SPD-Sprayaktion in Berlin: Was machen die denn da?!
Steffen Geyer
Er kommt wie aus dem Nichts. Plötzlich steht Timo Engel neben einem und mustert den Boden, auf dem Bettina Schulze gerade das SPD-Logo gesprayt hat. Dabei handelt es sich um rote Kreidefarbe, die nach einigen Tagen von allein wieder verschwindet. Eine Schablone sorgt dafür, dass der Schriftzug die richtige Form erhält.
Von außen nicht zu erkennen
„Das sieht geil aus“, sagt Engel sichtlich zufrieden, worauf sich ein Gespräch mit Schulze entwickelt. Wie sich herausstellt, ist er nach eigener Aussage SPD-Stammwähler. Deswegen hat er aber nicht den Kontakt zu den Wahlkämpfern gesucht, die von außen nicht als solche zu erkennen sind. „Ich habe mich gefragt: Was machen die denn da!?“, schildert der 42-Jährige. Die Neugierde trieb ihn schließlich her.
Bettina Schulze und vier weitere Aktivisten von der 16. Abteilung im Kreis Berlin-Mitte haben sich den belebten Leopoldplatz für ihre Aktion ausgesucht. Es ist ein heißer Sommernachmittag. Viele Menschen sitzen auf den Bänken. Genau der richtige Ort, um mit einer Aktion Aufmerksamkeit zu bekommen. Zwei Meter von den Menschen entfernt sprühen sie ihre Schriftzüge auf den Fußboden. Dafür haben sie vier verschiedene Schablonen dabei.
Sachbeschädigung?
Die Wirkung bleibt nicht aus: Die Menschen starren hin. Kinder kommen herangesprungen. Fußgänger verlangsamen im Vorbeigehen ihren Schritt, um die Schrift lesen zu können. Allerdings verspannen sich einige Gesichtszüge auch zu Grimassen. Der Vorwurf der Sachbeschädigung liegt in der Luft. „Es ist nur Kreide“, sagt Schulze präventiv in ihre Richtung. An diesem Nachmittag winken jedoch alle ab. Graffitis sind die Menschen in diesem Stadtviertel gewohnt.
Der Berliner Ortsteil Wedding zeichnet sich laut Schulze auch durch eine niedrige Wahlbeteiligung aus. „Wir versuchen die SPD-Wähler zu mobilisieren, und die Menschen an die Bundestagswahl zu erinnern.“ Die Schriftzüge auf dem Boden seien dafür eine gute Möglichkeit. So überlegt Schulze beispielsweise, demnächst das Datum der Wahl auf den Boden zu sprühen. Ebenso wichtig sei es, vor der Wahl von Tür zu Tür zu ziehen und so für die SPD zu werben.
Kostspielig, aber gut
Die Idee, politische Slogans auf dem Boden zu hinterlassen, ist an sich nicht neu. Erkan Ertan, der an diesem Nachmittag auch mit dabei ist, erinnert sich an den Bundestagswahlkampf 2009. Damals hätten die Jusos damit experimentiert. Im Juni dieses Jahres griffen die Wahlkämpfer in Berlin-Mitte die Idee wieder auf und machten laut Ertran bei einem Test prompt gute Erfahrungen. "In kürzester Zeit haben wir eine große Fläche abdecken können."
Im Auge der Polizei
Der Sprühtrupp geht inzwischen eine belebte Straße entlang. Immer wieder hinterlassen sie ihre Markierungen. Passanten schauen irritiert hin und versuchen die Farbkleckse zu deuten. Ein Streifenwagen fährt langsam vorbei, ein Polizist mustert durch das geöffnete Seitenfenster das Geschehen. Nichts passiert.
Schließlich kommen die Wahlkämpfer vor einer Freifläche zum Stehen, auf der zwei Mal in der Woche ein Markt stattfindet. Viele türkischstämmige Menschen sind hier normalerweise tätig. „Jetzt wäre ein Schriftzug auf Türkisch gut“, sagt Bettina Schulze. „Das machen wir das nächste Mal“, antwortet Ertan lächelnd.
Ausgesprüht
Natürlich legen sie auch vor dem Markt ihre Schablonen auf den Boden. Mit einem Zischen rauscht die Kreide auf den Karton und an den freien Stellen direkt auf den Asphalt. Nach 90 Minuten sind alle Dosen fast leer. Am Ende ist die fünfköpfige Truppe trotzdem zufrieden. „Die Aktion hat Spaß gemacht“, sagt Schulze. Erkan Ertan hält fest: „Wir sind aufgefallen. Das ist das Entscheidende.“