Parteileben

Vorsitzende der SPD Sachsen: „Wir liefern da, wo CDU und AfD versagen“

Henning Homann und Katrin Michel sind neue Vorsitzende der SPD in Sachsen. Der Parteitag wählte sie mit 90 und 93 Prozent zur Doppelspitze. Im Interview sagen sie, wie sie die Partei neu aufstellen und den Schwung der Bundestagswahl nutzen wollen.
von Kai Doering · 8. Oktober 2021
Neue Vorsitzende der Sachsen-SPD Homann und Michel: Wir haben beide die Lust und die Energie, Dinge auf den Weg zu bringen.
Neue Vorsitzende der Sachsen-SPD Homann und Michel: Wir haben beide die Lust und die Energie, Dinge auf den Weg zu bringen.

Martin Dulig hat seinen Rückzug vom Parteivorsitz damit begründet, die SPD in Sachsen brauche neue Impulse. Welche wollen Sie der Partei geben?

Kathrin Michel: Die Impulse müssen in zwei Richtungen gehen: nach innen und nach außen. Nach innen wollen wir den Landesvorstand stärken, indem wir politische Entscheidungen stärker dort treffen. Darüber hinaus wollen wir in den ersten 200 Tagen alle Gliederungen der Partei in Sachsen persönlich besuchen. Wir wollen wissen, was die Mitglieder bewegt, was ihre Vorstellungen und Ideen für die Partei sind. Im Moment schweben wir ja nach der gewonnenen Bundestagswahl alle noch auf einer roten Wolke. Diese positive Energie wollen wir für die kommenden Wochen und Monate mitnehmen und das Potenzial der fast 5000 Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Sachsen optimal nutzen.

Henning Homann: Martin Dulig verdient Dank und Respekt für das, was er als Landesvorsitzender geleistet hat. Dass er den Parteivorsitz nun nach zwölf Jahren abgegeben hat, ist ein normaler Vorgang. Mit der Doppelspitze wagen wir nun etwas Neues. Kathrin und ich wollen das sozialdemokratische Profil schärfen und sind davon überzeugt, dass das zu zweit besser geht, auch weil man Arbeit teilen kann.

Wer hat wen überzeugt, gemeinsam für den Landesvorstand zu kandidieren?

Kathrin Michel: Das war ein Prozess. Wir arbeiten seit 2018 im Landesvorstand zusammen Dadurch ist gegenseitiges Vertrauen gewachsen. Wir haben viele Gemeinsamkeiten, aber auch viele Unterschiede. Trotzdem gibt es eine Grundharmonie. Irgendwann ist die Kandidatur dann fast ein Selbstläufer geworden. Wir haben beide die Lust und die Energie, Dinge auf den Weg zu bringen.

Bei der Landtagswahl 2019 hat die SPD in Sachsen nur 7,7 Prozent der Stimmen erhalten. Wie wollen Sie die Partei aus diesem Tief herausholen?

Henning Homann: Indem wir uns an der Bundestagswahl orientieren. Da wussten im Wahlkampf alle Mitglieder, worum es geht und haben es auf die Straße gebracht. Daran wollen wir anknüpfen, indem wir zum einen ein Team-Spiel organisieren und den Parteivorsitz von der Regierungsarbeit trennen. Martin Dulig und Petra Köpping machen eine gute Arbeit als Minister bzw. Ministerin. Dazu kommt Dirk Panter als profilierter Fraktionsvorsitzender. Wenn jeder in seinem Feld gute Arbeit leistet, wird das das Profil der SPD insgesamt schärfen. Darüber hinaus wollen wir die SPD zu einer Bündnis- und Netzwerk-Partei weiterentwickeln. Ansätze dazu gibt es bereits. In den letzten Jahren haben wir erfolgreich gemeinsam mit der Zivilgesellschaft Projekte umgesetzt, wie etwa den Einstieg in ein längeres gemeinsames Lernen. Diesen Weg wollen wir weitergehen und die Volkspartei der Zukunft aufbauen, um mehr progressive Politik durchzusetzen.

Bei der Bundestagswahl ist die SPD mit 19,3 Prozent deutlich zweistärkste Kraft in Sachsen geworden. Hat Sie das überrascht?

Henning Homann: Nein, nicht wirklich. Allen war wie gesagt klar, wofür sie kämpfen und alle waren hinter einem gemeinsamen Projekt vereint, nämlich Spätfolgen der Nachwendezeit wie niedrigere Löhne und Renten zu bekämpfen. Olaf Scholz mit seiner Forderung nach mehr Respekt viele Menschen berührt, weil  das in Sachsen eine besondere Rolle spielt– von einem Mindestlohn von zwölf Euro bis zum Respekt für Lebensleistung.

Kann das auch der richtige Ansatz sein, um die AfD weiter zurückzudrängen, die in Sachsen ja bei der Wahl auf Platz eins lag?

Kathrin Michel: Das ist sicher ein wichtiger Teil, ja. Gerade im Wahlkampf habe ich gemerkt, dass man im persönlichen Gespräch viele Menschen abholen kann, auch wenn sie der Politik im Allgemeinen und der SPD im Besonderen eher ablehnend gegenüberstehen. Auf die Menschen zuzugehen, lohnt sich. Bei der Bundestagswahl haben wir ja auch gesehen, dass die AfD massiv Wähler verloren hat, die ihr vorher aus Protest ihre Stimme gegeben haben. Wenn wir klare Ziele haben und die selbstbewusst vertreten, können wir auch Menschen überzeugen, zu uns zurückzukehren. Bei AfD-Stammwählern wird das leider nicht so leicht. Auch hier können aber Bündnisse mit anderen Demokraten – Stichwort Netzwerkpartei – helfen.

Henning Homann: Bei der Bundestagswahl hat die AfD in Sachsen zum ersten Mal Stimmen eingebüßt, vor allem, weil es die SPD geschafft hat, ihr zehn Prozent ihrer Wähler abzunehmen. Das ist ein riesen Erfolg nicht nur für uns, sondern für die Demokratie. Die SPD ist stabil geblieben und hat nicht wie die CDU rechts geblinkt. Und wir haben die wirklichen Sorgen der Menschen aufgegriffen. Wir liefern da, wo CDU und AfD versagen. Das nehmen wir uns auch für die Zukunft vor.

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Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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