Parteileben

Wie man das Grundgesetz rappt

von Asiye Öztürk · 16. November 2009
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"Weg mit den Vorurteilen!" singen die RapperInnen des "Hip-Hop gegen Gewalt"-Projektes - ein Projekt, das mit dem Wilhelm-Dröscher-Preis 2009 ausgezeichnet wurde. "Wir zeigen euch hier, dass wir ein Teil der Gesellschaft sind und was zu sagen haben!" rappen Shevan, Sadat, Burak und Ayan aus Bonn. Die 14-16-jährigen Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind TeilnehmerInnen des Projektes, das u.a. von der Stiftung Jugendhilfe der Sparkasse Bonn gefördert wird und seit 2008 läuft.

"Hip-Hop gegen Gewalt" ist ein innovatives Gewaltpräventionsprojekt, das "an problematischen Schulen wichtige ethnische, gesellschaftspolitische und kulturelle Inhalte jugendgerecht und alltagsrelevant" vermitteln möchte, wie es in der Selbstdarstellung heißt. Es richtet sich an besonders marginalisierte Jugendliche.

Die TeilnehmerInnen verfassen ihre eigenen Rap-Texte, in denen sie sich mit Alltags-, Identitäts-, sozialen und allgemeinen gesellschaftspolitischen Fragen beschäftigen. Der Hip-Hop regt so die Jugendlichen "zur aktiven Reflexion über die Welt und ihr eigenes Leben" an, sagt Mario "Bickmack" Pawelka, Leiter des Projekts.

Der resourcenorientierte Ansatz des Projektes soll die Stärken und Talente der jungen RapperInnen fördern, anstatt ihre vielzitierten "Defizite" in den Vordergrund zu stellen. Bei verschiedenen "Schoolbattles" - einem schulübergreifenden Wettbewerb über die Originalität der Texte - lernen die Jugendlichen, ihre Konkurrenz "zielorientiert, fair und verantwortungsvoll" auszutragen, statt "mit Fäusten". So meint Burak, Teilnehmer aus der Bonner Altstadt: "Seitdem ich rappe, schlage ich mich nicht mehr". Durch die Erfolgserlebnisse und die Anerkennung, die sie für ihr sozialkompetentes Verhalten und Kreativität erhalten, stärken sich auch ihr Selbstbewusstsein und Vertrauen in ihre Fähigkeiten.

Neben diesen individuellen Kompetenzen, eignen sie sich auch Wissen über Politik, Gesellschaft und Wirtschaft an. So werden aufgrund der Beschäftigung mit dem Grundgesetz, Menschenrechten und sozialen Fragen abstrakt-politische Konzepte für die Jugendlichen greifbarer. Ein Beispiel: Zu 60-Jahren Grundgesetz haben sie einen eigenen Rap verfasst, für den sie das Grundgesetz zunächst gelesen und darüber diskutiert haben, bevor sie den Inhalt schließlich mit eigenen Worten wiedergaben: "Artikel 1: Alle Menschen sind gleich, egal ob arm, reich, schwarz oder weiß!" (ganzer Rap auf der CD ;)

Besonders stolz ist Sadat auf seinen Rap zu Rassismus: "Smoken und rappen gehören zu meinem Lebensstandard / Doch das Leben für einen Schwarzen ist sehr hart / Überall wo du hingehst, alles ist so fremd / Du vergisst deinen Kummer, denn du bist hier nicht im Trend / Ich bin deutsch, doch bei den Deutschen nicht anerkannt / Es ist genauso als in Berlin die Mauer stand!"

Die Jugendlichen drücken in ihren Texten ihr Bedürfnis nach Anerkennung, sozialem Aufstieg sowie politischen und gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten aus - undzwar mit einer einfachen Formel: "Respekt in der Gesellschaft ist das Gegengift!". Yo!

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