SPD-Wahlkampf in Magdeburg: „Tierisch gut voran“
Ulf Buschmann
Martin Kröber erklärt, was er vorhat und wofür der inhaltlich steht. Gut 20 Besucher*innen interessieren sich an diesem Sonntagvormittag trotz des nicht enden wollenden Regens für das, was der SPD-Kandidat für den Bundestagswahlkreis 69 – Magdeburg zu sagen hat. Darunter sind nur einige Genoss*innen, die meisten Zuhörer*innen gehören dem Kleingärtnerverein „Wochenendglück“ in Barby an. „Gibt es Fragen?“ Aus der Runde kommt keine Reaktion – erst im anschließenden persönlichen Gespräch öffnen die Leute ihre Herzen.
Förderung durch SPD-Parteivorstand
Aber das stört an diesem Sonntag kaum einen, im Gegenteil. Die Hauptsache sei, dass die Menschen überhaupt ins Gespräch kommen, finden auch Ilona Döring, Werner Zenker und Ralph Blümel. Döring ist Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Elbe-Saale, Zenker ihr Stellvertreter. Und Blümel betätigt sich als ehrenamtlicher Wahlkampfmanager für Spitzenkandidat Kröber. Der Bundestagswahlkampf steht unter dem Motto „tierisch gut voran“.
Das Tierische soll als Eisbrecher dienen, um mit den Wähler*innen ins Gespräch zu kommen. Dafür haben die Magdeburger „ein vielfältiges Paket direkter Kontaktmöglichkeiten und innovativer Formate geschaffen, mit dem wir Menschen anders erreichen, individuell zum Staunen bringen und dort treffen, wo sie sind“. So steht es in ihrer Bewerbung für den Wahlkampf-Innovationsfonds. Dies hat den SPD-Parteivorstand überzeugt und die Genoss*innen von der Elbe mit einer Förderung bedacht.
Kleine Teams auf Wochenmärkten
„Wir gehen eher auf persönliche Begegnung“, bringt Blümel das Konzept auf den Punkt. Dafür setzt die SPD im Wahlkreis weniger auf Plakate. Die Aktiven sind mit jeweils kleinen Teams von drei Leuten inklusive Kröber auf den Wochenmärkten der Region vertreten. Im Gepäck: ein Tisch und ein Plakataufsteller. „Mit solch einem kleinen Team kommt man eher ins Gespräch“, hat Wahlkampfmanager Blümel festgestellt. Döring und Zenker nicken zustimmend. Zenker ergänzt: „Dieses kleine Format ist effektiver.“
Ganz bewusst ins Visier für den Wahlkampf haben die Magdeburger auch die Kleingärten und die Vereine genommen. Von letzteren gab es auf die SPD-Ansprache nur drei Rückmeldungen. Besser läuft es bei den Kleingärtner*innen. Dort gehen die Genoss*innen „von Gartentür zu Gartentür“ und unterhalten sich mit den Menschen – mit überaus positiver Resonanz. „Das ist unsere Art von Haustürwahlkampf“, sagt Blümel.
Was die Menschen bewegt
Inzwischen hat auch Kandidat Kröber seine Gesprächstour durch die Sitzreihen hinter sich gebracht und beteiligt sich am Gespräch. Es geht gerade um die Zielgruppe Erstwähler*innen und junge Familien. Hierzu suchen die kleinen SPD-Teams die Spielplätze auf. Die jungen Familien als Wähler*innen zu gewinnen hält Kröber für sehr wichtig: „Wenn du mit denen ins Gespräch kommst, da geht schon was.“
Ob Wochenmärkte, Kleingartenvereine oder Gespräche an den Spielplätzen, die Themen sind vielfältig. Es geht um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum, um die Rente sowie anfangs um die fehlenden Impftermine gegen das Corona-Virus. Aber auch Themen, die in die Hoheit des Bundeslandes gehören, stehen regelmäßig auf der Tagesordnung – Kita und Schule etwa. Dabei gehe es indes weniger um Inhalte, sondern um die langen Wege zu den Betreuungseinrichtungen und die Schulen. Dies sei gerade auf dem Land ein Problem.
Aber auch das Thema Handwerker*innen sei eines, berichten Döring und Zenker. Entsprechende Fachleute zu finden habe die Menschen auch schon vor fünf, sechs Jahren bewegt. Dies habe sich in jüngster Zeit verstärkt. Und was die Menschen hier wie dort nicht verstehen: Warum müssen Handwerker ständig quer durchs Land fahren, um zu arbeiten? „Unsere Leute müssen nach Berlin, dafür kommen Berliner Firmen zu uns“, wirft ein Besucher ein.
Kröber: Es muss mehr menscheln
Doch Programmatik allein mache noch keinen Wahlkampf, weiß der Magdeburger SPD-Kandidat. Ihm menschelt es bei der SPD zu wenig. „Was uns fehlt, ist Authentizität“, sagt Kröber. Beispielsweise seien die Magdeburger*innen mit einem Wagen bei der hiesigen Demo anlässlich des Christopher Street Days dabei gewesen – bis 6 Uhr morgens. Bei der Aftershow-Party gab’s dann Selfies mit dem Kandidaten.
Dies, so die Einschätzung aller, sei einer der sich einstellenden Effekte des Vor-Ort-Wahlkampfs. Dazu gehört nämlich nicht nur das intensive Gespräch mit den Menschen. Die Sozialdemokrat*innen nutzten auch die Möglichkeit, in Magdeburg und der Region so früh wie möglich zu plakatieren: Drei Monate vor der Wahl gab das SPD-Team an markanten Orten Gas und Martin Kröbers Bild hing vier Wochen alleine im Stadtbild. Die Reaktion der Menschen viel entsprechend aus: „Den kenne ich!“
OV-Wunsch: Mehr Offenheit
Bleibt die Frage nach den Erfahrungen des Ortsvereins. Da sind Döring und Zenker trotz des Erfolgs des Magdeburger Formats etwas zwiegespalten. „Wenn man zu den Vereinen hingeht, ist zwar das Interesse geweckt, aber es ist weniger Beteiligung da als erhofft“, sagt die Ortsvereinsvorsitzende. Sie wünscht sich von den Menschen mehr Offenheit: Wenn der SPD-Kandidat eine Frage stelle, traue sich keiner aus der Deckung. „Es gibt eine Hemmschwelle“, sagt Döring. Ihr Stellvertreter merkt an: „Es fehlt das allgemeine Interesse.“