Parteileben

Videokonferenzen und Anrufe: Wie die SPD mit Corona umgeht

Die Corona-Pandemie legt auch das Parteileben der SPD weitgehend lahm. Sie reagiert darauf mit kreativen Ideen und setzt auf die Digitalisierung. Der vorwärts-Ticker
von Die Redaktion · 18. März 2020
Bitte Abstand halten: Zahlreiche Veranstaltungen der SPD werden wegen der Corona-Pandemie abesagt oder verschoben.
Bitte Abstand halten: Zahlreiche Veranstaltungen der SPD werden wegen der Corona-Pandemie abesagt oder verschoben.

Donnerstag, 26. März

Inzwischen ist die SPD in ihrer Parteiarbeit im großen Stil auf Video- und Telefokonferenzen umgestiegen. Sowohl Ortsvereine treffen sich über das Internet als auch gewählte Abgeordnete. Weil die Fragen der Bürger*innen zahlreich sind, bieten Abgeordnete wie Dirk Wiese aus dem Sauerland Sprechstunden auch telefonisch und per E-Mail an. Die Parteiführung hat sich im Homeoffice eingerichtet.

Freitag, 20. März

Nachdem schon vorige Woche die ersten Juso-Grupppen Nachbarschaftshilfen auf den Weg gebracht haben, gibt es inzwischen erste Rückmeldungen, beispielsweise aus dem Saarland: Nach Angaben der Saar-SPD gibt es bereits eine große Resonanz. Landesvorsitzende Kira Braun sprach von mehr als 1000 Menschen, die sich engagieren wollen und beispielsweise Einkäufe für ältere Menschen erledigen.

Die Nachbarschaftshilfe wurde zunächst online über soziale Medien und zentrale Internetseiten gestartet. Im Kurt Schumacher Haus der SPD Berlin wird derweil geguckt, welche der Genoss*innen aufgrund des Alters zu den Risikogruppen gehören und außerdem keine E-Mail-Adressen hinterlegt haben – die Parteimitglieder will der Landesverband nun auch telefonisch kontaktieren. Aus den Abteilungen gibt es auch Überlegungen, ältere Genoss*innen auf dem Postweg zu kontaktieren. „Vielleicht braucht ja jemand Unterstützung für Einkäufe oder auch nur mal ein offenes Ohr“, erklärt Rowena Paeche, vom Landesverband. Erste Erfahrungen seien auch an dieser Stelle positiv, außerdem konnten so teilweise auch Daten abgeglichen und aktualisiert werden.

1. Mai: DGB sagt Kundgebungen ab

Am Freitag wurden auch die Kundgebungen zum Tag der Arbeit vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) abgesagt. Schweren Herzens, wie DGB-Chef Rainer Hoffmann am Nachmittag mitteilte. Solidarität hieße in diesem Jahr Abstand halten.

Eine weitere Absage im Mai betrifft außerdem die SPD Berlin: Der eigentlich für den 16. Mai geplante Landesparteitag wird „auf unbestimmte Zeit“ verschoben. Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu bremsen und Zeit zu gewinnen, appelliert der SPD-Landesverband an alle Berlinerinnen und Berliner, die aktuellen Einschränkungen anzunehmen und die Schutzmaßnahmen diszipliniert zu befolgen.

Donnerstag, 19. März

Die Zentrale der SPD, das Willy-Brandt-Haus ist seit Wochenbeginn für den Publikumsverkehr geschlossen, Mitarbeiter*innen arbeiten fast ausschließlich von zu Hause aus. „Durch die Nutzung von Video- oder Telefonkonferenzen gibt es bei der Arbeit aber so gut wie keine Einschränkungen,“ versichert ein Sprecher am Mittwoch. Auch nach außen ist die Parteizentrale weiterhin erreichbar: Egal ob per E-Mail, Telefon oder Kontaktformular – die Mitarbeiter*innen können alle Anfragen auch aus dem Home Office heraus beantworten. Auch Briefe werden beantwortet. Neben unserer Berichterstattung zum Thema Corona gibt es auch noch weitere Infos zum Thema auf einer Sonderseite auf www.spd.de

Auch die Berliner SPD setzt auf digitale Kommuniikation in der Corona-Krise. Ihren Gliederungen (Kreisverbänden und Abteilungen) rät sie zu digitalen Sitzungen per Video-Konferenz. Dafür hat Abteilung Schöneberg-City Empfehlungen erarbeitet. Um auch ältere Genoss*innen ohne E-Mail zu erreichen, ruft der Landesverband dazu auf, diese anzurufen und Hilfe anzubieten. Das Angebot wird wird von den Abteilungen gut angenommen.

