Wahl in Frankfurt: So will die SPD den Römer zurückerobern
Am Sonntag wird in Frankfurt gewählt. Mit welcher Stimmung gehen Sie in den Endspurt?
Ich gehe mit einer sehr positiven Stimmung in die Zeit bis zum 6. März. Das liegt zum einen daran, dass wir eine sehr gute Kampagne aufgelegt haben und die Themen, die die SPD formuliert hat, bei den Menschen in Frankfurt ankommen. Zum anderen haben wir es in den vergangenen drei Jahren geschafft, uns ein glaubwürdiges Profil zu erarbeiten. Deshalb ist die Resonanz der Menschen in der Stadt sehr gut. Und das hat auch wieder Auswirkungen auf die Stimmung innerhalb der SPD. Es macht uns allen, vom normalen Mitglied bis hin zum Oberbürgermeister, Spaß, auf die Straße zu gehen und für die SPD zu werben.
Bei der letzten Kommunalwahl 2011 ist die SPD hinter CDU und Grünen nur auf Platz drei gelandet. Jüngste Umfragen sagen für den 6. März einen Sieg Ihrer Partei voraus. Was ist der Grund für die neue Stärke?
Umfragen sollte man nicht überbewerten. Über den Ausgang einer Wahl entscheiden am Ende viele Faktoren. Für uns wird vor allem wichtig sein, dass die Menschen überhaupt von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Aber es stimmt schon: Die SPD ist in Frankfurt wieder im Aufwind. Das ist ein Verdienst unserer guten Arbeit der letzten drei bis vier Jahre, also seit der Wahl von Peter Feldmann zum Oberbürgermeister 2012. Wir haben uns ein klares Profil erarbeitet und auch personell einiges umgestellt. Junge Menschen sind in Verantwortung gekommen. Für diese Wahl haben wir zum ersten Mal eine Liste aufgestellt, die mit ebenso vielen Frauen wie Männer besetzt ist. Jeder vierte hat einen Migrationshintergrund. Auf unserer Liste sind ganz unterschiedliche Berufe abgebildet. Mir war wichtig, dass wir mit unseren Kandidaten das abbilden, was Frankfurt ausmacht. Die Umfrage, die Sie zitieren, ist deshalb ein Ausdruck unserer kontinuierlichen Arbeit und wir werden sie hoffentlich in ein gutes Wahlergebnis am 6. März übersetzen können.
In Parteien herrscht ja oft die Logik vor, dass man sich die Kandidatur für ein Mandat erst durch Plakatekleben oder Funktionen im Ortsverein „verdienen“ muss. Wie haben Sie das aufgebrochen, um die frischen Köpfe auf die Liste zu setzen?
Ich habe als neuer Parteichef ganz offen die Frage gestellt: Wollen wir das Vertrauen der Menschen in Frankfurt wiedergewinnen? Es war klar, dass uns das nur gelingt, wenn wir geschlossen auftreten. Denn nur eine Partei, die eine Vorstellung vom Zusammenleben der Menschen hat und in der alle an einem Strang ziehen, kann erfolgreich sein. Darüber hinaus habe ich alle Entscheidungen, die ich getroffen habe, transparent gemacht und kommuniziert. Natürlich gab es auch Auseinandersetzungen, aber mir war ein klarer und erkennbarer Kurs wichtig. Nur so konnten wir wieder sichtbarer in der Öffentlichkeit werden. Ich bin der SPD sehr dankbar, dass sie mir bei meiner Wahl zum Vorsitzenden im vergangenen Jahr einen riesigen Vertrauensvorschuss mitgegeben hat und ich hoffe, dass ich ihm gerecht geworden bin und weiter werde.
Hauptthema im Wahlkampf ist die wachsende Stadt. 15.000 Menschen kommen pro Jahr neu nach Frankfurt. Wie will die SPD das Wachstum gestalten?
Den Wandel, den das Wachstum für Frankfurt bedeutet, zu gestalten, wird die entscheidende Aufgabe für die kommenden Jahre sein. Frankfurt hat im Moment knapp 720.000 Einwohner und die Prognose geht davon aus, dass die Stadt bis 2030 um 100.000 Einwohner wachsen wird. Wir müssen dafür sorgen, dass die Attraktivität Frankfurts nicht abnimmt und wir die angestammte Bevölkerung nicht verdrängen. Die Frage nach Wohnraum und steigender Mieten ist dabei ganz zentral. Wir müssen die Möglichkeit schaffen, dass neue Wohnungen gebaut werden und wir müssen Mietsteigerungen begrenzen. Wir brauchen auch ausreichend Schulplätze, aber auch sanierte und gut ausgestattete Schulen. Leider gibt es da in Frankfurt noch ziemlichen Nachholbedarf. Das sind alles Voraussetzungen für den Zusammenhalt unserer Stadt.
Steuererhöhungen sind ein unpopuläres Wahlkampfthema. Trotzdem schlagen Sie vor, die Gewerbesteuer anzuheben. Warum?
Steuererhöhungen sind kein Selbstzweck, sondern notwendiges Mittel zum Zweck, um Ausgaben zu finanzieren. Wir wollen ein Ganztagsangebot in unseren Grundschulen für alle Kinder bis 2020 ermöglichen. Wir wollen Schulen und Straßen sanieren. Und wir wollen das Kulturangebot erhalten bzw. sogar ausbauen. All das kostet Geld. Geld, das wir auch über eine moderate Erhöhung der Gewerbesteuer einnehmen wollen. Letztlich werden die Unternehmen davon sogar profitieren, denn eine gute Kinderbetreuung, bezahlbare Wohnungen, ein reiches kulturelles Angebot und ein guter öffentlicher Personennahverkehr sind wichtige Standortfaktoren, wenn es darum geht, Fachkräfte anzuwerben.
Schwarz-Grün regiert seit zehn Jahren in Frankfurt. Mit wem wollen Sie nach dem 6. März eine Koalition im Stadtrat bilden?
Mit Koalitionsaussagen sollte man generell vorsichtig sein. Bei der hessischen Landtagswahl 2013 hat der Spitzenkandidat der Grünen, Tarek Al-Wazir, Ministerpräsident Volker Bouffier im Wahlkampf als größten Rechtspopulisten bezeichnet. Und sechs Wochen später hat er mit ihm eine Koalition gebildet und ihn geduzt. Entscheidend für eine Koalition nach dem 6. März werden der Wählerwille sein und die Frage, in welcher Konstellation wir unsere Vorstellungen von einer modernen und gerechten Stadt am besten umsetzen können. Bis dahin kämpfen wir für das bestmögliche Ergebnis für die SPD.
Welche Bedeutung hätte das Ende von Schwarz-Grün in Frankfurt für Schwarz-Grün in Hessen?
Ein Ende von Schwarz-Grün in Frankfurt würde bis auf die Bundesebene ausstrahlen. Frankfurt setzt auch die Trends für die Landes- und Bundespolitik. Hier gab es 2006 die erste schwarz-grüne Koalition, die mit großem Tamtam begonnen hat. Inzwischen ist die Luft raus, es gibt keine verbindenden Elemente mehr außer der Tatsache, irgendwie an der Macht zu bleiben. Herausforderungen werden nicht mehr angegangen, sondern es wird nur noch verwaltet. Wir brauchen aber wieder Perspektiven und Ideen für unsere Stadt. Wenn es uns als SPD gelingt, am 6. März ein gutes Ergebnis einzufahren und mit Haltung und einem klaren Kurs Politik zu machen, wird das auch Auswirkungen auf Wiesbaden und auf Berlin haben.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.