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Wie die SPD mit Olaf Scholz in Hamburg die absolute Mehrheit errang

Vor zehn Jahren errang die SPD bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg die absolute Mehrheit. Der Spitzenkandidat damals: Olaf Scholz. Nun will er Bundeskanzler werden und kann dabei auf einige Erfahrungen aus Hamburg zurückgreifen.
von Susanne Dohrn · 19. Februar 2021
Olaf Scholz als Erster Bürgermeister von Hamburg im Juni 2011: „Man muss mit dem Herzen dabei sein.“
Olaf Scholz als Erster Bürgermeister von Hamburg im Juni 2011: „Man muss mit dem Herzen dabei sein.“

„Ich.“ Es ist ein Wort, das Olaf Scholz gern vermeidet. „Man braucht politische Zukunftsvorstellungen, die in der Lage sind, unser Land und Europa durch die nächsten Jahrzehnte zu führen.“ Ein typischer Satz, gefallen im Gespräch mit Ulrich Wickert im August 2020. Der SPD-Kanzlerkandidat weiß: Das kleine Wörtchen „ich“ will wohl dosiert und zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt sein, damit es glaubhaft bleibt.

Klarer Führungsanspruch von Olaf Scholz

So wie Ende November 2010, als in Hamburg das erste schwarz-grüne Bündnis der Hansestadt platzte. Der SPD-Landesvorsitzende Olaf Scholz reagierte unverzüglich: „Ich bin entschlossen, als Spitzenkandidat anzutreten. Ich will Hamburger Bürgermeister werden.“ Wenige Wochen später, im Dezember 2010 nominierte der Landesparteitag Olaf Scholz mit 97,7 Prozent der Stimmen zum SPD-Spitzenkandidaten. Zuvor hatte er in seiner Rede für „Pragmatismus und Seriosität“, für „realistische Politik“ geworben und seine Grundsätze so formuliert: „Vernunft, Klarheit, Verlässlichkeit und immer auch Gerechtigkeit.“

Die Grundsätze überzeugten. Bei der Neuwahl zur Hamburger Bürgerschaft am 20. Februar 2011 verlor die CDU fast die Hälfte ihrer Stimmenanteile, während die SPD mit Olaf Scholz 48,4 Prozent erlangte und damit die absolute Mehrheit. Es folgten sieben erfolgreiche Jahre als Erster Bürgermeister, ab 2015 in einer Koalition mit den Grünen. 2018 trat Olaf Scholz zurück, um in der neu gebildeten Bundesregierung Finanzminister und Vizekanzler zu werden. In Hamburg hinterließ er sein Haus gut bestellt. Bei der Bürgerschaftswahl 2020 gewann die SPD erneut die Mehrheit der Mandate.

Auf das Amt vorbereitet wie kein anderer

Nun sagt Olaf Scholz erneut „Ich will“ – nämlich nach der Wahl am 26. September 2021 Bundeskanzler werden. Auf das Amt vorbereitet ist er wie kein anderer: Als Arbeitsminister in der großen Koalition sicherte er während der Finanzkrise 2008/2009 mit dem Kurzarbeitergeld in großem Maße Arbeitsplätze, so dass sich die Wirtschaft in Deutschland schneller erholte als in anderen Ländern. Seine Partei kennt er wie kaum ein anderer: eingetreten 1975, in den 1980ern damals noch mit Lockenkopf, stellvertretender Juso-Bundesvorsitzender, Kreis- und Landesvorsitzender in Hamburg, Mitglied im Parteivorstand, stellvertretender Parteivorsitzender und Generalsekretär.

Als Erster Bürgermeister Hamburgs hat Olaf Scholz dafür gesorgt, dass Kita- und Studiengebühren abgeschafft wurden, dass tausende neue Wohnungen gebaut wurden, dass die zur Bauruine verkommene Elbphilharmonie endlich in ihrem Glanz erstrahlte. Er legte bahnbrechende Programme für die Integration von Zuwanderern auf, förderte Wissenschaft, Forschung und Erneuerbare Energien.

Einer, der Kanzler kann

„Ordentlich regieren“ nennt Scholz das ganz unprätentiös. In seinem Buch „Hoffnungsland“, erschienen 2017, schreibt er von einer Zeitenwende, in der wir uns befinden. Seit Corona das Leben bestimmt, haben die Veränderungen an Fahrt aufgenommen. Das gibt Olaf Scholz‘ Überzeugung neuen Schwung. „Zukunft ist ein Gestaltungsauftrag. Es sind die entscheidenden 20er Jahre, die jetzt begonnen haben“, sagt der SPD Kanzlerkandidat. Auch deshalb setzt er als Finanzminister alles daran, um „mit Wumms“ aus der Krise zu kommen.

„Man muss mit dem Herzen dabei sein“, so hat es Olaf Scholz im Interview mit Ulrich Wickert formuliert. Ohne Eitelkeit, aber mit Leidenschaft, mit Hingabe und mit Verantwortungsgefühl. Inzwischen wohnt der Hamburger mit seiner Frau, Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst, in Potsdam. Dort kandidiert er 2021 für den Bundestag. Die Kompetenz, das Durchhaltevermögen und den Optimismus für Kanzler hat er.

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Susanne Dohrn

ist freie Autorin und ehemalige Chefredakteurin des vorwärts.

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