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SPD-Zukunftskongress: So macht Politik Spaß

Die SPD lud ein und alle kamen: Im proppenvollen Willy-Brandt-Haus diskutierten Sozialdemokraten und solche, die es vielleicht noch werden, was sich in Deutschland ändern soll. Das Ergebnis: Echte Beteiligung und ein neues „Wir-Gefühl“.
von Yvonne Holl · 30. Oktober 2016
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„Ihr gebt ein wunderbares Bild ab. Bis obenhin sehe ich Euch. Großartig.“ SPD-Generalsekretärin Katarina Barley strahlte an diesem Sonntagvormittag im Willy-Brandt-Haus und konnte sich gar nicht satt sehen: Im Foyer, auf den Treppen, an den Wänden, auf den Emporen saßen und standen Menschen. Alle waren sie der Einladung des SPD-Parteivorstandes gefolgt, mitzumachen beim sozialdemokratischen Projekt „Wir schreiben Zukunft“.

„Wir schreiben Zukunft“: Drei Veranstaltungen in einer

Eigentlich handele es sich um drei Veranstaltungen in einer, erklärte SPD-Bundesgeschäftsführerin Juliane Seifert zur Begrüßung: Erstens werde fachlich diskutiert, über Bildung, Arbeit, Gesundheit, Wirtschaft und mehr. Zweitens öffne sich das Willy-Brandt-Haus. „Heute könnt ihr hinter die Kulissen gucken“, warb Seifert. Das Büro des Parteivorsitzenden stand ebenso offen wie die Pressestelle, die Internationale Abteilung und die Jusos.  „Drittens wollen wir zeigen, dass Politik offen ist, offen für Neues. Und, dass Politik auch Spaß machen kann.“

Dass ihm Politik (immer noch) Spaß macht, zeigte auch Sigmar Gabriel deutlich. „Es geht nicht nur um unsere Zukunft, sondern vor allem um die unserer Kinder und Enkelkinder“, erklärte der Parteichef – und holte flugs einen aus genau dieser Generation auf die Bühne: den 14-jährigen Tim, der vor kurzem den Jusos beigetreten ist. „Du bist früher dran, ich bin erst mit 15 in die Partie eingetreten“, so Gabriel. Er scherzte: „Mit 50 wurde ich Parteivorsitzender, das schaffst Du mit 48.“

Sigmar Gabriel: Den Kompass des Landes neu ausrichten

Doch bei aller Aufgeräumtheit mahnte der SPD-Vorsitzende auch: „Es ist noch nicht ausgemacht, was für ein Land wir Tim und seiner Generation übergeben: Eines wo die Zukunft noch offen und voller Chancen ist oder wo sie zugemauert ist.“ Und genau um diese Offenheit und die Chancengleichheit zu gewährleisten, müssten die Politiker und alle Menschen im Land Zeichen setzen und sich stark machen. „Wir müssen den Kompass unseres Landes neu ausrichten“, so Gabriel. Ihn mehr ausrichten auf diejenigen Menschen, die jeden Tag arbeiten, oft noch ehrenamtlich tätig sind.

„Ich will kein Deutschland, indem Mütter und Väter die ganze Woche arbeiten, abends auf der Bettkante ihren Kindern Geschichten vorlesen und dann noch am Wochenende einen zweiten Job machen müssen, weil sonst das Geld nicht reicht.“ Gabriel betonte: „Die arbeitende Mitte erarbeitet den Wohlstand Deutschlands, nicht die selbsternannten Eliten in den Banktürmen.“

Den Menschen Hoffnung geben

Gabriel erntete viel Applaus für seinen Appell, auch als er dafür warb, ein großes Bündnis gegen Rechts zu bilden und vor allem der Hoffnung auf ein besseres Deutschland wieder mehr Raum zu geben. „Wir Sozialdemokraten leben davon, dass wir den Menschen Hoffnung geben.“

Ein gelungenes Leben müsse jeder selbst führen. „Aber die Bedingungen schaffen, dass jedes Leben gelingen kann, ist Aufgabe der Sozialdemokratie, und das schon seit 154 Jahren.“

Auf Augenhöhe mit Andrea Nahles und Malu Dreyer

Wie genau das in einzelnen Bereichen wie Leben und Familie oder Integration gelingen kann, dazu konnte jeder Gast an diesem Sonntag etwas beitragen und mit den Berufspolitikern diskutieren. Bundesministerinnen wie Andrea Nahles und Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Fraktionschef Thomas Oppermann und viele, viele mehr saßen in kleinen Diskussionsgruppen im ganzen Willy-Brandt-Haus mit allen Interessierten zusammen und sprachen darüber, was getan werden muss, um Deutschland noch lebenswerter zu machen.

Wer nicht nach Berlin-Kreuzberg in die Parteizentrale kommen konnte, diskutierte im Netz mit. Eine Abstimmung zeigte, welches Thema den Sozialdemokraten und Gleichgesinnten besonders unter den Nägeln brennt: „gute Bildung“. Auf Platz zwei landete „gerechte Rente und soziale Sicherheit, gefolgt von „Vernunft und Respekt in der Gesellschaft“.

Barley entdeckt neues „Wir-Gefühl“

Was an diesem Sonntag gesprochen wurde, bleibt nicht ohne Folgen: Generalsekretärin Barley versprach, die Ergebnisse in den nächsten Tagen zu sammeln und in die Programmarbeitsgruppen der Partei einfließen zu lassen. Ein weiterer Kongress mit Experten ist geplant und aus all dem zusammen soll dann das Programm für die Bundestagswahl 2017 entstehen.

Für die Hausherrin war es ein gelungener Tag: „Viele haben mir heute gesagt, wie toll es für sie war, einmal lauthals mit fragen und reden zu können. Heute gab es kein die da oben und wir da unten. Sondern: Wir werden es gemeinsam besser machen.“

Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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