Mittwoch, 18. März

Social Distancing heißt derzeit die Devise – also auf Distanz zu Mitmenschen gehen, damit sich weniger Menschen mit dem Coronavirus anstecken. Deswegen werden auch Sitzungen von Kommunalparlamenten auf ein Minimum reduziert. Das trifft auch die parlamentarische Arbeit der Sozialdemokrat*innen in ganz Deutschland. Wir haben bei den Kommunen vor Ort nachgefragt, wie der politische Betrieb trotz Einschränkungen noch stattfinden kann.

Das Ergebnis: Die Fraktionen reduzieren ihr Personal auf ein Mindestmaß, Fachausschüsse und Ortsräte verzichten in vielen Orten ganz auf die Sitzungen. Es wird weniger diskutiert, die Tagesordnung und damit auch die Sitzungszeit reduziert.

In manchen Regionen stört der Corona-Virus auch die Neuaufstellung von SPD-Gremien, beispielsweise in Oberfranken, wie uns Sebastian Kropp schreibt: Dort wollten die Sozialdemokrat*innen eigentlich am 4. April die Arbeitsgruppe SPDqueer Oberfranken gründen. Die Gründungssitzung ist nun auf unbestimmte Zeit verschoben, möglicherweise starten die Genoss*innen einen neuen Anlauf im Herbst.

Dienstag, 17. März

Die Kommunalwahl am Sonntag ging in Bayern noch mit einer guten Wahlbeteiligung über die Bühne – bis zu den Stichwahlen in zwei Wochen wird aber wohl kaum noch Straßenwahlkampf stattfinden. Die Bayern SPD stellt auf „Notbetrieb“ um, wurde am Dienstag entschieden. Die Geschäftsstellen im ganzen Bundesland sind bis zum 19. April nicht mehr besetzt. Schatzmeister Thomas Goger sagt dazu: „Unsere Geschäftsstellen sind Orte der Begegnung und des Austauschs. Momentan gilt es aber, persönliche Begegnungen auf das unbedingt Notwendige zu beschränken.“ Die Gehälter der Mitarbeiter*innen würden aber selbstverständlich weitergezahlt. Soweit möglich, arbeiten die Angestellten der SPD in Bayern im Home Office.

SPD in München stellt Straßenwahlkampf ein

Das macht den sichtbaren Wahlkampf auf der Straße natürlich nahezu unmöglich. Roland Fischer, stellvertretender Vorsitzender der SPD München, erklärte auf Nachfrage des „vorwärts", wie bis zur Stichwahl in München um Stimmen geworben wird: „Angesichts der Corona-Pandemie gibt es keinerlei Straßenwahlkampf“, so Fischer. Die Gesundheit habe absoluten Vorrang. Während Infostände deswegen wegfallen, sollen aber weiterhin Plakate geklebt werden, um für ein Kreuz an der richtigen Stelle zu werben. Die Stichwahlen finden in Bayern ausschließlich per Briefwahl statt. In München wollen sich die Sozialdemokrat*innen deswegen auf den Wahlkampf im Internet und in sozialen Medien. Allerdings wohl ohne den Spitzenkandidat und Oberbürgermeister Dieter Reiter, der derzeit von Krisensitzung zu Krisensitzung eilt und die Stadt sicher durch die Krise lenkt. „Wir haben an der Spitze einen Oberbürgermeister, der das kann und der das mit aller Kraft tut“, versichert Fischer.

Im Saarland werden auch bereits Veranstaltungen für den Mai abgesagt – die Saar-SPD hat deswegen den für den 8. und 9. Mai geplanten Landesparteitag verschoben. Ein Nachholtermin steht nach Aussage des Pressesprechers Matthias Zimmermann noch nicht fest. Wie in Bayern stellt auch die Saar-SPD für die Geschäftsstellen auf eine Notbesetzung um und schickt Mitarbeiter*innen wenn möglich ins Home Office.

Auch in Baden-Württemberg hat der SPD-Landesvorstand sich dazu entschieden alle bis Ende April geplanten Veranstaltungen abzusagen und notwendige Sitzungen per Video- oder Telefonkonferenz durchzuführen. „Der Schutz der Menschen, also auch der unserer Parteimitglieder hat für uns oberste Priorität“, betonte der SPD-Landesvorsitzende Andreas Stoch. Das gelte auch für die schon angelaufene Dialogtour der designierten Spitzenkandidat*innen zur Landtagswahl, die im kommenden Jahr ansteht.

In Berlin gibt es Parteibücher nur noch per Post

Ähnlich sieht die Lage in Hessen aus. Dort empfiehlt das Landespräsidium der SPD allen Gliederungen dringend, alle bis zum 30. April geplanten Veranstaltungen abzusagen. Alle Vorstands- und Gremiensitzungen sollen als Telefon- oder Videokonferenzen abgehalten werden. „Wir als Partei haben eine besondere Verantwortung,alles Mögliche dafür zu tun, die Infektionen mit dem Covid-19 Virus zu verlangsamen“, heißt es in einem Schreiben, das von der Landesvorsitzenden Nancy Faeser, dem nordhessisschen Bezirksvorsitzenden Timon Gremmels und den beiden stellvertretenden südhessischen Bezirksvorsitzenden Heike Hofmann und Dagmar Schmidt unterzeichnet ist. Davon betroffen ist auch die Bezirkskonferenz der Jusos Hessen-Süd, die ursprünglich vom 25. bis 26. April stattfinden sollte.

In Hamburg konstituiert sich am Mittwoch die Bürgerschaft nach der Wahl Ende Februar. Es sollen jedoch nur etwas mehr als die Hälfte der gewählten Abgeordneten anwesend sein. Darauf haben sich die Fraktionen im Vorfeld verständigt. Von der SPD, die mit Abstand die größte Fraktion stellt, werden 30 Abgeordnete an der Sitzung teilnehmen, wie die Fraktionsgeschäftsführerin dem „vorwärts“ bestätigte.

Normalerweise erhalten SPD-Neumitglieder in Berlin ihr Parteibuch aus den Händen der oder des Abteilungsvorsitzenden (Ortsvereine heißen in Berlin Abteilungen). Corona ändern auch das. Die roten Büchlein werden während der Pandemie aus der Landesparteizentrale direkt per Post an die neuen Mitglieder geschickt.

Kommunalakadamie setzt auf Webinar statt Seminar

Die Kommunalakademie der Friedrich-Ebert-Stiftung will den politischen Bildungsbetrieb weiterhin aufrecht erhalten. Dafür stellt die Akademie das Seminarprogramm, wo es geht, auf Webinare um, also Seminare im Internet. Für welche Seminare das gilt, hat die Akademie auf dieser Seite zusammengefasst. Die Einschränkungen gelten vorerst bis zum 19. April. Anfragen an die Friedrich-Ebert-Stiftung könnten außerdem auch etwas verspätet beantwortet werden – die meisten  Mitarbeiter*innen befinden sich ebenfalls im Home Office.

Hilfsaktionen der Jusos

Die Jusos und die Arbeitsgemeinschaft 60 plus haben bundesweit zu generationenübergreifender Solidarität aufgerufen. Daraufhin haben sich in den vergangenen Tagen in vielen Teilen des Landes Gruppen gegründet, die beispielsweise für gefährdete Menschen einkaufen gehen. „Wir sind nicht die Risikogruppe. Deshalb sind wir in diesen Zeiten besonders gefragt“, sagt zum Beispiel Jessica Rosenthal, Landesvorsitzende der Jusos in NRW, im Gespräch mit dem „vorwärts“.

