Parteileben

Warum die Berliner SPD nicht am Ort ihrer Wiedergründung feiern darf

Vor 70 Jahren wurden die Berliner SPD nach dem Zweiten Weltkrieg wiedergegründet. Daran möchte sie mit einem Festakt erinnern. Der Zugang zum historischen Ort wird ihr jedoch verwehrt.
von Kai Doering · 3. Februar 2016
Gedenktafel Zehlendorf
Gedenktafel Zehlendorf

Die Zinnowwald-Schule im Berliner Stadtteil Zehlendorf ist zurecht Stolz auf ihre Geschichte. Zwischen 1929 und 1932 wurde das Gebäude errichtet. Inzwischen steht es mit seinen Schmuckfliesen und Ornamenten unter Denkmalschutz und wurde sogar im vergangenen Juni von der unteren Denkmalschutzbehörde des Bezirks zum „Denkmal des Monats“ gekürt.

Für die Berliner SPD ist die Zinnowwald-Schule ein besonderer Ort: In der Aula wurde die Partei nach dem Zweiten Weltkrieg wiedergegründet. Das war am 7. April 1946. Die Mitglieder hatten sich zuvor in einer Urabstimmung der Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED widersetzt. Eine Bronzetafel an der Mauer der Schule erinnert daran, dass hier „grundlegende Voraussetzungen für eine weitere demokratische Entwicklung in unserer Stadt geschaffen“ wurden. 70 Jahre ist das her.

SPD kritisiert Geschichtsvergessenheit des Bezirksamts

„Überrascht und tief getroffen“ zeigten sich deshalb Ulrike Wöhning und Ruppert Stüwe als sie von der Entscheidung des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf erfuhren, dass eine Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Gründung nicht in der historischen Aula stattfinden dürfe. Stüwe ist Vorsitzender der SPD im Bezirk, Wöhning steht der Abteilung „Krumme Lanke“ vor, in deren Gebiet die Zinnowwald-Schule liegt.

Das Bezirksamt verweist auf das Berliner Schulgesetz, das die Schule als „politisch neutralen Raum“ festlegt. Die Schulen des Bezirks stellten deshalb grundsätzlich keine Räumlichkeiten für politische Veranstaltungen zur Verfügung. Ulrike Wöhning und Ruppert Stüwe lassen das nicht gelten. „Die Erinnerung an diesen Teil der Berliner Geschichte zu untersagen, ist geschichtsvergessen“, schrieben sie in einem Brief an Bezirksbürgermeister Norbert Kopp von der CDU.

Vor zehn Jahren war alles kein Problem

Der hat den Vorgang mittlerweile an die zuständige Schulstadträtin weitergeben. Eine Antwort von ihr steht noch aus. Auch das offizielle Widerspruchsverfahren beim Schulamt ist noch zu keinem Ergebnis gekommen. Was die Steglitzer Genossen wundert: Die 60-Jahr-Feier der Wiedergründung durfte in der Aula stattfinden.

„Die Mitglieder der SPD in Berlin haben sicht unter großem persönlichem Einsatz für Freiheit und Demokratie engagiert“, erinnern Stüwe und Wöhning deshalb auch in ihrem Schreiben und fordern: „Auch ein von CDU und Grünen geführtes Bezirksamt sollte diesen Einsatz anerkennen und würdigen.“ Und SPD-Landeschef Jan Stöß legt nach: „Dass CDU und Grüne den Einsatz der Berliner SPD für Demokratie und Freiheit nicht würdigen wollen, ist ein Skandal. Der Einsatz für Freiheit und eine wehrhafte Demokratie muss gerade an der Schule möglich sein.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare