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Viel Nachholbedarf bei Netzpolitik im Bundestag

von Siegmund Ehrmann · 14. Januar 2010
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Wir begrüßen die Pläne der Regierungskoalition, eine Enquete-Kommission zum Thema „Internet und digitale Gesellschaft“ einzusetzen.

Die Digitalisierung und das Internet verändern viele Lebensbereiche grundlegend. Zugleich gibt es sowohl im Parlament als auch in der gesamten politischen Debatte einen großen Nachholbedarf im Hinblick auf die Behandlung netzpolitischer Themen.

Nachdem die Union in den vergangenen Jahren vor allem immer weitergehende Überwachungsmaßnahmen und Einschränkungen der Freiheitsrechte gefordert hat, wäre es wünschenswert, wenn sie nun auch die Freiheit im Internet als Thema anerkennt. Insofern bleibt allerdings abzuwarten, ob und wie sie ein solches Bekenntnis bei den konkret anstehenden Themen auch tatsächlich umgesetzt wird. Zweifel sind erlaubt.

Noch im Dezember wollten Teile der Union nämlich die Wiedereinsetzung des bewährten Unterausschusses Neue Medien verhindern. In diesem Zusammenhang bleibt auch zu fragen, was aus der in der Koalitionsvereinbarung noch vollmundig angekündigten Vorlage einer neuen Internetstrategie wird - eine Konzeption ist bislang jedenfalls nicht erkennbar.

Hinter den Kulissen ist zu vernehmen, dass es sich nun bei der Einrichtung der Enquete-Kommission aus Sicht der Union vor allem um einen symbolischen Akt handelt, um die Internetcommunity zu beschwichtigen, die entscheidenden Fragen seien ohnehin nicht Gegenstand der Entscheidungsfindung in der Enquete-Kommission, sondern würden in den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages behandelt.

 

Die SPD-Bundestagsfraktion versteht Netzpolitik als einen grundlegenden und umfassenden Ansatz, der sich in den unterschiedlichen Politikfeldern widerspiegeln muss. Schließlich handelt es sich bei den meisten Fragestellungen um Querschnittsthemen mit unterschiedlichen Zuständigkeiten.

Hier hat sich der Unterausschuss Neue Medien in den vergangenen Legislaturperioden als verbindendes Element bewährt. Er sollte weiter aufgewertet werden und sich nach seiner Konstituierung unverzüglich mit den drängenden netzpolitischen Fragestellungen befassen.

Die Medienpolitiker der SPD-Fraktion werden in den kommenden Wochen ein eigenes netzpolitisches Arbeitsprogramm erarbeiten. Wir setzen dabei auf einen Dialog mit der Netzgemeinde und werden geeignete Instrumente finden, um die Arbeit in der Enquete-Kommission und im Unterausschuss transparent zu machen und mit dem Angebot zur politischen Partizipation zu verbinden. Wir brauchen einen umfassenden Ansatz von Netzpolitik, der nicht in Symbolen stecken bleibt und der gesellschaftlichen Dimension des Internets in vollem Umfang gerecht wird.

Wir müssen die Chancen des Internets schützen und entwickeln, ohne den Anspruch des Rechts in Frage zu stellen. Sinnvoll ist zudem, dass auch in den Ländern vergleichbare parlamentarische Gremien eingesetzt werden, die sich mit den Fragestellungen der digitalen Gesellschaft befassen. So hat beispielsweise das SPDregierte Land Rheinland-Pfalz bereits im Juni 2009 eine Enquete-Kommission des rheinland-pfälzischen Landtags mit dem Titel "Verantwortung in der medialen Welt" eingesetzt, die sich mit der gegenwärtigen Medienkultur beschäftigt und daraus Handlungsempfehlungen für einen verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Umgang mit den neuen Medien erarbeiten soll.

 

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Siegmund Ehrmann

ist Sprecher der Arbeitsgruppe Kultur und Medien sowie Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften.

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