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Wahlkreise: CDU-Prominenz mit Niederlagen, SPD-Neulinge siegreich

Die Bundestagswahl 2021 ist für die SPD insgesamt ein Erfolg – auch mit Blick auf viele einzelne Wahlkreise. Das zeigt sich auch bei den Wahlergebnissen prominenter SPD-Politiker*innen – oder den Niederlagen der prominenten Konkurrenz der Union.
von Benedikt Dittrich · 27. September 2021
Zahlreiche SPD-Spitzenpolitiker*innen gewannen ihre Wahlkreise am Sonntag direkt.
Zahlreiche SPD-Spitzenpolitiker*innen gewannen ihre Wahlkreise am Sonntag direkt.

In der Pandemie avancierte Karl Lauterbach zu einem der prominentesten Köpfe der SPD-Bundestagsfraktion, er kandidierte erneut im Wahlkreis „Leverkusen-Köln IV“ für den Bundestag. Dabei hatte er dieses Mal überaus prominente CDU-Konkurrenz: Serap Güler, Laschet-Vertraute und Staatssekretärin für Integration in NRW, kämpfte im Wahlkreis 101 gegen den SPD-Gesundheitsexperten.

Was zunächst nach einem knappen Rennen klang, fiel am Ende sehr deutlich aus: Lauterbach holte über 45 Prozent der Stimmen, Güler landete mit 20 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Beide bedankten sich anschließend gegenseitig für einen fairen Wahlkampf. Lauterbach sieht in seinem Wahlsieg außerdem ein Votum für die Coronapolitik, die er in den vergangenen Monaten mit vertreten hatte. Er wurde zum fünften Mal direkt in den Bundestag gewählt.

Wahlkreis-Nachbar Rolf Mützenich konnte ebenfalls sein Direktmandat verteidigen: Im Wahlkreis „Köln III“ kam der SPD-Fraktionsvorsitzende auf 29,9 Prozent vor seiner Konkurrentin Katharina Dröge von den Grünen, die es auf 28,3 Prozent schaffte. Mützenich vertritt seit 19 Jahren seinen Wahlkreis im Bundestag.

Heiko Maas, der bisherige Bundesaußenminister, hat sich auch in diesem Jahr wieder in seiner Heimat Saarlouis zur Wahl gestellt. Gegen Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) war er schon 2017 angetreten – damals unterlag der Sozialdemokrat noch. Das Ergebnis hat sich nun gedreht: Am Sonntagabend verpasste Altmaier deutlich das Direktmandat (28 Prozent), Maas gewann den Wahlkreis mit über 8 Prozentpunkten Vorsprung und kommt nach vorläufigem Endergebnis auf 36,7 Prozent der Stimmen. Damit reiht er sich in ein gutes Ergebnis der Saar-SPD ein: Der Landesverband holte alle vier Wahlkreise in dem Bundesland direkt. Maas' Dank galt auf Twitter neben dem Vertrauen der Wähler*innen auch seinem Konkurrenten für einen fairen Wahlkampf.

Kühnert und Müller gewinnen knapp, Heil und Klingbeil brillieren

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kann sich in Niedersachsen über eines der besten Wahlergebnisse seiner Partei freuen: Im Wahlkreis „Rotenburg I – Heidekreis“ holt er mit über 47 Prozent der Stimmen erneut das Direktmandat – vor Carsten Büttinghaus (CDU, 26 Prozent). Ähnlich gut schnitt auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ab: mit 43,7 Prozent lag der Niedersachse in seinem Wahlkreis Gifhorn-Peine uneinholbar vorne und schnitt noch besser als 2017 ab. CDU-Konkurrentin Ingrid Pahlmann kam nur auf 24,4 Prozent.

Von solchen Ergebnissen können zwar Kevin Kühnert und Michael Müller nur träumen – aber auch den Berliner Sozialdemokraten gelingt der direkte Einzug in den Bundestag. Ex-Juso-Chef Kühnert schaffte die Premiere mit 27,1 Prozent in Tempelhof-Schöneberg gegen Renate Künast (Grüne, 25,1 Prozent), Berlins scheidender Regierender Bürgermeister Müller siegte in Charlottenburg-Wilmersdorf gegen Klaus-Dieter Gröhler (CDU), 279, zu 22,3 Prozent.

CDU-Minister*innen ohne Amtsbonus

Für die Bundesminister*innen der Union sah es indes weniger gut aus: CDU-Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner kandidierte erstmals seit 2009 wieder als Direktkandidatin in Bad Kreuznach – und unterlag deutlich gegen Joe Weingarten von der SPD. Die beiden Rheinland-Pfälzer*innen trennen insgesamt vier Prozentpunkte.

Ähnlich erging es auch Annegret Kramp-Karrenbauer. Der Amtsbonus als Verteidigungsministerin und frühere Ministerpräsidentin in Saarbrücken verhalf ihr nicht zu einem Direktmandat: Sie unterlag im Wahlkreis Saarbrücken mit 25,1 Prozent gegen Josephine Ortleb (SPD, 36,9 Prozent) deutlich. Auch Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) hat sein Direktmandat verloren und musste sich SPD-Herausforderer Felix Döring im Wahlkreis Gießen geschlagen geben – die beiden trennten allerdings nur 0,8 Prozent bei der Erststimme.

Allerdings musste auch eine SPD-Bundesministerin zurückstecken – in dem Fall aber gegenüber einer grünen Konkurrentin: Svenja Schulze verpasste in ihrem Wahlkreis Münster den direkten Einzug in den Bundestag, zieht aber über die Landesliste NRW ein. Ihr fehlten am Ende gegen Marie Klein-Schmeink rund acht Prozent. Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken konnte in ihrer Heimat Calw ebenfalls kein Direktmandat erringen, mit 17,2 Prozent landete sie auf Platz zwei, musste sich dem CDU-Kandidaten Klaus Mack (33,8 Prozent) deutlich geschlagen geben. Calw in Baden-Württemberg gilt als konservative Hochburg, Esken zieht als Spitzenkandidatin in dem Bundesland erneut über die Liste in den Bundestag ein.

Scholz siegt in Potsdam, Merkel-Wahlkreis wird rot

Eine weitere Besonderheit bei dieser Bundestagswahl war außerdem, dass erstmals zwei Kanzlerkandidat*innen direkt in einem Wahlkreis gegeneinander antraten: Olaf Scholz gegen Annalena Baerbock im Wahlkreis Potsdam, Potsdam-Mittelmark II und Teltow-Fläming II. Bei dem Duell ging Scholz als klarer Sieger vom Platz, mit einem ebenfalls deutlichen Ergebnis: 34 Prozent zu 18,8.

Und die Wahlheimat von Angela Merkel? „Vorpommern-Rügen – Vorpommern-Greifswald I“ geht zum ersten Mal seit 30 Jahren an die SPD. Die 27-Jährige Anna Kassautzki schafft den Einzug in den Bundestag per Direktmandat – mit 24,3 Prozent vor Georg Günther von der CDU (20,4 Prozent).

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