 59-Jährige keine Sorgen um den Bundestagseinzug machen. „Klaus unterstützt uns seit Jahren und wir sind ihm sehr dankbar“, erzählt eine der Anwesenden. Und Klara Geywitz sagt zum Abschied: „Es wäre schön, wenn ich ihn in Zukunft wieder öfter im Bundestag sehen würde.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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4 Kommentare

Gespeichert von max freitag (nicht überprüft) am Mi., 24.01.2024 - 16:22

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parteiübergreifende Absprachen getroffen werden, die sicherstellen, dass unsere Kandidat insbesondere die Stimmen der Grünen bekommen, die ja die Stimmen ihrer eigenen Leute und ihrer Wählerschaft nicht benötigen

Gespeichert von Martin Holzer (nicht überprüft) am Do., 25.01.2024 - 17:12

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