Wahlprogramm: Wie die SPD-Basis die Digitalisierung gestalten will
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Die Konferenz ist schon eine ganze Weile im Gange, als es aus Saskia Esken herausbricht. „Ihr stellt so viele gute Fragen, dass ich aufpassen muss, nicht jedes Mal ein Referat zu halten“, sagt die SPD-Vorsitzende. Knapp 300 Genoss*innen haben sich am Dienstagabend zur digitalen Konferenz zum Thema „Digitaler und gesellschaftlicher Fortschritt“ zusammengefunden. Sie ist Teil des Prozesses, mit dem die SPD ihr Programm für die Bundestagswahl im kommenden Jahr erarbeitet.
Die SPD-Führung ist beeindruckt
Nachdem seit Anfang Oktober rund 4500 Genoss*innen in einer digitalen Programmwerkstatt in sechs „Clustern“ Vorschläge zu unterschiedlichen Themen gemacht haben, werden diese nun in dieser und der kommenden Woche bei digitalen Konferenzen diskutiert. Die Veranstaltung zum digitalen und gesellschaftlichen Fortschritt ist bereits die dritte.
„Wir ermöglichen Teilhabe für alle und beziehen die Mitglieder sehr früh in die Entstehung des Wahlprogramms ein“, erklärt Saskia Esken zu Beginn den Ansatz. Sie und die anderen Mitglieder der Parteiführung seien sehr beeindruckt von der bisherigen Beteiligung der Mitglieder. Und auch, was nicht bei den Digitalkonferenzen besprochen werde, gehe nicht verloren, sondern werde im Willy-Brandt-Haus ausgewertet, verspricht die Parteivorsitzende.
Von der Digitalisierung der Schulen bis zur Energiewende
Dann geht es los. Immer drei Teilnehmer*innen können ihre Fragen stellen, die auf einer digitalen Pinnwand für alle sichtbar dokumentiert werden. Danach antwortet Saskia Esken. Frank startet gleich mit etwas Grundsätzlichem und kritisiert den „Wildwuchs“ an digitalen Tools, die innerhalb der SPD genutzt würden. Plattformen wie „Zoom“ und „Telegram“ bescheinigt er zudem ein dickes Datenschutzproblem. „Die SPD hat das digitale Analphabetentum noch nicht hinter sich gebracht“, sagt Frank.
Susanne dagegen geht es um die Frage, wie Schulen auf das technisch notwendige Niveau gebracht werden können, um digitalen Unterricht anbieten zu können. Nils will wissen, was aus den Menschen wird, deren Arbeitsplätze durch die Digitalisierung wegfallen. Und Inge treibt die Frage um, wie die Digitalisierung der Energiewende zum Durchbruch verhelfen kann.
Urheberrecht, Open Source und Datenteilungspflicht
Saskia Esken hört zu, macht sich Notizen und antwortet – bemüht darum, „nicht jedes Mal ein Referat zu halten“ – fundiert. „Zoom“ und „Telegram“? Damit hat sie auch so ihre Probleme. Es gebe deutlich bessere Programme, bei denen der Datenschutz gewährleistet werde. Der Wegfall von Arbeitsplätzen in der Digitalisierung? Dafür hat die SPD das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ auf den Weg gebracht, das Menschen weiter qualifizieren soll, um auf der Höhe zu Zeit zu bleiben. Und die Energiewende? Die sei zwar nicht ihr „Fachgebiet“ wie Esken zugibt, aber klar sei, dass hier mehr getan werden müsse, „aber dafür sind wir nicht mit dem richtigen Koalitionspartner verbandelt“.
Ansonsten geht es in den eineinhalb Stunden um Themen wie das Urheberrecht, die Nutzung von Open-Source-Software in öffentlichen Einrichtungen oder die Datenteilungspflicht, die die SPD vor einiger Zeit vorgeschlagen hatte und mit der die Marktmacht großer Digitalunternehmen wie Google oder Facebook gebrochen werden soll. Laut Saskia Esken soll diese nun auch Eingang ins Wahlprogramm finden. „Marktmacht entsteht durch Datenmacht und die wollen wir brechen“, sagt die SPD-Vorsitzende dazu.
Die Diskussion geht weiter
Nach 90 Minuten sind 30 digitale Post-its gefüllt und viele Ideen fürs Wahlprogramm gesammelt. „Ich habe aus euren Fragen eine Menge mitgenommen“, sagt Saskia Esken. Weiter diskutiert wird dann beim digitalen Debattencamp am 12. Dezember. Vorher stehen aber noch drei weitere Digitalkonferenzen zur Programmwerkstatt auf dem Programm: die nächste am Donnerstag mit Kevin Kühnert zur Frage „Daseinsvorsorge und lebenswerter Alltag“.
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Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.