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Wie die SPD in Sachsen-Anhalt zurück in die Erfolgsspur will

Nach ihrem Einbruch bei der Landtagswahl am 13. März hat sich die SPD Sachsen-Anhalt am Samstag bei einem Sonderparteitag in Halle neu aufgestellt. Der Bundestagsabgeordnete Burkhard Lischka wurde zum neuen Vorsitzenden gewählt. Zudem stimmten die Delegierten für Koalitionsverhandlungen mit CDU und Grünen.
von Kai Doering · 2. April 2016
Burkhard Lischka wurde vom Sonderparteitag der SPD Sachsen-Anhalt mit 96 Prozent zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Burkhard Lischka wurde vom Sonderparteitag der SPD Sachsen-Anhalt mit 96 Prozent zum neuen Vorsitzenden gewählt.

Ihren Sinn für Humor hat die SPD in Sachsen-Anhalt auch nach ihrem schlechtesten Ergebnis bei einer Landtagswahl vor drei Wochen nicht verloren. Als der Sonderparteitag in der Georg-Friedrich-Händel-Halle in Halle für die Mittagspause unterbrochen war und sich die Delegierten im Foyer das Essen schmecken ließen, hüllte ein Spaßvogel das Rednerpult in eine kenianische Flagge. Kurz zuvor hatten die Genossen den Weg für Verhandlungen über eine nach der Fahne des afrikanischen Landes benannte Koalition frei gemacht: schwarz-rot-grün.

Sechs Punkte für eine Koaltion mit CDU und Grünen

90 Prozent der Delegierten sprechen sich für die Aufnahme förmlicher Koalitionsverhandlungen mit CDU und Grünen aus. In den Wochen nach der Landtagswahl hatte eine Gruppe um die Übergangsvorsitzende Katja Pähle und dem Fraktionsvorsitzenden Andreas Steppuhn mit beiden Parteien Sondierungsgespräche geführt. Pähles Fazit: „Die SPD kann sich in einer künftigen Regierung wiederfinden.“

Richtschnur der SPD für die Koalitionsverhandlungen sind sechs Punkte, die Katja Pähle den Delegierten vorstellte:

  • eine Offensive für eine bessere Ausstattung der Kommunen
  • mehr Sicherheit durch mehr Polizisten
  • mehr Lehrer
  • eine bessere finanzielle Ausstattung der Hochschulen
  • die Auflage eines kommunalen Beschäftigungsprogramms
  • mehr Anstrengungen für Demokratieförderung und Integration

Könnte die SPD  diese Punkte in den Koalitionsverhandlungen durchsetzen, spreche sie sich für eine Beteiligung an der Landesregierung aus, so Pähle. „Ich sage aber auch ganz klar: Wir gehen nicht um jeden Preis in eine Regierung - und schon gar nicht wegen der damit verbundenen Posten.“ Über die tatsächlich Regierungsbeteiligung soll ein weiterer Sonderparteitag Ende April entscheiden, ebenso wie über die Frage, welche Minister und Staatssekretäre von der SPD der künftigen Landesregierung angehören werden.

Keine Antworten auf die Sorgen der Menschen

Zuvor hatte die Interimsvorsitzende kritisch auf den Wahlkampf zurückgeblickt. „Wir haben einen Großteil des Vertrauens der Wähler verloren“, lautet Pähles Fazit. Eine ausführliche Auswertung des Wahlergebnisses dürfe nicht im politischen Alltagsgeschäft untergehen, warnte sie. „Sonst ist unsere Partei grundlegend gefährdet.“ Der Sonderparteitag, der unter dem Motto „Aufbruch und Zusammenhalt für Sachsen-Anhalt“ stand, sei „ein erster Schritt, Vertrauen zurückzugewinnen – nicht mehr, aber auch nicht weniger“.

Ähnlich wie Pähle argumentierten auch ein Großteil der mehr als 20 Rednerinnen und Redner in der knapp zweistündigen Aussprache. „Dass wir so schlecht abgeschnitten haben, liegt nicht allein an der AfD“, stellte etwa Detlef Wend aus Halle klar. „Wir haben keine Antworten auf die Sorgen der Menschen gegeben.“ „In den kommenden Jahren müssen wir stärker zeigen, dass die SPD ihren Platz bei den Benachteiligten und Diskriminierten hat“, forderte der Delegierte Kay Senius. Und Eberhard Lothmann kritisierte: „Wir haben die Wahl gemeinsam verloren, weil wir keine Politik für den Bürger gemacht haben.“ Vor allem die Sparpolitik in der großen Koalition sei ein Fehler gewesen.

Lischka: „Wir müssen die Kümmererpartei in Sachsen-Anhalt werden“

In seiner Bewerbungsrede für den Landesvorsitz nahm Burkhard Lischka die Kritik der Delegierten auf. „Wir müssen uns gemeinsam fragen: Was haben wir in den letzten Jahren falsch gemacht?“ Klar sei, dass die SPD künftig „mehr mit den Menschen reden“ müsse als über sie. „Wir müssen die Kümmererpartei in Sachsen-Anhalt werden“, forderte Lischka.

Zunächst aber will der neue Landesvorsitzende, dem 96 der 100 Delegierten ihr Vertrauen aussprachen, die Niederlage bei der Landtagswahl aufarbeiten – „und zwar gemeinsam, von unten nach oben“. Jedes Mitglied soll sich dabei in den kommenden Wochen und Monaten einbringen können. „Wir dürfen nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, forderte Lischka.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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