Was SPD-Neumitglieder von Martin Schulz erwarten
Gurbet Colpan kennt Martin Schulz schon ganz gut – und das, obwohl sie erst Anfang Januar in die SPD eintreten ist. „Vor ein paar Wochen war Martin Schulz in Walsrode“, erzählt Colpan. Ihr Heimatort Schwarmstedt ist nur wenige Kilometer entfernt. „In seiner Rede hat Martin Schulz dem Rechtspopulismus deutlich den Kampf angesagt“, erinnert sich Gurbet Colpan.
Der 28-Jährigen hat das gefallen, war der Kampf gegen Rechts auch der ausschlaggebende Grund, der SPD beizutreten. „Ich wollte zu denen gehören, die sich gegen diesen weltweiten Trend stellen.“ An der SPD fasziniert Colpan deshalb auch ihre bewegte Geschichte, der Widerstand gegen das Ermächtigungsgesetz der Nazis etwa. Aber auch den Umgang in der Partei schätzt sie. Zum Bundesparteitag ist sie mit ihrer Cousine gereist. Diese ist schon länger SPD-Mitglied. „Wir sind sehr warmherzig aufgenommen worden“, erzählt Gurbet Colpan. „Hier werden alle gleichbehandelt.“
Von Martin Schulz erhofft sich die junge Frau, dass er „in die Tat umsetzt, was er sagt“. Dazu müsse er nach der Bundestagswahl auch mit anderen Parteien zusammenarbeiten. „Martin Schulz traue ich zu, gut zu vermitteln, damit sich das Land nicht weiter spaltet.“
Auch wenn es eher Zufall war, pünktlich zum 9. November trat Christoph Siebold in die SPD ein. Den ausgefüllten Mitgliedsantrag hatte er zwar schon einige Tage eher abgegeben, in seinem Parteibuch jedoch steht exakt jener Tag, an dem Donald Trump die Präsidentschaftswahlen in den USA für sich entschied. „Mir war es einfach wichtig, mich politisch zu engagieren“, erklärt der 16-Jährige aus Celle. Nach der Wahl Trumps galt das erst recht.
Die Entscheidung für die SPD hatte er lange abgewägt. Vier verschiedene Parteiprogramme hatte Siebold studiert, ehe ein Juso-Treffen in seiner Heimatstadt den Ausschlag gab. Der Aufstieg der AfD ist eines der Themen, weshalb sich der Niedersache für das parteipolitische Engagement entschied.
Kein Wunder, dass er sich durch die Wahl von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten in seiner Entscheidung bestätigt fühlt. Dessen Fokussierung auf das Thema soziale Gerechtigkeit kommt bei Siebold gut an. „Ich finde es wichtig, dass arme Menschen mehr Geld bekommen“, erklärt er. Angesichts der Aufbruchstimmung in der Partei traut er der SPD zu, im September als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorzugehen. Von einem Wahlergebnis jenseits der 50 Prozent, wie es sein Bruder für realistisch hält, will Siebold bislang aber nichts wissen – aller Euphorie zum Trotz.
Pina Lindemann zählt zu jenen mehr als 13.000 Menschen, die nach der Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten der SPD in die Partei eintraten. Wegen dessen klarer Linie in der Europa-Politik hatte sie schon länger mit dem Gedanken gespielt, verrät die 22-Jährige. Daran, dass die Chancen der SPD für die Bundestagswahl im September durch die Kandidatur von Schulz gestiegen sind, hat Lindemann keinen Zweifel. „Martin Schulz ist momentan der Einzige, der den Kurs der Partei ganz frisch und unverbraucht vertreten kann“, erklärt die Hamburgerin. Für den Verzicht von Sigmar Gabriel auf die Kandidatur und das Amt des Parteivorsitzenden gebühre ihm großer Respekt, so Lindemann weiter.
Fabian Blank verbindet seinen Eintritt in die SPD mit einem klaren Ziel: „Die AfD unter fünf Prozent bringen, das muss uns gelingen.“ So antwortet der 22-Jährige aus Hamburg auf die Frage, warum er Anfang des Jahres den Weg zu den Sozialdemokraten suchte. Deren Spitzenkandidat Martin Schulz sei eine „europäische Persönlichkeit, die die Werte Europas lebt und vertritt“. Grundsätzlich gehe ihm „die ganze neue Rechte gehörig auf den Keks“, erklärt Blank weiter und ist sich sicher, die SPD „hat die Antwort darauf“.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.