Parteileben

„V-Leute auf den Prüfstand stellen“

von Kai Doering · 29. November 2011

Der Verfassungsschutz muss sich an die Regeln halten, fordert SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im Interview mit vorwärts.de. Was schief gelaufen ist, müsse rückhaltlos aufgeklärt werden. Eine Abschaffung des Geheimdienstes hält Nahles allerdings für unklug.

Rechtfertigt ein mögliches NPD-Verbotsverfahren den Abzug der V-Leute?
 
Andrea Nahles: Ja, auf jeden Fall. Ich denke nicht, dass wir V-Leute in Spitzenpositionen der NPD brauchen, um nachzuweisen, dass es sich bei ihr um eine Partei handelt, die auch zum gewaltbereiten rechten Milieu Kontakte hat. Ich möchte auch generell die Stellung der V-Leute auf den Prüfstand stellen. Es scheint mir in diesem Bereich eine Menge Fehlentwicklungen zu geben.
 
Die Jusos fordern, den Verfassungsschutz abzuschaffen. Unterstützt die SPD das?
 
Nein, ich denke, die Abschaffung des Verfassungsschutzes wäre unklug. In unserer Verfassung steht, dass wir eine wehrhafte Demokratie sein wollen. Es wird immer wieder einen Bedarf geben, die Demokratie zu schützen. Das geht nicht ohne die Arbeit, die der Verfassungsschutz leistet. Es muss aber klar sein, dass er nicht außerhalb der Demokratie stehen darf. Er muss sich genau an die Regeln halten. Das scheint aber optimal nicht zu funktionieren. Dieses Defizit müssen wir rückhaltlos aufklären und beseitigen. Dabei ist es sicher berechtigt, die Rolle und die Aufgabenbereiche des Verfassungsschutzes kritisch zu hinterfragen.
 
Wird die SPD gemeinsam mit der CDU einen Mindestlohn beschließen?
 
Das wird nicht möglich sein. Die CDU hat auf ihrem Parteitag lediglich versucht, symbolisch einen Punkt zu setzen. Aus meiner Sicht ist ihr Vorschlag nicht ernst gemeint. Das, was die CDU als Lohnuntergrenze bezeichnet, ist ein Schweizer Käse. Die CDU will sich weder auf eine untere Haltelinie festlegen lassen, noch möchte sie einen einheitlichen, verbindlichen Mindestlohn. Sie spricht sich sogar für regionale Unterschiede aus. Wir hätten dann nicht einen Mindestlohn, der allen Arbeitnehmern zusteht, sondern viele unterschiedliche Lohnuntergrenzen, die wenig Rechtssicherheit bieten. Es wäre ein Mindestlohn ohne Mindestschutz. Eine gemeinsame Initiative zum Mindestlohn kann ich mir deshalb überhaupt nicht vorstellen.
 
Warum macht sich die SPD für eine Fortsetzung der Kurzarbeit stark, obwohl es der Wirtschaft gut geht?
 
Wer genau hinschaut sieht, dass die Anzahl der Unternehmen, die Kurzarbeit beantragen, bereits wieder ansteigt. Der europäische Markt bröckelt. Deshalb macht es absolut Sinn, sich für eine mögliche konjunkturelle Eintrübung zu wappnen. Für mich ist es unverständlich, dass Frau von der Leyen zu dem Thema überhaupt nichts unternimmt. So läuft die Regelung zur Kurzarbeit aus, obwohl man sie einfach nur verlängern müsste. Das ist fahrlässig und unverantwortlich.
 
Wird die SPD das Betreuungsgeld über den Bundesrat stoppen?
 
Bei der Einführung des Betreuungsgelds handelt es sich um ein Bundesgesetz. Der Bundesrat hat da leider keinen Einfluss. Verhindern lässt sich das Betreuungsgeld nur von den Wählerinnen und Wählern bei der nächsten Bundestagswahl. Wir würden uns sicher nicht scheuen, die im Frühjahr 2013 eingeführte Fernhalteprämie als Regierungspartei im Herbst wieder abzuschaffen.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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