Montag, 16. März

Auch wenn die Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen erst am 13. September stattfinden – Einfluss hat die Corona-Pandemie auf sie schon jetzt. So müssen zahlreiche Wahlveranstaltungen verschoben werden, bei denen die Kandidat*innen für Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage aufgestellt werden sollten. Die für den 21. März in Düsseldorf geplante Vertreter*innenversammlung etwa fällt voerst aus. „Diese Wahl wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt“, sagt der Vorsitzende des Stadtverbands, Andreas Rimkus.

Samstag, 14. März

Eigentlich sollten am Montag die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen nach der Hamburger Bürgerschaftswahl beginnen, doch wegen Corona werden sie um zwei Wochen verschoben. "Wir müssen jetzt alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Verbreitung des Corona-Virus einzuschränken", teilt die Vorsitzende der Hamburger SPD Melanie Leonhard mit. Viele der Verhandlungsteilnehmer seien stark in die Bewältigung der Herausforderungen eingebunden. "Daher haben wir uns darauf verständigt, den Start der Koalitionsverhandlungen zu verschieben."

Freitag, 13. März

Die SPD Rheinland-Pfalz "empfiehlt dringlich, alle SPD-Parteiveranstaltungen in Rheinland-Pfalz bis zum Ende der Osterferien (20. April 2020) abzusagen". Die Empfehlung gilt auch für die geplanten Wahlkreiskonferenzen zur Aufsstellung von Kandidat*inne für die Landstagswahl im kommenden Jahr. "Wir als Partei haben eine besondere Verantwortung, alles Mögliche dafür zu tun, die Infektionen mit dem Covid-19 Virus zu verlangsamen. Dieser besonderen Verantwortung kommen wir mit der heutigen getroffenen Empfehlung nach", teilen Parteichef Roger Lewentz und Generalsekretär Daniel Stich mit.

Auch die bayerische SPD sagt alle Veranstaltung für die kommenden Wochen ab, darunter auch den Landesparteitag, der eigentlich am 25. und 26. April stattfinden sollte. Geplante Aktionen für die Kommunalwahlen am kommenden Sonntag werden weitgehend abgesagt.

Die SPD Berlin greift zu noch drastischeren Maßnahmen. Alle Veranstaltungen, Wahlveranstaltungen und Sitzungen werden abgesagt. Die Parteizentrale und alle Bürger*innenbüros in den Bezirken werden für den Publikumsverkehr geschlossen. Ob der Landesparteitag, der am 16. Mai stattfinden soll, verschoben oder abgesagt wird, ist allerdings noch nicht klar.

Am frühen Nachmittag wird beschlossen: Die vorwärts-Redaktion wird ab der kommenden Woche im Homeoffice arbeiten.

Donnerstag, 12. März

Eigentlich wollte die SPD Schleswig-Holstein auf ihrem außerordentlichen Landesparteitag am 21. März über "Arbeit im 21. Jahrhundert" beraten, doch nun wird er abgesagt. "Wir wollen damit einen Beitrag leisten, die Ausbreitung des Corona-Virus zu bremsen und einzudämmen", teilt der Landesvorstand mit. Er selbst und der Landesparteirat wollen nun über das Thema beraten. "An diesen Veranstaltungen nehmen aber deutlich weniger Personen teil und wir können den Risikohinweisen sowie den Hygienemaßnahmen des Robert-Koch-Instituts besser gerecht werden", heißt es zur Begründung.

Mittwoch, 11. März

Die Corona-Pandemie erreicht die SPD. Die Genoss*innen im Saarland sagen zwei für die kommenden Tage geplanten Parteiveranstaltungen ab – die Landeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), die am 14. März tagen wollte, sowie die der SPDqueer am 17. März.

Nachdem ein Mitarbeiter aus dem Bundesjustizministerium positiv auf das Corona-Virus getestet wurde, der an einer Sitzung der Arbeitsgruppe Recht der SPD-Bundestagsfraktion teilgenommen hatten, gehen einige SPD-Abgeordnete und Mitarbeiter*innen in häusliche Quarantäne, unter ihnen Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, die stellvertretetende Fraktionsvorsitzende Eva Högl und der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner.

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