Tarek Saad: Wie er seine erste Rede auf einem SPD-Bundesparteitag erlebt hat
Dirk Bleicker
Mit großem Herzklopfen tritt Tarek Saad ans Rednerpult. Vor fünf Jahren ist der 26-Jährige aus Syrien nach Deutschland geflohen, nachdem er bei seiner Arbeit als Journalist an der Front des Bürgerkrieges schwer verwundet worden war. Er fand eine neue Heimat in Schleswig-Holstein und in der SPD.
Wenig Vorbereitungszeit für die erste Rede
Der Entschluss, hier in Berlin heute auf die Bühne zu gehen und einen Redebeitrag zu halten, kommt spontan. Seit etwa einem Jahr ist er Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD. Die Situation von Geflüchteten und Migranten liegt ihm – logischerweise – am Herzen. Ein Thema, das aus seiner Sicht in den Redebeiträgen der neuen Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu kurz kam.
Knapp fünf Stunden hatte er Zeit, um seine Rede vorzubereiten. „Ich war ziemlich aufgeregt“, sagt Saad hinterher im Gespräch mit dem „vorwärts“. „Ich bin heute hier, weil ich aus meiner Heimat Syrien 2014 fliehen musste“, beginnt er seine Rede. Er sei in die SPD eingetreten, um sich für diejenigen Menschen einzusetzen, die Hilfe brauchen.
Die Meinung sagen, ohne verfolgt zu werden
„Ich war sehr glücklich. Denn ich stand auf der Bühne, vor mir saßen ganz viele Minister, und ich konnte meine Meinung klar sagen, ohne das Gefühl, verfolgt zu werden.“ Saad kritisiert die Flüchtlingspolitik der großen Koalition: „Ich weiß, dass wir nicht alles in der Regierung durchsetzen können, was wir wollen. Aber wenn wir unsere Werte aufgeben müssen, um in der GroKo was zu erreichen, dann will ich keine GroKo!“
Saad fordert: „Wenn wir in der GroKo bleiben wollen, müssen wir besser sein. Wir dürfen keine Kompromisse machen, wenn es um Freiheit, Frieden und Solidarität mit den Schwachen geht.“ Und er vertraut der neuen Führungsspitze: „Ich bin sehr verliebt in dieses Duo. Ich glaube, Saskia kann mich verstehen und weiß, was mir wirklich wichtig ist. Deswegen stehe ich wirklich voll hinter den beiden.“
Saad: „Midyatli macht richtig gute Arbeit“
Der 26-jährige Student ist zum ersten Mal als Delegierter auf einem SPD-Bundesparteitag dabei. Als er dafür beim Landesparteitag der SPD Schleswig-Holstein gewählt wurde, dachte er: „Jetzt ist es meine Verantwortung, den Menschen, die eine ähnliche Geschichte wie ich erlebt haben, eine Stimme zu geben.“
Er hofft darauf, auch beim nächsten Bundesparteitag dabei sein und für seine Anliegen werben zu können. Saads Landesverband ist in der SPD-Parteispitze ohnehin weiterhin prominent vertreten. Die Landesvorsitzende der SPD in Schleswig-Holstein Serpil Midyatli wurde am Freitagabend als eine von fünf Vize-Chefs im Bund gewählt. „Sie macht richtig gute Arbeit und ist ein Mensch, der wirklich mein Vertrauen hat“, lobt Saad.
Großes Vertrauen ins neue Führungsduo
Er wünscht sich vom Bundesparteitag ein deutliches Signal in Richtung der Union: „Ich bin der Meinung, dass es sehr wichtig ist, den Koalitionsvertrag nachzuverhandeln. Wenn die CDU das nicht möchte, ist es nicht unser Problem. Es steht so im Koalitionsvertrag.“ Saad vertraut jedenfalls auch in dieser Hinsicht dem neuen Duo Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans: „Ich will das mit den beiden machen und ich glaube an die beiden.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo