Wie man neue SPD-Mitglieder gewinnt
In Lauenförde war schon immer alles etwas anders. Früher gehörte der Ort, der heute im äußersten Südwesten Niedersachsens liegt, zum Königreich Hannover. Beverungen, das nur einige hundert Meter über eine Brücke entfernt und im heutigen Nordrhein-Westfalen liegt, war dagegen Teil des Bistums Paderborn. War man auf der anderen Seite der Weser mehrheitlich katholisch, gehörten die meisten Lauenförder dem evangelischen Glauben an. Und während heute in Beverungen traditionell die CDU bei den Wahlen vorne liegt, stellt in Lauenförde die SPD seit dem Zweiten Weltkrieg durchgehend bereits zum fünften Mal den Bürgermeister.
Doch was der SPD-Ortsverein Lauenförde geschafft hat, dürfte bundesweit einmalig sein. Zwischen Anfang März und Mitte Mai dieses Jahres konnte die Vorsitzende Bernadette Buxton 31 neue Mitglieder begrüßen. Der OV wuchs damit innerhalb von drei Monaten um mehr als 60 Prozent von 50 auf 81 Mitglieder. Besonders bemerkenswert: Im Unterbezirk Holzminden, zu dem Lauenförde als einer von 21 Ortsvereinen gehört, sinkt die Zahl der Mitglieder seit Jahren stetig. „Lauenförde ist der Vorzeige-OV im Unterbezirk“, lobt so auch die UB-Vorsitzende Sabine Tippelt. „Ich wünsche mir sehr, dass dieses tolle Beispiel nicht nur bei uns Schule macht.“
Voller Einsatz für den Sportplatz
Wie haben es die Lauenförder Genossen geschafft, derart viele neue Mitglieder in so kurzer Zeit zu gewinnen? „Die Bürger haben sich einfach angesprochen gefühlt von den Anliegen, für die wir uns einsetzen“, sagt die OV-Vorsitzende Bernadette Buxton.
Vor allem die Sache mit dem Sportplatz habe für reichlich Zulauf gesorgt: Nachdem ein Nachbar wegen Lärmbelästigung gegen die seit 1946 bestehende Sportanlage geklagt hatte, gründete der Vorstand der Lauenförder SPD die Bürgerinitiative „Ja zum Sportplatz“. Innerhalb weniger Monate sammelten sie fast 2000 Unterschriften für den Erhalt des Platzes. Und obwohl auf den Listen kein Hinweis auf die SPD zu finden war, wussten die Unterzeichner ganz genau, wer sich da für den Sportplatz stark macht. „Mit unserer Initiative haben wir in ein Wespennest gestochen“, meint der stellvertretende OV-Vorsitzende Klaus Rickmeier. Und: „Wir hatten einen guten Grund mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.“
Ein Klettergerüst für den Spielplatz
Ähnlich war es beim Klettergerüst: Weil für die fünf Lauenförder Spielplätze zu wenig Geld da war, griff der OV-Vorstand kurzerhand in die eigene Tasche und kaufte für 1000 Euro ein Klettergerüst. „Kinder sind uns wichtig. Und wenn die Gemeinde zu wenig Geld zur Verfügung hat, müssen wir eben selbst aktiv werden“, findet Bernadette Buxton.
Dieser Einsatz hat sicher viele der 31 Neumitglieder zum Eintritt in die SPD bewegt – auch wenn Buxton einräumt, dass einige von ihnen aus dem Familien- und Freundeskreis stammen. Aber in einem 2450-Einwohner-Ort kennt ohnehin jeder jeden.
Ziel: stärkster OV im Unterbezirk
Dass die Lauenförder Mitglieder werben können, haben sie schließlich schon früher unter Beweis gestellt: „Bei einer Werbeaktion haben wir 2001 mit 30 Neumitgliedern den zweiten Platz im Bezirk Hannover belegt“, erzählt Norbert Tyrasa. Der frühere Bürgermeister ist das lebende Gedächtnis des Ortsvereins. In seinen Alben kleben Fotos von Besuchen von Johannes Rau und Gerhard Schröder. Tyrasa verwahrt auch die alte OV-Fahne aus den 1920er Jahren. „In der Nazi-Zeit hat sie ein Genosse hinter der Tapete in seinem Haus versteckt“, erzählt Tyrasa. Zum 125-jährigen SPD-Jubiläum wurde sie aufwändig restauriert, zum 150-jährigen ausgestellt.
Mit so viel Geschichte im Rücken blicken die Lauenförder Genossen optimistisch in die Zukunft. „Wir werden mit den Leuten im Ort im Gespräch bleiben“, verspricht Bürgermeister Werner Tyrasa. Denn das Ziel steht laut OV-Kassiererin Daniela Wichmann fest: „Wir wollen stärkster OV im Unterbezirk werden.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.