Wie die SPD-Bundestagskandidaten abgeschnitten haben
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Harte Arbeit gewohnt
Claudia Moll ist alles andere als eine Berufspolitikerin. Seit 27 Jahren arbeitet sie als examinierte Altenpflegerin. Ein Knochenjob, der auch der Grund war, warum sie als Bundestagskandidatin im Wahlkreis Aachen II angetreten ist. Ihrem Gegner von der CDU – einem Anwalt – sei sie rhetorisch zwar unterlegen, sagte sie vor der Wahl, doch Angst habe sie nicht vor ihm. Offenbar kommt ihre direkte Art an. Mit 36,9 Prozent erhielt die 48-Jährige die meisten Erststimmen und damit das Direktmandat. Ihr Konkurrent liegt nur 0,4 Prozent dahinter. Im Bundestag möchte sie sich für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in der Pflege sowie mehr Geld für das Gesundheitssystem einsetzen.
Für die Interessen junger Erwachsener
Für einen anderen Quereinsteiger hat es hingegen nicht gereicht. In Brandenburg war Franz H. Berger im Wahlkreis Frankfurt (Oder) und Landkreis Oder-Spree angetreten. Mit 17,1 Prozent der Stimmen gelangte er auf den dritten Rang, hinter den Kandidaten von CDU und AfD. Mit seiner direkten Art wollte Berger bei den Menschen punkten. Vor allem aber wollte er der „geilen und tollen Gegend“ im Osten Brandenburgs, die so oft im Schatten Berlins liegt, mehr Geltung verschaffen. Mit dem Mandat für den Bundestag hat es zwar nicht geklappt. Langweilig dürfte es Berger trotzdem nicht werden. Mit dem Meteorologischen Observatorium in Lindenberg leitet er eine Forschungseinrichtung von Weltruf.
Die Aufsteigerin
Sie ist jung, motiviert und gewohnt zu kämpfen. Natalie Pawlik kam erst 1999 aus Sibirien nach Deutschland. Die Eingewöhnung war nicht einfach, doch sie biss sich durch. Seitdem geht es für die heute 24-Jährige aufwärts. Für die SPD sitzt sie im Kreistag des Wetteraukreises sowie im Stadtparlament von Bad Nauheim. Trotzdem muss sich die Soziologie-Studentin immer wieder Spott gefallen lassen – „zu jung, zu nett, zu blond“. Das lässt sie jedoch nicht gelten, vielmehr setzt sie sich aktiv für die Interessen ihrer Generation ein. Bei der Bundestagswahl erhielt sie im Wahlkreis Wetterau 29 Prozent der Stimmen und landete damit auf Platz 2 hinter der CDU – ein Achtungserfolg für die Aufsteigerin.
Für Chancengleichheit
Den Sprung von der Kommunalpolitik in die Bundespolitik hat Josephine Ortleb geschafft. Mit 32,1 Prozent sicherte sich die 30-Jährige im Wahlkreis Saarbrücken das Bundestagsmandat. Über ihre Erfahrungen im Wahlkampf hatte die 30-Jährige auch immer wieder auf vorwärts.de gebloggt. Seit 2014 ist die gelernte Gastgewerbe-Fachwirtin im Stadtparlament. Wichtige politische Anliegen sind für sie Chancengleichheit sowie ein gesellschaftliches Miteinander. Im Jahr 2015 wurde sie mit dem Helene-Weber-Preis ausgezeichnet – ein Preis für Kommunalpolitiker, die sich um die Chancengleichheit von Frauen und Männern verdient gemacht haben.
Schwieriges Terrain
Noch nie seit der Wiedervereinigung hat ein SPD-Kandidat in Vorpommern ein Bundestagsdirektmandat erringen können. Das „rote Wunder“ blieb auch Heiko Miraß verwehrt. Im Wahlkreis Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II stimmten 13,9 Prozent der Wähler für ihn. Davor lagen die Konkurrenten von CDU, AfD und Linkspartei. Vor der Wahl hatte sich der Leiter der Arbeitsagentur in Greifwald durchaus Chancen ausgerechnet. „Wenn ich glauben würde, dass ich keine Chance hätte, würde ich das nicht machen“, sagte der 50-Jährige damals. Im Wahlkampf erhielt Miraß außerdem prominente Unterstützung vom früheren Ministerpräsidenten Erwin Sellering. Jetzt ist klar: Für die SPD bleibt Vorpommern schwieriges Terrain.
Politik aus Leidenschaft
Seit dem Alter von 14 Jahren ist Robert von Olberg politisch aktiv. Inzwischen gehört der Münsteraner SPD-Vorsitzende dem Stadtparlament an. Dabei setzt er sich für Chancengleichheit, gesellschaftlichen Zusammenhalt sowie eine bessere Bildungspolitik ein. Letzteres kommt nicht von ungefähr: Er arbeitet als Referent der Landesrektorenkonferenz der Fachhochschulen NRW. Dank seines Blogs, in dem er über politische Themen schreibt, ist er vorwärts-Lesern bekannt Mit seiner erstmaligen Kandidatur für den Bundestag wagte Robert von Olberg den Karriereschritt. Im Wahlkreis Münster musste er sich allerdings der CDU-Kandidatin geschlagen geben und schaffte es mit 28,9 Prozent auf Rang 2.