Wie die SPD 2016 für Gleichberechtigung kämpfen will
Die Ereignisse der Silvester-Nacht haben in Deutschland eine Diskussion ausgelöst, vor allem über die Rechte von Frauen und deren Schutz. Die SPD hat nicht lange gezögert, der Parteivorstand in seinem aktuellen Klausur-Beschluss 2016 prompt zum „Jahr für die Frauen“ erklärt. Aber was genau soll das heißen? Generalsekretärin Katarina Barley erklärte es auf der Tagung „Strategien progressiver Geschlechter- und Familienpolitik“ der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in Berlin.
Sechs Punkte für mehr Geschlechtergerechtigkeit
Es wurde klar: Auch wenn der SPD-Parteivorstand in seinem Klausur-Beschluss schreibt: „Wir leben in einer modernen und weltoffenen Gesellschaft. Eine wesentliche Grundlage dafür ist die Gleichberechtigung von Männern und Frauen (...)“, dann ist das eher Wunschdenken als Tatsache. Denn Barley beschrieb ausführlich die immer noch bestehenden Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen: Es gebe, so Barley, unter anderem immer noch eine „starre Aufteilung der Rollen“, Frauen würden durchschnittlich weniger verdienen als Männer und seien dadurch später bei der Rente benachteiligt. „In vielen Bereichen sind wir noch eine konservativ geprägte Gesellschaft“, sagte Barley. Es gebe noch sehr viel zu tun und genau deshalb habe die SPD 2016 zum „Jahr der Frauen“ gemacht: „Natürlich auch wegen Köln. Plötzlich reden alle über Frauen.“ Genau wie Familienministerin Manuela Schwesig unterstützt Katarina Barley die Aktion #ausnahmslos, die ein Bündnis zahlreicher Feministinnen ins Leben gerufen hat.
Zusammen haben Barley und Schwesig eine „To Do-Liste“ erarbeitet, die auch im Klausur-Beschluss festgehalten ist. Sechs Punkte stehen darauf, mit denen die SPD die Geschlechtergerechtigkeit voranbringen will. Diese lauten:
- Gerechtigkeit in der Arbeitswelt schaffen: Insbesondere die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen, der sogenannte „Gender Pay Gap“, soll geschlossen, soziale Berufe aufgewertet werden.
- Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern: Schwesig hat hier bereits das Konzept „Familienarbeitszeit“ vorgelegt, welches mehr Zeit für die Familie und Flexibilität ermöglichen soll.
- Frauen in Beruf und Wirtschaft stärken: Existenzgründerinnen sollen gefördert, geflüchtete Frauen besser in die Arbeitswelt integriert werden
- Frauen vor Gewalt schützen: Schon vor den Übergriffen in Köln hat Justizminister Heiko Maas sich daran gemacht, das Sexualstrafrecht zu verschärfen, denn es gibt in Deutschland sexuelle Übergriffe, die nach der aktuellen Rechtslage nicht bestraft werden können.
- Respekt im Alltag verschaffen, Geschlechterbild modernisieren: Hier möchte die SPD u.a. sexistische Werbung verbieten und Kinder schon in der Schule mit modernen Rollenbildern vertraut machen.
- Frauenrechte international stärken: Zu den wichtigsten Punkten gehören hier die Neuauflage der EU-Gleichstellungsstrategie (die Ende 2015 ausgelaufen ist und bisher nicht erneuert wurde) und ein frauenpolitischer Fokus in der Außenpolitik.
Auf der Suche nach den verlorenen Wählerinnen
Obwohl die Klausur-Beschlüsse und die politische „To Do-Liste“ als Reaktionen auf die Ereignisse in Köln gesehen werden können, spielt darüber hinaus noch ein anderer Faktor eine Rolle: Die SPD will Frauen als Wählerinnen gewinnen. Katarina Barley gab sich auf der FES-Tagung durchaus selbstkritisch: „Es kann sein, dass wir mit unserer Politik ein Frauenbild vorgeben, das Frauen unter Druck setzt.“ Man müsse aufpassen, so Barley, dass man Frauen nicht den Eindruck vermittle, sie müssten alles „problemlos wuppen: Kinder betreuen, arbeiten, Eltern pflegen, daneben am besten auch noch politisch aktiv und ehrenamtlich engagiert.“ Es dürfe nicht darum gehen, „wie man noch mehr möglichst effizient in den eigenen Alltag einbaut.“ Mit anderen Worten: Die SPD will keine Überfrauen erschaffen, sondern ganz normale Frauen erreichen. Das klappt allerdings nicht so gut, nur 25 Prozent der Frauen wählten bei der letzten Bundestagswahl SPD.
Katarina Barley fragte sich, ob das nicht vielleicht an der Politik-Sprache läge, denn diese sei „so was von abtörnend.“ Schon möglich – andererseits schaffte die Union es bei der letzten Wahl, 44 Prozent der Wählerinnen für sich zu gewinnen. Trotz offensichtlicher Politiker-Sprache. Klar ist: Die SPD hat ein ambitioniertes gleichstellungspolitisches Programm und viele von der Großen Koalition verabschiedeten Maßnahmen und Gesetze nutzen Frauen, zum Beispiel der Mindestlohn oder das Elterngeld Plus. Das müssen jetzt nur noch die potenziellen Wählerinnen begreifen.