Parteileben

„Uns geht es um die Partei-Terrier“

von Kai Doering · 25. April 2013

Julian Jonas strickt „für den Wechsel“. Um der SPD zum Sieg bei der Bundestagswahl zu verhelfen und verdiente Genossen zu ehren, hat der Student eine Internet-Kampagne gestartet. Ein Interview über Handy-Socken, Strickkurse und die Kanzlermütze.

vorwärts.de: Wer hat Ihnen das Stricken beigebracht?

Julian Jonas: Das Stricken habe ich mir übers Internet selbst beigebracht. Bei Youtube stellen verschiedene Leute Video-Strickkurse online. Und da ich vor einem Jahr im Auslandssemester in Belgien Zeit und Muße hatte, habe ich es dort gelernt.

Was stricken Sie am liebsten?

Mützen. Ich kann aber auch andere Sachen. Gerade habe ich einen Pullunder gestrickt.

Stricken Sie nur mit roter Wolle?

Für die Kampagne natürlich schon. Normalerweise benutze ich aber auch andere Farben – je nachdem, für wen ich stricke. Als Sankt-Pauli-Fan ist bei mir immer recht viel braune Wolle dabei.

Beim „Stricken für den Wechsel“ scheinen Mützen besonders beliebt zu sein. Wie lange brauchen Sie für eine?

Puh, ich denke, so vier Stunden werden das sein. Ich stricke aber meistens nicht am Stück, sondern immer mal in Lernpausen oder wenn ich den Kopf frei bekommen möchte.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Stricken und Wahlkampf miteinander zu verbinden?

Ich bin totaler Wahlkampf-Fan und beschäftige mich viel mit den Möglichkeiten des Internets. Deshalb habe ich im Jahr der Bundestagswahl nach einer Kampagne gesucht, die etwas emotionaler ist als die herkömmlichen Wahlkampfaktionen und Menschen direkt anspricht. Es sollte eine Kampagne von uns für uns sein, eine Kampagne, mit der man ganz normalen Genossen einfach mal Danke sagen kann. Ich hatte das Wir vielleicht schon ein bisschen eher im Gefühl. Natürlich ist es etwas skurril, so etwas Altmodisches wie Stricken über die neuen Medien zu verteilen, aber vielleicht funktioniert die Kampagne gerade deshalb so gut.

Die Aktion läuft seit Anfang des Jahres. Wie viele Strickwillige sind mittlerweile dabei?

Neun Leute haben sich bisher bei mir gemeldet und von mir auch Etiketten mit der Aufschrift „Sozi“ bekommen, die sie aufnähen können. Sie stricken für Menschen, denen sie selbst oder andere für ihr Engagement für die SPD danken wollen. Mein Ziel ist, für so viele Leute zu stricken, dass ich auf meiner Facebook-Seite jede Woche bis zur Bundestagswahl mindestens ein Foto eines Geehrten veröffentlichen kann. Zurzeit arbeite ich übrigens an einer Kanzlermütze. Dazu will ich aber noch nicht mehr verraten.

Stricken ist ja eher eine Beschäftigung für lange Winterabende. Bedroht der Frühling die Aktion?

Ich denke nicht. Mützen, Socken und Schals halten ja länger als einen Winter. Außerdem stellen wir die Produktion zurzeit um. Gerade hat jemand vorgeschlagen, ein Hundehalsband zu stricken. Vor kurzem habe ich einen Becherhalter fertig gestrickt, den man sich um den Hals hängen kann. Stadiongänger wissen genau, was ich meine. Auch Schweißbänder werden in den kommenden Monaten sicher gefragt sein. Ich habe ja sogar mal einen SPD-Teddy gehäkelt. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.

Wer wurde bisher mit einer Mütze geehrt?

Ganz unterschiedliche Leute. Gerade habe ich eine Mütze an Nancy Haupt verschickt, die vor einigen Wochen spd-fem.net gegründet hat. Eine andere Mütze hat Yasmina Banaszczuk bekommen, die das Mitgliederbegehren gegen die Vorratsdatenspeicherung initiiert hat.  Es haben aber auch Genossen eine Mütze bekommen, weil sie seit zehn Jahren regelmäßig den Info-Stand im Ortsverein betreuen. Uns geht es in erster Linie um die klassischen Partei-Terrier, die nie im Rampenlicht stehen. Wir denken von der Basis her.

Julian Jonas hat auch für die Leser von vorwärts.de eine Mütze gestrickt. Wer sie haben möchte, schreibt eine E-Mail an parteileben@vorwaerts.de. Die Mütze wird unter allen Einsendern verlost.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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