Vom Nischenthema zum Debatten-Mittelpunkt
Die Themen Arbeit sowie Bildung und Familie bewegen die Genossen am stärksten, so eine Auswertung der ersten Dialogkarten und Beiträge auf der Kampagnenseite digitalleben.spd.de. Eine Million der analogen Mitmachkarten hat die SPD bereits in Umlauf gebracht und 700 Aktionspakete an die Unterbezirke verteilt. Die Aufmerksamkeit für die Kampagne ist beachtlich: 2,5 Millionen Besucher der Kampagne über Facebook und 400.000 Suchanfragen bei Google unter dem Stichwort #DigitalLEBEN seien registriert worden, berichtete die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Mittwoch im Willy-Brandt-Haus in Berlin. 1500 Vorschläge für die Ausgestaltung der digitalen Gesellschaft seien zudem bislang eingegangen.
Neben dem Dialog, den die Partei über die Karten und die Internetseite mit den Bürgerinnen und Bürgern über die Digitalisierung der Gesellschaft führen will, soll die Kampagne in einem SPD-Programm für die digitale Gesellschaft münden. Ein erster Entwurf soll am 6. März kommenden Jahres vorgelegt werden. In insgesamt sieben Themenblöcken beraten 74 Fachleute über die Inhalte eines solchen Programms. Anschließend soll der Entwurf als Grundlage der Debatte auf verschiedenen Veranstaltungen diskutiert werden. Einen entsprechenden Parteibeschluss des Programms strebt Fahimi auf dem Bundesparteitag im Dezember 2015 an.
Welche netzpolitischen Fragen gilt es zu klären?
"Ich freue mich, dass ein Thema, das vor fünf Jahren als Nischenthema galt, endlich in den Mittelpunkt der politischen Debatte gerückt wurde", so Lars Klingbeil, SPD-Bundestagsabgeordneter und Fraktionssprecher Digitale Agenda. Wichtig sei aber, mit der Kampagne auch wirklich alle anzusprechen: Der digitale Wandel könne nur dann gestaltet werden, "wenn wir auch wirklich alle mitnehmen", so der SPD-Parlamentarier weiter. Im Pressegespräch fasste Klingbeil die Themen zusammen, die er als besonders drängend sieht. Dazu zählen der Ausbau der Infrastruktur – "Wir müssen die digitale Spaltung zwischen Stadt und Land überwinden" – sowie der Bildungsbereich: "Wir brauchen in der Bildung einen radikalen Wandel, sonst geht uns bedeutendes Potenzial verloren", so Klingbeil. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung verdeutlichte er, dass es hier nicht darum gehe, ein "deutsches Google" einzuführen, sondern um die Stärkung der Industrie 4.0. Wie können wir die großen Unternehmen fit machen für das digitale Zeitalter? Einen weiteren Schwerpunkt sieht Klingbeil im politischen Bereich. Wie verändert die Digitalisierung den Staat? Und wie können Grundrechte im Netz gewahrt werden?
Um die Debatte möglichst breit führen zu können, hat die SPD zusammen mit der Professorin für Designforschung Gesche Joost verschiedene niedrigschwellige Angebote ausgewählt. So ist unter anderem geplant, auf den Veranstaltungen im kommenden Jahr anhand einer Weltkarte die globalen Verflechtungen des Arbeitsplatzes jedes Einzelnen aufzuzeigen. In Anspielung auf die Plakatreihe "SPD ist Currywurst" zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2012 plant das Team um Joost zudem die "Currywurst 2.0", ein Crowdsourcing-Projekt, das Currywurst-Rezepte sammeln will, um über ein "banales Thema" digitale Zusammenarbeit zu vermitteln. Neben solch spielerischen Elementen dienen die Gastbeiträge unter der Rubrik "100 Köpfe, 10 Fragen" sowie der "digitale Briefkasten" vor allem der Debattenförderung. Auf analogen Postkarten können mittels eines Scanners im dazugehörigen Briefkasten Anregungen digital auf der Webseite veröfffentlicht werden. Einer dieser Briefkästen befindet sich im Willy-Brandt-Haus in Berlin vor dem neuen Projektbüro "#DigitalLEBEN", ein zweiter geht nächstes Jahr auf Reisen, wenn die SPD digitale Themen bundesweit diskutiert.
Mehr Informationen zur Kampagne finden Sie hier.
ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.