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#SPDerneuern: Juso-Chef Kevin Kühnert fordert wichtigen Posten

Bei der ersten großen Juso-Konferenz nach dem SPD-Mitgliedervotum zeigt sich Kevin Kühnert kämpferisch: Bei der anstehenden Parteireform müsse sein Jugendverband eine wichtige Rolle spielen. Was er in der SPD genau verändern will, weiß Kühnert auch schon
von Paul Starzmann · 12. April 2018
Kevin Kühnert
Kevin Kühnert

Der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert hat großes Lob übrig – für den eigenen Jugendverband, die SPD und auch den Parteivorstand. Er steht auf einer kleinen Bühne im Willy-Brandt-Haus, in der rechten Hand hält er ein Mikrofon, und blickt in die Stuhlreihen vor sich. Dort sitzen an diesem Mittwochabend etwa 200 junge Männer und Frauen und hören dem Juso-Chef aufmerksam zu. Der ruft: „Wir haben mit ‚SPDerneuern‘ eine riesige Aufgabe vor uns.“ Dass die Jungsozialisten dabei eine entscheidende Rolle spielen müssten, das ist für den 28 Jahre alten Berliner sonnenklar.

Gegen die „Misstrauensspirale“ in der SPD

„Die Jusos sind massiv gestärkt aus dem Prozess hervorgegangen“, bilanziert Kühnert die zurückliegende Debatte um den Wiedereintritt der SPD in die Groko. Die Parteijugend hatte nach der jüngsten Bundestagswahl erbittert gegen eine Neuauflage von Schwarz-Rot gekämpft und schließlich verloren – aber dadurch an Profil und Einfluss gewonnen, ist ihr Vorsitzender überzeugt: „Wir Jusos sind so stark wie ganz, ganz lange nicht.“ Jetzt gelte es, die SPD zu reformieren – in Kühnerts Augen die einzige Partei, mit der sich in Deutschland linke Politik umsetzen lasse.

Den Leitantrag der SPD-Spitze für den Bundesparteitag am 22. April nennt Kühnert eine „ganz ordentliche Grundlage“. Zu dem Vorschlag des Berliner Bürgermeisters Michael Müller, ein „solidarisches Grundeinkommen“ einzuführen, meint der Juso-Chef: „Da kann man mit arbeiten“. Zur Idee des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil, Sanktionen für junge Hartz-IV-Empfänger zu entschärfen, sagt Kühnert: „Da hat er uns auf seiner Seite.“ Die Botschaft: Die Jusos wollen im Erneuerungsprozess der SPD nicht gegen die Parteiführung arbeiten, zwischen Jungen und Älteren dürfe es keine „Misstrauensspirale“ geben, fordert Kühnert.

Neues Personal von der Spitze bis zur Basis

Doch der Juso-Vorsitzende lässt auch keinen Zweifel, dass die Parteireform kein Spaziergang sein werde. „Die Erneuerung wird uns nicht geschenkt“, sagt er. Verbindliche Regeln für den Reformprozess müssten her, nicht nur kulturell, auch in Sachen Personal müsse sich in der Partei langfristig etwas ändern: mehr junge Menschen, mehr Frauen müssten in Verantwortung kommen. Das gelte nicht nur für den Parteivorstand. „Das fängt auch vor Ort an, in den Ortsvereinen und Bezirken.“

Dabei dürften die Jusos auf keinen Fall bei der Besetzung eines bestimmten Postens übergangen werden, macht Kühnert deutlich. Er will, dass sein Verband den Vorsitz über diejenige Arbeitsgruppe bekommt, die im laufenden Erneuerungsprozess der SPD das neue sozialpolitische Programm der Partei erarbeiten soll. Die Jusos wollen also bei einem Teil der Parteireform die Federführung übernehmen: der Neuausrichtung der SPD-Sozialpolitik. Nur die Jungen könnten glaubwürdig eine Abkehr von der 15 Jahre alten Agenda-Politik unter Bundeskanzler Gerhard Schröder verkörpern, sagt er. Damals seien sozialdemokratische Werte missachtet worden. Deshalb müsse die Partei nun die Debatte über Hartz IV führen. „Wir wollen kein Geschichtskolloqium über Hartz IV abhalten“, betont der Juso-Chef. Es gehe den Jungsozialisten um konkrete Veränderungen im Leben der Menschen.

Was für Kühnert falsch läuft

Dazu präsentiert Kühnert eine Liste „von Dingen, die in diesem System falsch laufen“: Er fordert höhere Hartz-IV-Sätze und eine Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro. Hartz-IV-Empfänger sollten außerdem neben den staatlichen Bezügen mehr dazuverdienen dürfen und es müsse in Zukunft eine „Kindergrundsicherung“ geben.

Außerdem fordert Kühnert, „endlich das ungerechte Sanktionsregime zu beenden“, also in Zukunft keine Kürzungen von Hartz-IV-Bezügen mehr zu erlauben. „Eine Grundsicherung, von der man was wegnimmt, ist keine Grundsicherung“, ruft der Juso-Chef unter kräftigem Applaus. „Und in einer Gesellschaft, in der es keine Grundsicherung gibt, will ich nicht leben.“

„Reißt eure Münder auf!“

Das Ziel sozialdemokratischer Politik müsse die „Überwindung der sozialen Ungleichheit“ sein, betont Kühnert. Die Jusos müssten die Partei dabei vor sich hertreiben. „Die Erneuerung müssen wir in den kommenden Jahren leben“, lautet der Appell des Juso-Chefs an seine jungen Genossinnen und Genossen. „Macht den Erneuerungsprozess zu eurem Erneuerungsprozess! Reißt eure Münder auf!“

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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